Ein interdisziplinärer Dialog
Die Ostsee und andere Gewässer: Eutrophierung, gefährliche Substanzen, Überfischung, Verlust an Biodiversität, verschmutzte Archipele, Flüsse und Seen... Unsere Gewässer haben keine Grenzen. Wie können wir sie und uns schützen?
Hat die Natur eine Stimme?
Mar Menor, eine stark verschmutzte Lagune in Murcia, Spanien, ist das erste Gewässer in Europa, das im Jahr 2022 zu einer juristischen Person erklärt wurde, die ihre eigenen Rechte einklagen kann. Ein Diskurs, der in anderen Teilen der Welt bereits vorangetrieben wird, hat nun auch Europa erreicht. In immer mehr Ländern in Europa und weltweit sehen wir ernsthafte Diskussionen über die Rechte der Natur. So stimmte das niederländische Parlament über einen Antrag ab, dem Wattenmeer Rechte zu gewähren. Bietet ein neuer Rechtsstatus für Gewässer wirklich einen besseren ökologischen Schutz für sie? Oder schafft es neue Interessenkonflikte?
Und vor allem, wer darf ein Gewässer repräsentieren und mit welchen Methoden? Wer ist der Mensch, der der Natur eine Stimme gibt? Wer spricht mit wem? Wer spricht und wer hört zu?
Fragen der Repräsentation betreffen sowohl kulturelle und soziale Fragen und sie bilden auch eine besondere künstlerische Herausforderung. So ist es nicht erstaunlich, dass Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Jurist*innen und Aktivist*innen ihre Kräfte bündeln, um diesen ökologisch-kulturellen Komplex zu erforschen und im Hinblick auf die Praxis zu reflektieren.
Für die Podiumsdiskussion "Can waters sue?" lädt das Goethe-Institut Finnland Künstler*innen und Expert*innen aus unterschiedlichen Disziplinen und Wissensformen wie Recht, Naturwissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und indigenes Wissen ein, ihre Ansichten zu präsentieren und zu diskutieren. Die Teilnehmenden bringen ihre eigenen Fragestellungen in den Dialog ein.
Moderiert wird die Veranstaltung von
Taru Elfving (Direktor, CAA Contemporary Art Archipelago, Forscherin, Centre for Sustainable Ocean Science (SOS, Åbo Akademi University Finland).
Das Goethe-Institut Finnland dankt dem
Finnischen Nationaltheater für die Zusammenarbeit.
Interessierte, die nicht an der Veranstaltung teilnehmen könne, können die Diskussion in einem Livestream verfolgen.
Panelist*innen:
Taru Elfving, CAA Contemporary Art Archipelago
Taru Elfving ist die Direktorin und Mitbegründerin der CAA Contemporary Art Archipelago. CAA ist ein kuratorisch arbeitendes Kollektiv, das transdisziplinäre und standortsensible künstlerische Untersuchungen unterstützt. Die Schnittstelle liegt dabei bei ökologischen, feministischen und dekolonialen Praktiken mit einem langfristigen Fokus auf die Ostseeregion. Elfving ist vorübergehend als Gastwissenschaftlerin am Archipelago Research Institut an der Universität in Turku tätig und zugleich Forscherin im Centre for Sustainable Ocean Studies an der Åbo Akademi Universität.
Christiane Bosmann, Embassy of the North Sea
Christiane Bosmann studierte Museologie, Kunstgeschichte und Kommunikationsmenagement und hat seit über 15 Jahren Erfahrungen in der Kuratierung und Entwicklung kultureller Interventionen mit besonderem Fokus auf Öffentlichkeit. Seit 2019 bilden wichtige Schwerpunkte ihrer Arbeit das Verhältnis zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Daseinsformen (,human non-human relationships‘) sowie ökologische Fragestellungen. Derzeit ist sie Kuratorin für Kommunikation und öffentliche Programme in der ,Embassy of the North Sea‘. Unteranderem arbeitete sie als Koproduzentin bei zahlreichen kulturellen Projekten im sozialen Bereich mit besonderem Schwerpunkt auf öffentliches Engagement, u. a. bei SKOR | Foundation Art and Public Domain und der TAAK-Kooperative.
Jula Zenetti, UFZ- Helmholtz-Centre for Environmental Research
Jula Zenetti ist Juristin und promoviert am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig zum Thema Rechte der Natur. Sie analysiert in Bezug auf das Themenfeld z.B gesetzliche Grundlagen, juristische Entscheidungen und entsprechende aktuelle Entwicklungen in Deutschland und Spanien.
Peter Jaspers, Bergmann
Peter Jaspers ist Rechtsanwalt und berät Unternehmen bei ihren Investionen und Transaktionen in Finnland. Er hat besondere Expertise im Industrieanlagenbau und vertritt Unternehmen bei öffentlichen Vergabeverfahren. Seine Anwaltskanzlei Bergmann & Co. arbeitet mit mehreren Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien zusammen und veröffentlicht eine Reihe von Publikationen, die sich z.B mit den Möglichkeiten von Offshore-Windparks auseinandersetzen.
Rüdiger Strempel, HELCOM
Rüdiger Strempel studierte internationales Recht, Germanistik und Kunstgeschichte und war über anderthalb Jahrzehnte in verschiedenen Funktionen für die Vereinigten Nationen tätig. Er leitet als Executive Secretary seit 1. August 2019 das Sekretariat HELCOM (Helsinki Comission – Baltic Marine Environment Protection Comission). Zuvor leitete er das Gemeinsame Wattenmeersekretariat (CWSS) in Wilhelmshaven. Seit vielen Jahren sammelt der Erfahrungen im Umweltrecht, in der Umweltpolitik und in der Umweltdiplomatie auf nationaler und internationaler Ebene, mit dem Schwerpunkt auf internationalem Meeresschutz. Darüber hinaus ist Rüdiger Strempel Experte in Kommunikation mit journalistischem Hintergrund sowie Autor und Mitautor zahlreicher Artikel und Bücher.
Julia Lohmann
Julia Lohmann ist Professorin für Praxis in zeitgenössischem Design (Practice in Contemporary Design) an der Aalto Universität Helsinki. Sie erforscht und kritisiert Wertesysteme u.a in Bezug auf ethische und materielle Grundlagen und Aspekte der Zerstörung unserer Beziehung zu Flora und Fauna. Ihre Forschungsinteressen liegen in kritischer Praxis und Übergangsdesign, Biomaterialien, kollaboratives Gestalten, Museen und Residenzen, ,verkörperter‘ Kognition und Praxis als Forschung. Am Royal College of Art in London hat sie unteranderem im Bereich Innovationsdesign promoviert. Neben zahllosen anderen Projekten ist Lohmann auch als Künstlerin tätig; sie schafft Skulpturen aus Algen und Seegras, die auf der ganzen Welt präsentiert werden, zuletzt 2023 auf der Busan Biennale in Südkorea.
Liisa-Rávná Finbog
Rámavuol Liisa-Rávdná / Liisa-Rávná Finbog ist eine indigene Sámi-Wissenschaftlerin, Duojár*, Autorin und Kuratorin [*unter dem Begriff Duodji werden samische Methodiken und Praktiken der künstlerischen Produktion, des Handwerks und des Geschichtenerzählens gefasst]. In ihrer Arbeit verbindet sie Forschung und Reflexion sámischer Ästhetik und deren materieller Umsetzung in der kreativen Praxis. Als akademische Wissenschaftlerin und Duojár beleuchtet und vermittelt sie in ihrer Arbeit sowie in ihrer kuratorischen Praxis vielschichtige Dynamiken zwischen Bildender Kunst und Politik der Indigenität. 2022 war sie Ko-Kuratorin des ersten sámischen Pavillons auf der Biennale in Venedig, Derzeit arbeitet sie als Kuratorin bei KORO, dem Fachverband der norwegischen Regierung für Kunst im Öffentlichen Raum. Darüber hinaus war sie die erste Kuratorin für diskursive Programme im Munch Museum in Oslo, Norwegen, wo sie auch als Kuratorin für indigene Kunst tätig ist. Finbog ist unter anderem auch Autorin von It Speaks to You – Making Kin of People, Duodji, and Stories in Sámi Museums (2023, Dio Press) sowie Herausgeberin der Publikation Circumpolar Connections: Creative Indigenous Geographies of the Arctic. Das Buch soll diesen Herbst bei Wesleyan University Press erscheinen.
Fredrik Gröndahl
Fredrik Gröndahl ist der Leiter von Blue Food am Royal Institute of Technology, KTH in Stockholm, Schweden. Einen Fokus seiner Forschung bildet die nachhaltige Nutzung von Meeresressourcen für die Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln, die Nutzung für chemische Prozesse und die Energieerzeugung. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Entwicklung von Methoden der Evaluation von Prozessen unter besonderer Berücksichtigung von Perspektiven der Nachhaltigkeit. In den letzten Jahren war er verantwortlich für das
Submariner Projekt, das sich in der Region des Baltischen Meeres mit Makroalgen beschäftigt. Seit Juli 2013 ist er Projektleiter von
Seafarm. Seafrarm ist ein in Schweden angesiedeltes strategisches Forschungsprojekt, das sich für eine biologisch orientierte Wirtschaft einsetzt. Gröndahl ist darüber hinaus Autor mehrerer Lehrbücher über nachhaltige Entwicklung, Ökologie und Auswirkungen auf die Umwelt.
Programm
13:00 Uhr: Beginn der Veranstaltung (
Taru Elfving)
13:15 Uhr: Präsentationen
- Jula Zenetti, Helmholtz-Zentrum Leipzig for environmental research
- Christiane Bosmann, Embassy of the North Sea
- Liisa-Rávná Finbog, Sámi Indigenous scholar, duojár, author, curator
- Peter Jaspers, Lawyer, Bergmann Attorneys at Law
- Fredrik Gröndahl, Director of Blue Food at the Royal Institute of Technology, KTH Stockholm, Sweden
- Rüdiger Strempel, Executive Secretary of HELCOM – Baltic Marine Environment Protection Commission HELCOM
- Julia Lohmann, Professor of Practice in Contemporary Design Aalto University Helsinki
- 14:40-15:30 Uhr: Podiumsdiskussion & Fragen aus dem Publikum
Zurück