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10:00–18:00 Uhr
Unter den Sternen – Zum fünfzigsten Todestag von Hannah Arendt
Kunstausstellung | Hannah Arendts Denken in der Stimme der zeitgenössischen chinesischen Kunstszene
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Goethe-Institut China, Peking
- Preis Eintritt frei
Die kleine Gedenkausstellung löst sich bewusst von einem rein dokumentarischen Zugang, indem Hannah Arendts Denken in lebendigen Dialog mit Stimmen aus der zeitgenössischen chinesischen Kunstszene gestellt wird, um Geschichte und Gegenwart in einen dynamischen Bezug zu setzen. Die ausgestellten Werke beziehen sich unmittelbar auf zentrale Gedanken Arendts wie der „Öffentliche Raum“ oder die „Banalität des Bösen“ und verdeutlichen damit ihre inspirierende Kraft für unsere heutige Welt.
Der Titel „Unter den Sternen“ bezieht sich auf eine Stelle aus der chinesischen Übersetzung von Arendts Werk „Vita activa oder Vom tätigen Leben“: „Der öffentliche Raum verleiht dem menschlichen Handeln Unvergänglichkeit wie der Sternenhimmel.“ Mit dieser im chinesischen Sprachraum bekannt gewordenen Metapher soll an einen der hellsten Sterne am Nachthimmel des 20. Jahrhunderts erinnert werden.
Unter den Sternen – Zum fünfzigsten Todestag von Hannah Arendt
Ausstellungseröffnung & Führung durch die Kuratorin (Yao Siqing): 11.10.2025, 15:00 Uhr, Sprache: Chinesisch
Künstlergespräch (mit Li Nu, Xu He und Yao Qingmei): 11.10.2025, 16:00 Uhr, Sprache: Chinesisch
Dauer der Ausstellung: 11.10.2025 – 11.01.2026, Dienstag – Sonntag, 10:00 – 18:00 Uhr
Kuratorin: Yao Siqing
Teilnehmende Künstler*innen: Li Nu, Long Di, Shi Yong, Wang Haha, Xu He, Xu Zhe, Yao Qingmei
Ort: Goethe-Institut China
Adresse: Originality Square, 798 Art District, Jiuxianqiao Road No. 2, Chaoyang District, Beijing
Eintritt frei
Filmvorführung mit Diskussion:
Those Who Leave Those Who Stay
(Wan Qing | 2024 | 67 Min)
Zeit: 05.12.2025, 19:30 Uhr
Ort: Goethe-Institut China
Adresse: Originality Square, 798 Art District, Jiuxianqiao Road No. 2, Chaoyang District, Beijing
Eintritt frei
Die Künstler*innen
Li Nu bezieht sich in seinem künstlerischen Schaffen auf das tägliche Leben, indem er das unter Objektivität verborgene eigene Erleben und subjektiviertes Empfinden zum künstlerischen Medium macht. Damit verbindet er die allgemeine Wahrnehmung mit dem geistigen Befinden des Individuums in seinen emotionalen Schwankungen und mit der Gemeinschaft in ihren sozialen Transformationen. Li Nu richtet sein Augenmerk auf das Zufällige und Plötzliche, auf die reale Präsenz im Hier und Jetzt. Formalistische und technische Effekte liegen ihm ebenso fern wie visuelle Eintönigkeit. Er sucht nach künstlerischen Ausdrucksweisen, indem er die Grenzen zwischen Dokumentation und Fiktion, Repräsentation und Abstraktion untergräbt und neue Formen experimentell umsetzt. Seine Arbeiten wirken stark expansiv und durchdringend. Sie sind ebenso konzeptionell wie sensitiv, unmittelbar wie verschlüsselt, poetisch wie realistisch, getragen von einer gleichnishaften, schneidigen, humorvollen, poetischen und dramatischen Kraft. Die meisten seiner Arbeiten sind sehr komplex und vieldeutig konnotiert.
Long Di lebt und arbeitet in Peking. Abseits der gemeinhin akademisch geprägten zeitgenössischen Kunst hat sie bewusst nach einem eigenständigen Weg gesucht. Nach einem Bachelor in Weltgeschichte an der Nankai-Universität, den sie mit höchster Auszeichnung abschloss, erhielt sie ein Vollstipendium für die University of Georgia in den USA und absolvierte dort ein Masterstudium in amerikanischer Geschichte und Gender Studies. Aufgrund ihrer Übersetzungsarbeit für Autorinnen und ihrer journalistischen Beiträge über Gender und Popkultur rückte auch in ihrer künstlerischen Arbeit die Beschäftigung mit Feminismus, Frauengeschichte und weiblicher Erfahrung zunehmend ins Zentrum, doch bleibt ihr Schaffen nicht darauf beschränkt.
Shi Yong ist einer der ersten, die in China mit Installation und Video arbeiteten, und seine Werke werden seit 1993 im In- und Ausland ausgestellt. In frühen Arbeiten ging es ihm darum, die im Alltag herrschenden Denkmuster offenzulegen. Seine Beschäftigung mit dem Wandel des modernen Shanghai unter dem Mythos der Reform- und Öffnungspolitik ab den 1990er-Jahren führte ihn schließlich zu übergreifenden Themen wie Globalisierung und Konsumkultur.
Seit seinem Werk „2007: Keine documenta in Kassel“ (2006) richtet Shi Yong seinen kritischen Blick auf die Kunstwelt selbst und denkt darüber nach, wie sich durch bewusstes Aussetzen künstlerischer Produktion Widerstand formulieren lässt. Seine Einzelausstellung „Lösen wir alle Möglichkeiten auf elegante Weise intern“ von 2015 ist sowohl eine Fortsetzung früherer Arbeiten wie auch ein Ausdruck seiner neuen Intention, unter scheinbar abstrakten Oberflächen Kontrollstrukturen zu überdenken und zu bearbeiten. 2021 wurde ihm der Preis „Robb Report Künstler des Jahres“ verliehen.
Wang Hahalebt und arbeitet in München. Sie beobachtet Menschen und Tiere mit wissenschaftlicher Genauigkeit – von den feinen Gesten der Körpersprache bis hin zu den Funktionsmechanismen ganzer Gemeinschaften. Künstlerisch begann sie mit Skulptur und Performances, die sie per Video dokumentierte, was sie später zu einem eigenständigen künstlerischen Ausdrucksmittel entwickelte. Mit nomadischem Geist bewegt sich Wang Haha in verschiedensten Weltgegenden und Gemeinschaften, wo sie jeweils mit einheimischen Menschen und Tieren zusammenlebt. Die Begegnungen mit dem Fremden eröffnen ihr neue Weltbilder und Denkweisen. In halb-fiktionaler Erzählweise spürt sie in ihren Arbeiten den unbeständigen Beziehungen zwischen Menschen und Tieren, Alltagsgegenständen und technischen Erzeugnissen nach, um alternative Existenzformen zu erforschen.
Xu He lebt und arbeitet in Peking und Berlin. Studien- und Lebenserfahrungen in China und in Deutschland machen ihn zu einem Künstler mit doppeltem Hintergrund. Balancierend zwischen vielseitigen kulturellen Bezügen finden seine diffus abstrahierenden Bildwelten ein inneres Gleichgewicht, das in einer prägnanten persönlichen Bildsprache zum Ausdruck kommt. Durch seinen zeitgeschichtlichen Hintergrund ist sein künstlerisches Schaffen von einem tiefen Weltschmerz geprägt. Er thematisiert darin Fragen der persönlichen Identität ebenso wie des gesellschaftlichen Wandels und technischer Neuerungen, wobei er sich mit den komplexen Bezügen zwischen individueller Erfahrung und kollektiver Erinnerung auseinandersetzt. Xu He betont die objektive Notwendigkeit von Konflikten sowohl im künstlerischen Schaffen wie auch im Alltag. Im Prozess der Dekonstruktion und Rekonstruktion von Bildern und sozialen Erfahrungen wirft er einen kritischen Blick auf die Geschichte und konstruiert zukunftsgerichtete visuelle Szenarien.
Xu Zhe, geboren in Shanghai, schloss 2006 sein Studium an der École Supérieure d’Art in Aix-en-Provence ab. Er war Mitbegründer der Künstlergruppe COMPANY. 2016 erhielt er ein Stipendium des Asian Cultural Council im Bereich Bildende Kunst. Sein medial vielfältiges künstlerisches Schaffen umfasst Video, Fotografie und Installation. Seine neueren Arbeiten konzentrieren sich auf die existenziellen Bedingungen des Einzelnen im heutigen Leben. Dabei greift er auf persönliche Erfahrungen außerhalb der offiziellen Narrative zurück und bringt in Resonanz auf die Zeit, in der wir leben, unterdrücktes Leid, innere Ambivalenz und Ruhelosigkeit zum Ausdruck.
Yao Qingmei, 1982 in Zhejiang geboren, lebt und arbeitet derzeit in Paris. Künstlerisch arbeitet sie vor allem mit Performance, Video und Installationen, in die sie Bühnenbilder, Kostüme, Texte, Vorträge, Spiele, Lautpoesie und moderne choreografische Elemente integriert. Mittels Interventionen in Räumen durchbricht sie etablierte Regeln, untersucht symbolische Zeichen im Alltag und geht der Frage nach, wie diese dem Körper Macht verleihen oder entziehen. Damit verwischt sie die Grenzen zwischen der Performance und dem Ort ihrer Aufführung. Yao Qingmei nutzt häufig Verfremdung, Metapher oder Ironie, um politische und soziale Mechanismen in Frage zu stellen – eine spannungsreiche Konfrontation, die in ernsthafter Kritik wurzelt, aber von einem Hauch grotesker Komik und Leichtigkeit durchwoben ist. In ihrer Praxis versucht Yao, aus einem Zustand körperlicher Entspanntheit und individueller Spontaneität Ausdrucksweisen herauszulocken, in denen sie Bewegungen und Denkmuster kollidieren lässt, um Risse in bestehenden Strukturen offenzulegen und Formen des Widerstands aufzuspüren.
Dr. Yao Siqing studierte Kunstgeschichte an der Central Academy of Fine Arts in Peking und Moderne Literatur Chinas an der Sun-Yat-sen-Universität in Guangzhou. Heute lebt sie als unabhängige Wissenschaftlerin und Kuratorin in Peking. Ihre neuesten Forschungen konzentrieren sich auf Geschichte der materiellen Kultur und auf Medienforschung. Sie arbeitet bevorzugt mit Künstler*innen aus verschiedenen Wissensbereichen zusammen und verfolgt das Ziel, gemeinsam in einem globalisierten Kontext neue ästhetische Erfahrungen zu schaffen, indem sie an die klassische und moderne Kultur Chinas anknüpft, um beide kreativ zu transformieren.
Ort
Originality Square, 798 Art District, Jiuxianqiao Road 2, Chaoyang District
Peking
China
Ort
Originality Square, 798 Art District, Jiuxianqiao Road 2, Chaoyang District
Peking
China