Ludwig Mies van der Rohe
Der Barcelona-Pavillon

Pavillon Mies van der Rohe © Goethe-Institut Barcelona

Weniger ist mehr

Ludwig Mies van der Rohe ist einer der bedeutendsten Architekten der Moderne und gilt als Vertreter des Minimalismus mit dem Leitmotiv „weniger ist mehr“. Sein Stil prägte Generationen von Architekten und wirkt auch heute noch nach. Ihm gelang es, durch Stahlträgerkonstruktionen große Räume ohne tragende Trennwände und Fassaden mit großen Glasflächen zu schaffen. Er selbst sprach auch von „Haut und Knochen-Architektur“.
 

Die Anfänge

Seine beruflichen Anfänge machte er als Mauerer und Ornamentenzeichner in Aachen, wo er 1886 geboren wurde. Aber schon mit 19 Jahren zog es ihn nach Berlin, wo er an der Hochschule studierte, Möbel entwarf, in einem Architekturbüro an ersten Projekten arbeitete, 1907 sein erstes Haus baute und schließlich 1913 auch sein erstes Architekturbüro eröffnete. Im gleichen Jahr heiratete er Ada Braun, mit der er drei Töchter hatte. 1921 trennte sich das Paar.
Im ersten Weltkrieg musste Mies van der Rohe nicht an die Front, er wurde einer Baukompanie zugeteilt. Trotzdem wirkte bei ihm, wie bei vielen anderen der Kulturschock des Krieges nach. Die Gründung der Weimarer Republik 1918 setzte im Land neue Energien und Ideen frei; es bildeten sich zahlreiche Künstlergruppen, die ein modernes Kunst- und Architekturkonzept diskutierten und an denen sich auch Mies van der Rohe a aktiv beteiligte.
 

Vizepräsident des Deutschen Werkbunds

1926 wurde er Vizepräsident des Deutschen Werkbundes. In dieser Funktion leitete er ein Jahr später die Werkbundausstellung „Die Wohnung“ in Stuttgart. Neben Ludwig Mies van der Rohe entwarfen namhafte Architekten unter anderem Walter Gropius, Peter Behrens und Le Corbusier Wohnhäuser, Mehrfamilienhäuser und Reihenhäuser für die Weißenhofsiedlung. Die schmucklosen, formstrengen Häuser stießen bei den Stuttgartern gleichermaßen auf Ablehnung wie Begeisterung.
Elf der ursprünglich 21 Häuser kann man heute wieder auf dem Stuttgarter Killesberg besichtigen. Das Haus Le Corbusiers ist inzwischen UNESCO-Welterbe.
Ein anderer Teil der Ausstellung beschäftigte sich mit moderner Wohnungseinrichtung. Die Leitung dafür hatte die Innenarchitektin Lilly Reich, die bereits seit 1920 im Vorstand des Deutschen Werkbundes war. In der Ausstellung wurde beispielsweise eine moderne, funktionale Einbauküche gezeigt, die „Frankfurter Küche“ von Margarte Schütte-Lihotzky, die Vorbild für die heutigen Einbauküchen ist.
Mit Lilly Reich arbeitete Ludwig Mies van der Rohe eng zusammen und bis Ende der 30er Jahre waren sie auch privat ein Paar.
 

Der deutsche Pavillon für die Weltausstellung 1929

Vermutlich auf Grund des großen Erfolgs der Stuttgarter Ausstellung bekamen Lilly Reich und Ludwig Mies van der Rohe die künstlerische Leitung des deutschen Beitrags zur Weltausstellung 1929 in Barcelona. Für den offiziellen Empfang des Königs Alfonso XIII. und der deutschen Repräsentanten entwarfen sie gemeinsam einen lichtdurchfluteten Pavillon aus Stahl, Glas und Marmor sowie das passende Interieur, wie zum Beispiel den berühmten Barcelona-Sessel.
Am Ende der Weltausstellung wurde der Pavillon abgebaut und die Materialien und Möbel verkauft. Die Bedeutung des Pavillons für das Werk Mies van der Rohes und seine Symbolkraft für die Architektur des 20. Jahrhunderts, führten schließlich dazu, dass die Stadt Barcelona den Pavillon zwischen 1983 und 1986 an der gleichen Stelle nach Originalplänen rekonstruieren ließ. Die Architekten Ignasi de Solà-Morales, Cristian Cirici y Fernando Ramos verwendeten für den Nachbau dieselben Materialien wie in den Originalplänen: römischen Traverin, grünen Marmor aus dem Alpengebiet, grünen Marmor aus Griechenland und goldfarbenen Onyx aus dem Atlasgebirge. Das Innovative waren dabei nicht die Materialien selbst, sondern wie Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich durch Geometrie, Präzision und Klarheit des Aufbaus das Ideal der Moderne ausdrückten.

„Der Morgen“ von Georg Kolbe

Bei einem Besuch im Pavillon fällt sofort eine wunderschön in Szene gesetzte Bronzestatue ins Auge: es ist ein Nachguss der Figur „Der Morgen“ des Bildhauers Georg Kolbe. Im Pavillon von 1929 stand allerdings nur eine Nachbildung aus Gips derselben Figur.
Wer das Original sehen möchte muss nach Berlin in die Cäciliengärten in Berlin-Schöneberg, wo auch die zweite Figur zu sehen ist: „Der Abend“.
Georg Kolbe - Der Morgen
 

Das Bauhaus

Das Bauhaus war eines der international bekanntesten avantgardistischen Projekte der Weimarer Republik; eine staatliche Kunstschule, die versuchte, Kunst, Architektur, Design und Handwerk zusammenzuführen. Gegründet wurde sie 1919 von dem Architekten Walter Gropius in Weimar. Viele namhafte Künstler unterrichteten an der Schule, unter anderen Wassily Kadinsky, Oskar Schlemmer, Paul Klee und Lyonel Feininger. 1930, fünf Jahre nach dem Umzug von Weimar nach Dessau, wurde Ludwig Mies van der Rohe Direktor des Bauhauses. Es wurde jedoch  schon 1932 aus politischen Gründen geschlossen.
Ludwig Mies van der Rohe versuchte das Bauhaus noch zu retten, indem er es als Privatinstitut in Berlin weiterführte. Aber wegen des zunehmenden politischen Drucks der neuen Reichsregierung der Nationalsozialisten musste er Mitte 1933 aufgeben.
Mies van der Rohe blieb zunächst noch in Berlin, während viele andere Bauhaus-Künstler bereits das Land verließen und die Idee des Bauhauses in die Welt trugen. So kommt es, dass es in keiner Stadt der Welt so viel Bauhaus-Architektur gibt, wie in Tel Aviv.
2019 wurde das 100 jährige Jubiläum des Bauhauses gefeiert. Ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr war die Einweihung des Bauhaus Museums in Dessau, das vom Architekturbüro addenda architects aus Barcelona entworfen wurde.
 

Amerika

Durch die Ausstellung „Modern Architecture: International exhibition“ des Museum of Modern Art in New York im Jahr 1932 wurde die moderne Architektur in den USA bekannt gemacht. Mies van der Rohe bekam Angebote aus Chicago und New York. 1936 übernahm er die Leitung der Architekturabteilung am Amour Institute in Chicago und nahm seine akademische Lehrtätigkeit wieder auf. Er kehrte noch einmal nach Deutschland zurück, bevor er 1938 endgültig in die Vereinigten Staaten übersiedelte und 1939 in Chicago sein Architekturbüro gründete. 1944 wurde er amerikanischer  Staatsbürger und lebte bis zu seinem Tod am 17. August 1969 in Chicago.
Zu seinen Meisterwerken in den USA gehören das Farnsworth House (1951), die Crown Hall auf dem Uni-Campus des Illinois Institute of Technology (1956) und sein erstes Bürohochhaus das Seagram Building in New York (1958).
 

Neue Nationalgalerie In Berlin

Anfang der 1960er-Jahre bekam Mies van der Rohe vom Senat Westberlins den Auftrag für die Planung der Neuen Nationalgalerie. Es ist das einzige Werk, das Ludwig Mies van der Rohe nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland baute. Es gilt als Ikone der Klassischen Moderne und die Krönung seines Lebenswerks.
An der Eröffnung 1968 konnte er allerdings aufgrund gesundheitlicher Problem nicht mehr teilnehmen.
 

übrigens

Wer im Duden das Adjektiv „mies“ nachschlägt, findet als Synonyme die Wörter „erbärmlich“, „mangelhaft“, „minderwertig“, „schlecht“, alles keine Adjektive mit denen man den Entwurf eines Hauses in Verbindung bringen möchte. Vielleicht war das der Grund dafür, dass er 1923 seinem Geburtsnamen Ludwig Mies noch das holländische „van der“ und den Geburtsnamen seiner Mutter „Rohe“ hinzugefügt hat?

Quellen
Wikipedia, Das Bauhaus, Pavillon-Mies van der Rohe, Planet Wissen
© Text: Annette Gutmann