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Bosnien und Herzegowina

Die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

Die Herzog August Bibliothek ist heute eines der weltweit führenden Zentren für kulturgeschichtliche Forschung, ein Ort des wissenschaftlichen Dialogs und der interdisziplinären Zusammenarbeit. Die Grundlage zahlreicher Forschungs- und Erschließungsprojekte bildet die Bibliothek, in der einzigartige Bestände bewahrt, erschlossen, erweitert und präsentiert werden.

Den Grundstein der Wolfenbütteler Bibliothek legte – auch wenn der Name anderes vermuten lässt – Herzog Julius, der das Herzogtum zu Braunschweig und Lüneburg von 1568 bis zu seinem Tod 1589 regierte. Julius führte eine Büchersammlung, die weit mehr war als die Privatbibliothek eines Fürsten, denn sie war auch Spiegel der geistig-politischen Strömungen seiner Zeit. Auf Julius folgte sein Sohn Herzog Heinrich Julius, der die Bibliotheca Julia weiter vergrößerte. Erst die »Bibliotheca Augusta« von Herzog August dem Jüngeren (1579–1666) jedoch begründete den weltweiten Ruhm der Wolfenbütteler Bibliothek. Seine Sammlung bildet bis heute nahezu unversehrt den kostbaren Kernbestand.

Namhafte Bibliothekare: Leibniz und Lessing

Die Amtszeit des Universalgelehrten und Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz (1691– 1716) war ein Höhepunkt der Bibliotheksgeschichte. Erstmals wurde ein Gelehrter von europäischem Rang mit der Leitung der Bibliothek betraut. In Leibniz’ Amtszeit wurde auch ein neues Bibliotheksgebäude, die Rotunde, errichtet. Im Hauptgebäude stand ein Zylinder aus zwölf quadratischen Pfeilern, der in den beiden unteren Etagen von Bücherregalen umstellt war. Bekrönt wurde der Bau von einem Himmelsglobus, der den quasi meta-politischen Anspruch der Bibliothek symbolisierte: als Symbol für den allumfassenden Charakter der Wissenschaften. 1887 wurde die Rotunde wegen Baufälligkeit abgerissen. Viele Gäste und Gelehrte besuchten die Bibliothek, unter ihnen Voltaire und Casanova, Mirabeau und Moses Mendelssohn. In den Benutzerbüchern finden sich die Autographen von so schillernden Personen wie Georg Forster, den Brüdern von Humboldt, Achim von Armin oder Hoffmann von Fallersleben. Ein weiterer berühmter Bibliothekar war der Dichter und Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing. Von heute aus betrachtet war er der prominenteste Verwalter der Sammlung. Gern wird hier daran erinnert, dass Lessing sein berühmtestes Werk Nathan der Weise in Wolfenbüttel verfasste, und dass sein ebenfalls in Wolfenbüttel gedichtetes bürgerliches Trauerspiel Emilia Galotti am benachbarten Staatstheater in Braunschweig uraufgeführt wurde. Lessing wirkte von 1770 bis zu seinem Tod 1781 in Wolfenbüttel. Er stieg tief hinein in die Schätze der Regale, förderte die erstaunlichsten Funde zutage, machte der gelehrten Welt viele Kostbarkeiten der Herzoglichen Bibliothek bekannt.
Residenzverlust und Neuaufbruch
Schon zu Lebzeiten Lessings deutete sich an, dass die Bibliothek schwierige Zeiten zu überstehen hatte. Der Hof zog 1753 fort nach Braunschweig und die einst blühende Residenzstadt Wolfenbüttel geriet dadurch immer weiter in den Hintergrund. Der Ruhm der Bibliothek verblasste im Schatten der jungen, aufstrebenden Universität Göttingen. Von 1883 bis 1887 entstand das Gebäude der Bibliotheca Augusta im Stil der italienischen Renaissance. Während im 19. Jahrhundert dank eines bescheidenen, aber regelmäßigen Etats noch bedeutende Erwerbungen durch Geschenk oder Kauf in die Bibliothek kamen, fiel sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in einen Dornröschenschlaf ohne Aussicht auf Besserung. Es war die schwierigste Zeit der ehrwürdigen Sammlung, in der die Geschäfte beinahe zum Erliegen kamen. Die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts überstand die Bibliothek jedoch unbeschadet. Nach der Gründung des Landes Niedersachsen wurde die Herzog August Bibliothek 1950 Landesbibliothek.

Die »schöne« Bibliothek

War die HAB bis dahin als Wissens-Speicher der Jahrhunderte sich selbst genug, so stellte sich in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts zunehmend auch die Frage nach der Attraktivität für die Öffentlichkeit. Unter den Direktoren Erhart Kästner (von 1950 bis 1968) und Paul Raabe (von 1968 bis 1992) entwickelte sie sich seit den 1960er Jahren zu einer modernen, auch nach außen hin strahlenden Bibliothek. Als bibliotheca illustris, wie Kästner formulierte, als »schöne« Bibliothek, ist sie seither nicht nur ein Zentrum der Forschung, sondern auch eine Stätte der Buchkultur, des künstlerisch anspruchsvoll gestalteten, gern und oft ausgestellten Malerbuches, ein Ort, der sich zu einem kulturellen Zentrum für die Region entwickelt hat, an dem Konzerte, Vorträge und Lesungen stattfinden. Der Sinologe Helwig Schmidt-Glintzer leitete die Bibliothek von 1993 bis 2015. Er entwickelte die Bibliothek konsequent weiter zu einem gut organisierten, interdisziplinären Forschungszentrum für das Mittelalter und die Frühe Neuzeit. Seit 2016 leitet der Historiker Peter Burschel die Bibliothek und setzt diesen Schwerpunkt fort.

Die digitale Forschungsbibliothek

Die Bibliothek führt in nationalen und internationalen Kooperationen Forschungs- und Erschließungsprojekte durch und sorgt im eigenen Verlag für die Publikation der Arbeitsergebnisse, wobei in allen diesen Bereichen die digitalen Medien an Bedeutung gewinnen. Zahlreiche digitalisierte alte Drucke, Handschriften und zunehmend auch moderne digitale Editionen sowie elektronische Publikationen sind in der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek frei im Internet verfügbar. Jedes Jahr werden in der Fotowerkstatt der Bibliothek hundertausende von Seiten digitalisiert, die diese neue Bibliothek im Netz bereichern.

Seit 1989 ist die Herzog August Bibliothek unmittelbar dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur unterstellt. National und international genießt sie heute eine hohe Reputation als unvergleichliche Sammlung, aber auch als innovative Bibliothek und Forschungsstätte.
 

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