Makerspaces in Bibliotheken
Lernen durch Entdecken

Bibliotheken bieten längst mehr als nur Bücher: Der Leiter der Stadtteilbibliothek in Köln Kalk, Oliver Achilles, zeigt Kindern den 3D-Drucker.
Bibliotheken bieten längst mehr als nur Bücher: Der Leiter der Stadtteilbibliothek in Köln Kalk, Oliver Achilles, zeigt Kindern den 3D-Drucker. | Foto (Zuschnitt): © Jörn Neumann / Stadtbibliothek Köln

Seit 2013 richten Bibliotheken in Deutschland zusätzliche Kreativräume für ihre Besucher ein, sogenannte Makerspaces. Hat sich das Konzept bewährt?

Die Kölner Stadtbibliothek ist eine Pionierin. Nach dem Vorbild der amerikanischen Makerszene wurde hier im Jahr 2013 der erste Makerspace an einer deutschen Bibliothek eingerichtet. Einige folgten bald diesem Beispiel, etwa die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), die mit der Technischen Universität verbunden ist. Die Bibliotheken möchten damit Interesse für MINT-Themen wecken – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – und Besucher motivieren, gemeinsam zu experimentieren.
Der mobile Makerspace der Stadtbibliothek Köln. Der mobile Makerspace der Stadtbibliothek Köln. | Foto: © Marco Dreyer / Stadtbibliothek Köln „Wir bieten Geräte und Technologien zum Kennenlernen und Ausprobieren an, die man in der Regel nicht zu Hause hat“, erklärt Hannelore Vogt, die Direktorin der Kölner Stadtbibliothek, das Konzept. Der inhaltliche Schwerpunkt liege auf Robotik, Virtual Reality, Coding, 3-D-Druck und auf musikalischen Anwendungen wie Musiksoftware und -apps. Außerdem stehen Nähmaschinen, Schneideplotter und Fotoscanner zur Verfügung. Der Kölner Makerspace ist während der Öffnungszeiten jederzeit zugänglich, die Plattform Lynda bietet begleitend E-Learning-Kurse an. „Ziel ist die Stärkung der Bibliothek als Ort der Wissensvermittlung und des lebendigen Austausches, die Schaffung einer Community, für die wir Technik anfassbar und erlebbar machen“, so Vogt. „‚Explore, create, share‘ ist unser Motto.“

Das kreative Chaos lenken

Im deutschsprachigen Raum gibt es rund 250 Makerspaces, die meisten davon sind in Schulen und Universitäten angesiedelt, einige auch in Unternehmen. Die öffentlichen Bibliotheken haben sich nur zum Teil dafür entschieden, eigene Makerspaces einzurichten. Viele hätten das Konzept zwar ausprobiert, dann aber wieder Abstand davon genommen, berichtet der Bibliothekswissenschaftler Karsten Schuldt: Die Idee, eine sich selbst organisierende Community aufzubauen, sei nur wenigen geglückt – denn dafür reiche es nicht aus, die räumlichen und technischen Voraussetzungen zu schaffen. „In der Realität bilden sich Communities selbstverständlich nur, wenn jemand die Arbeit dafür leistet. Makerspaces in Bibliotheken etablieren sich dann, wenn es Personal dafür gibt, das sich hauptsächlich mit diesen beschäftigt.“
Vor allem Studenten nutzen den Makerspace der SLUB Dresden, etwa um 3-D-Modelle für ihre Semesterarbeiten anzufertigen. Vor allem Studenten nutzen den Makerspace der SLUB Dresden, etwa um 3-D-Modelle für ihre Semesterarbeiten anzufertigen. | Foto: © Fanny Hauser / SLUB Dresden In Köln und Dresden ist diese Voraussetzung gegeben. In Köln werden die Aktivitäten von einem Kompetenzteam kuratiert und begleitet. Neben festen Programmen geben Bürgerinnen und Bürger Wissen an andere – häufig ehrenamtlich – weiter. Und auch in Dresden setzt Jonas Tiepmar vom SLUB-Makerspace auf Supervision durch fachkundiges Personal. „Nicht zuletzt die Erfahrung der von Vereinen organisierten Makerspaces hat gezeigt, dass die Makerszene davon profitieren kann, wenn man das ‚kreative Chaos‘ in geordnete Bahnen lenkt“, berichtet er. Der Mehrwert des Dresdner Makerspace liege vor allem in der Vernetzung mit Lehre und Forschung der benachbarten Technischen Universität.

„Es besteht großer Bedarf“

Die Angebote werden den beiden Bibliotheksvertretern zufolge gut angenommen. Vor allem Studenten nutzten den Dresdner Makerspace, so Tiepmar, für manche stehe er sogar auf dem Lehrplan. Dank einer Kooperation mit dem Lehrstuhl für Architektur können die Studierenden hier 3-D-Modelle für ihre Semesterarbeiten anfertigen; Mediziner fertigten beispielsweise Übungswirbel für das Setzen von Rückenmarksspritzen.
 
In Köln ist das Publikum sehr divers: In die Kurse für Erwachsene kämen nicht selten Eltern mit Kindern oder Großeltern mit Enkeln gemeinsam, so Vogt. „Wir führen nach den Kursen Feedback-Umfragen durch und lassen die Angebote bewerten. So passen wir die Programme an. Wir beobachten einen großen Zuspruch der Kölnerinnen und Kölner und zumeist ausgebuchte Workshops. Die Makerkids-Kurse sind zu hundert Prozent ausgebucht – es besteht hoher Bedarf.“

In Köln und Dresden möchte man daher auf jeden Fall an den Makerspaces festhalten: „Aus einem Sachgebiet wurde der Makerspace mittlerweile zu einem strategischen Referat der SLUB. Wir werden ihn weiterhin ausbauen und vergrößern“, erklärt Tiepmar. Und Vogt in Köln resümiert: „Unser Makerspace ist nicht nur ein Raum. Die ganze Bibliothek hat den Paradigmenwechsel mitgemacht, getreu einer Philosophie des Lernens durch Entdecken und Tun.“

Makerspaces

Makerspaces sind die Tüftlerwerkstätten unserer Zeit. Öffentliche Räume, in denen Do-it-yourself-Projekte gedeihen, die ein wenig aufwendiger sind als der getöpferte Aschenbecher – etwa weil sie digitaler Natur sind oder den Einsatz von neuen Technologien bedürfen, wie 3-D-Drucker oder Lasercutter. All das findet der moderne Daniel Düsentrieb in aller Regel in einem Makerspace zur kostenlosen Nutzung vor.