Filmabend Film frei!

Der Deutsche Freund © Malena Film

Fr, 01.09.2017

20:45 Uhr

Goethe-Institut Montevideo

Der Deutsche Freund

Erscheinungsjahr:  2012
Dauer: 104 Min.
Land: Argentinien
Regie: Jeanine Meerapfel                 
Darsteller: Celeste Cid, Max Riemelt, Benjamin Sadler, Julieta Vetrano, Juan Francisco Rey, Noemi Frenkel

Sulamit, Tochter einer vor den Nazis aus Deutschland geflohenen jüdischen Familie, wächst in Buenos Aires auf und verliebt sich in Friedrich – den Sohn eines untergetauchten NS-Funktionärs. Friedrich geht zum Studium nach Frankfurt, Sulamit folgt ihm. Doch ihre Liebe scheint an der Politik zu scheitern.

Der Deutsche Freund © Malena Film Sulamit Löwenstein, Tochter einer vor den Nazis aus Deutschland geflohenen jüdischen Familie, wächst in Buenos Aires auf und verliebt sich früh in Friedrich Burg – ohne zu ahnen, dass er der Sohn eines untergetauchten NS-Funktionärs ist. Auch der Junge hat davon keine Ahnung. Als er das Geheimnis seines Vaters entdeckt, kommt es zum Bruch zwischen Vater und Sohn. Friedrich geht zum Studium nach Frankfurt, Sulamit folgt ihm. Die Liebe scheint an der Politik zu scheitern. Friedrich schließt sich einer militanten Studentengruppe an und kehrt nach dem Militärputsch in Argentinien als Widerstandskämpfer in seine Heimat zurück; nach einem Anschlag wird er verhaftet und verschwindet scheinbar spurlos. Sulamit, die inzwischen mit Michael in Köln lebt, macht ihn ausfindig, besucht ihn im Gefängnis, kehrt nach Deutschland und zu Michael zurück und findet am Ende doch ihr Glück in der Einsamkeit Patagoniens – an der Seite von Friedrich.

Jeanine Meerapfel bleibt mit DER DEUTSCHE FREUND konsequent ihrem Thema treu: Es geht um die schwierige Suche von jüngeren Menschen nach ihrer Identität, verbunden mit der Bewältigung einer Vergangenheit, für die sie nicht persönlich verantwortlich sind und sich dennoch schuldig fühlen. Dabei stellen sich auch historische Hindernisse in den Weg. Es beginnt damit, dass weder Sulamits noch Friedrichs Eltern mit ihren Kindern über ihre Vergangenheit reden – für Familie Löwenstein ist sie so schmerzhaft, dass sie ihre Tochter davor bewahren wollen, für Familie Burg bleibt sie mit so viel Schuld verbunden, dass sie die Wahrheit sogar vor ihrem Sohn verbergen wollen. Das junge Paar gehört bald einer vaterlosen Generation an: Sulamit, weil ihr Vater früh stirbt, und Friedrich, weil er mit seinem Vater bricht. Die Folgen sind absehbar. Der Sohn wird aggressiv und militant, die Tochter sucht die bessere Seite Deutschlands in der Kultur. Ins argentinische Gefängnis bringt sie ihm (unter dem falschen Namen Margarete Burg) Bücher mit, eines davon ist Paul Celans Gedichtband „Mohn und Gedächtnis“. Das Buch enthält auch die berühmte „Todesfuge“ - sie endet mit den Zeilen: „Dein goldenes Haar, Margarete / dein aschenes Haar, Sulamith“). Das heimliche Spiel mit den Namen ist ein wunderbares Beispiel für die Verflechtung von Motiven und für die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart. Ähnlich subtile Anspielungen durchziehen den gesamten Film. Einmal richtet die Kamera den Blick auf die Titelseite einer argentinischen Tageszeitung und die Schlagzeile mit einem Zitat des Putsch-Generals und Diktators Videla: „Reina tranquilidad en el pais“: Es herrscht Ruhe im Land. So lautet auch der Titel eines berühmten Films von Peter Lilienthal über eine lateinamerikanische Diktatur.

„Ich glaube, das Wichtige in der Beziehung der beiden Protagonisten besteht darin, dass sie lernen müssen, das Erbe, das sie mitbekommen haben, mitzunehmen, also im philosophischen beziehungsweise Hegelschen Sinn aufzuheben und weiterzuleben. Wenn ihnen das gelingt, dann kann man von einer Identität sprechen, auch von der Identität eines Paares, egal wie kompliziert das ist. Bis heute sehe ich dieses Thema in Deutschland, in Argentinien und anderswo. Man kann nichts vergessen und man kann nichts beiseite lassen; man kann nur damit weiterarbeiten und weiterleben. Darum diese Geschichte.“ (Jeanine Meerapfel). DER DEUTSCHE FREUND ist letztlich ein sehr optimistischer Film, weil am Ende die Selbstfindung des jungen Paars gelungen sein könnte.


 

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