Gotthold Ephraim Lessing
Die Büste im Garten der Universität

Lessing © Foto: Goethe-Institut Barcelona | Annette Gutmann

Information

Freundlich sieht er einen an, der deutsche Dichter und Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing, wenn man im Garten der Universität Barcelona an ihm vorbei spaziert. 1986 machten Vertreter*innen der Stadt Wolfenbüttel die Büste der Stadt Barcelona zum Geschenk. Damit revanchierten sie sich für das Geschenk einer Büste von Pau Casal, die ihnen ein Jahr zuvor von der Stadt Barcelona überreicht wurde. In Wolfenbüttel befindet sich die berühmte Herzog August Bibliothek, in der Lessing viele Jahre als Bibliothekar waltete. Heute ist sie ein weltweit führendes Zentrum für kulturgeschichtliche Forschung.

Ein freundlicher, wohlwollender Mann muss er in seinem Leben tatsächlich gewesen sein.
Mit Klugheit und Witz setzt er sich in seinen Dramen, Gedichten und Fabeln für Toleranz gegenüber Andersdenkenden ein, seine Lektüre ist heute aktueller denn je.
 

die Familie

1729 im sächsischen Kamenz als drittes von zwölf Kindern einer protestantischen Pfarrersfamilie geboren, tritt Lessing mit 17 Jahren sein Studium der Theologie in Leipzig an. Zum Entsetzen seiner Eltern interessiert er sich allerdings mehr für das Theater als für die Kirche und freundet sich mit einer Theatergruppe an, für die er gegen Freikarten französische Stücke übersetzt. Schauspieler und Schauspielerinnen haben zu dieser Zeit einen denkbar schlechten Ruf. Es sind fahrende Leute, die von Ort zu Ort ziehen, um auf wackeligen Wanderbühnen ihre Kunst zu zeigen, nur Adelige können sich ein festes Ensemble leisten.
 

Journalist in Berlin

1748 - Lessing hat inzwischen nicht nur das Studium der Theologie sondern auch der Medizin und Philosophie mit Bravour abgeschlossen- zieht er nach Berlin, wo er für die angesehene Vossische Zeitung als Journalist tätig ist. Berlin ist zu dieser Zeit beseelt vom Geist der Aufklärung, Friedrich der Große beherbergt Voltaire an seinem Hofe und postuliert, jeder solle nach seiner Fasson glücklich sein.
 
Trotzdem geht es den Juden schlecht, wie Lessing durch seinen neuen Freund, den Gelehrten Moses Mendelssohn feststellen muss: um in der Stadt zu leben, müssen sie Schutzgelder bezahlen, Staatsämter dürfen sie nicht ausüben und Ehen zwischen Juden und Christen sind verboten. In seinem Drama Die Juden wirbt Lessing für Toleranz und Religionsfreiheit und macht einen Juden zum Helden des Geschehens, etwas, was zur damaligen Zeit völlig neu war.
 

Dramaturg In Hamburg

1767 geht er nach Hamburg, eine damals schon reiche Handelsstadt mit über 100.000 Einwohnern. Die reichen Kaufleute errichten das Deutsche Nationaltheater und ernennen Lessing zum Dramaturgen. Hier kann Lessing seine Ideen eines bürgerlichen Theaters, in dem nicht die Aristokratie sondern die Bürger und Bürgerinnen die Protagonisten sind, verwirklichen.
 

Bibliothekar in Wolfenbüttel

Leider scheitert das Projekt drei Jahre später an Geldmangel und Lessing zieht nach Wolfenbüttel, wo er der Leiter der herzoglichen Bibliothek wird.

Mit 47 Jahren heiratet er die Witwe eines verstorbenen Freundes Eva König und muss ein Jahr später nicht nur die Totgeburt seines Sohnes sondern auch den Verlust seiner Frau beklagen:  
“Ich wollte es auch einmal so gut haben wie andere Menschen - aber es ist mir schlecht bekommen.”
 

Sein Werk

“Nathan der Weise” ist sein bekanntestes Werk. Toleranz, Religionsfreiheit und Humanismus sind Inhalt dieses Dramas. Ort der Handlung ist Jerusalem Ende des 12. Jahrhunderts zur Zeit der Kreuzzüge.
Christen, Juden und Moslems leben in der Stadt und scharen sich um den klugen Kaufmann Nathan. Vor die Frage gestellt, welche der drei Religionen die wahrhaftigste sei, antwortet er mit einer Parabel:
Ein alter Mann besitzt einen wertvollen Ring, der den Träger “angenehm vor Gott und den Menschen erscheinen lässt”. Als er sein Ende kommen fühlt, kann und will er sich nicht entscheiden, wem seiner drei Söhne er diesen Ring vererben wird. Stattdessen lässt er einen Goldschmied kommen, der ihm zwei Kopien seines Ringes anfertigt, die dem Original so ähnlich sind, dass selbst der alte Vater sie nicht mehr voneinander unterscheiden kann. So vermacht er jedem seiner Söhne einen Ring, lässt sie aber in dem Glauben, er habe den einzig wahren. Es kommt, wie es kommen muss: nach seinem Tod streiten die Söhne, da jeder glaubt, er habe den echten Ring geerbt, während der andere nur die Kopie trage. Sie ziehen vor Gericht in der Hoffnung, der Richter könne den Streit schlichten. Dieser aber fällt folgendes salomonische Urteil: Jeder solle seinen Ring als den wahren tragen und da er ja die Wirkung habe, vor Gott und den Menschen angenehm zu erscheinen, so werde man mit der Zeit schon sehen, wer das Original und wer die Fälschung trage. Natürlich bemüht sich nun jeder Sohn, Gott und seine Mitmenschen zu achten, um vor ihnen angenehm zu erscheinen, um damit zu beweisen, er trage den echten Ring.
Am Ende des Dramas stellt sich noch heraus, dass alle Protagonisten, also der Jude Nathan, der muslimische Sultan und der christliche Tempelherr irgendwie miteinander verwandt sind - Happy End also auf allen Linien!
 
Neben Dramen, Gedichten und Fabeln gehören auch theoretische Schriften zur Dramaturgie, Ästhetik, Religion und Philosophie zu seinem Werk. Seine Dramen stehen bis heute auf dem Spielplan der deutschsprachigen Bühnen und tatsächlich sollte jeder Erdenbürger einmal im Leben  “Nathan der Weise” gesehen oder gelesen haben.
 

Übrigens

Die Schenkungen der Büsten gehen auf die Initiative einer Katalanin zurück, die lange Zeit in Wolfenbüttel lebte und unermüdlich für den katalanisch-deutschen Kulturaustausch tätig war: Mathilde Romagosa de Pruss. Sie sorgte auch dafür, dass 1992 eine berühmte Braut Wolfenbüttel besuchte: die Gigantin  Elisabeth Christina von Wolfenbüttel.
 

Quelle:

NDR-Geschichte
Reagrupament 
© Text: Ulrike Fiedler
 
 

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