Literaturagenten
Wie Texte zu Verlagen kommen

Literaturagenten auf der Frankfurter Buchmesse
Literaturagenten auf der Frankfurter Buchmesse | Foto (Ausschnitt): © Frankfurter Buchmesse

Auf Literaturagenturen kann kaum ein Autor mehr verzichten. Seit Mitte der 1990er-Jahre sind sie Mittler zwischen Schriftstellern und Verlagen.

Katja Buschmann hat alles, was eine Literaturagentur sich wünscht: Die Autorin, Jahrgang 1987, schreibt seit vielen Jahren ernsthaft Prosa und beendet 2014 ihren Debütroman. Ausgebildet wurde sie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Ihr Studiengang trägt den vielversprechenden Namen „Literarisches Schreiben“. Nun steht sie vor der Frage: Welcher Verlag ist der richtige für mein Buch und wie schaffe ich es, dass mein Text nicht ungelesen im Müll verschwindet? Für Katja steht fest: „Der nächste Schritt führt zu einer Agentur.“

Bis Mitte der 1990er-Jahre fanden Autoren meist über Umwege zu Verlagen – über Bekannte, Literaturzeitschriften oder Textwerkstätten. Über allem stand die Hoffnung, dass zum richtigen Zeitpunkt der richtige Lektor den eigenen Text in der Hand halten würde. Dann kamen die Literaturagenturen. Waren es anfangs nur wenige, sind sie mittlerweile in fast jeder deutschen Großstadt zu finden.

Erstmal die Geschmacksprobe bestehen

Die Rolle der Agenturen ist klar definiert: Manuskripte lesen, aussortieren, mit Glück auf einen guten Text stoßen und dessen Autor unter Vertrag nehmen. Schafft ein Manuskript es in ein Verlagsprogramm, wird das Geld aufgeteilt: In der Regel bekommt die Agentur 15 Prozent, der Rest bleibt beim Autor.

Sobald Katja also ihren Roman beendet hat, wird sie sich per E-Mail bei einer Agentur melden und einen Auszug als Datei anhängen. Kurze Zeit später wird sie vielleicht eine Antwort bekommen: „Der Text hat uns ausgesprochen gut gefallen. Senden Sie uns doch gern den gesamten Roman zu.“ Die erste Hürde wäre damit genommen. Eine der Agenturen, an die Katja sich wenden könnte, ist die von Gudrun Hebel. Sie ist eine der erfahrensten Agentinnen Deutschlands, gründete 1998 die Agentur Hebel und Bindermann in Berlin. Heute vertritt sie rund 60 deutsche und skandinavische Autoren. Sollte auch Katjas Manuskript bei Gudrun Hebel auf dem Tisch landen, gilt es zunächst, die Geschmacksprobe zu bestehen: „Der Text muss mich begeistern“, sagt die Agentin.

Dann kann es sehr schnell gehen. Ist Gudrun Hebel auch nach der Lektüre des gesamten Romans noch angetan, beginnt ihre eigentliche Arbeit. „Während früher die Manuskriptvermittlung und Vertragsverhandlung unser Hauptgeschäft waren, arbeiten wir inzwischen mehr und mehr als Lektor, Coach und Manager für unsere Autoren.“ Die Agentin macht den „Feinschliff“ an Text und Exposé. Sie klärt vielleicht die Frage, warum eine Geschichte am Anfang nicht recht in Schwung kommt, und überlegt, wie dieses Problem zu lösen ist. Dann wählt sie Verlage aus, deren Programme mit dem Manuskript vereinbar sind.

Verlage setzen auf Vorauswahl durch Agenten

„Literaturagenturen sind für uns Lektoren sehr hilfreich, da sie die vielen Manuskripte vorab sichten und im besten Fall schon gemeinsam mit den Autoren bearbeitet haben“, sagt Friederike Achilles, Lektorin bei Bastei Lübbe, einem der größten Publikumsverlage Deutschlands. Sie weiß, wie wichtig Agenturen geworden sind: „Ich persönlich kann mir die Verlagsarbeit ohne Literaturagenturen gar nicht mehr vorstellen. Ohne sie wäre es meines Erachtens weitaus schwieriger, vor allem talentierte Autoren aus dem Ausland zu entdecken.“ Man könnte also sagen: Agenturen machen den Verlagen das Leben leichter – das hat jedoch seinen Preis.

Zurück zu Katja. Hat ihre Agentur einem bestimmten Verlag das Manuskript zugesandt, sagt dieser möglicherweise: „Wunderbar, das wollen wir drucken, wir bieten 1.000 Euro.“ Nicht gerade viel für mehrere Jahre Arbeit. Doch zum Verhandeln gibt es die Agenturen: Sie vermitteln das Manuskript nicht nur an die Verlage, sondern sorgen auch dafür, dass es nicht unter Wert verkauft wird. Das freut die Autoren, die Verlage weniger. Friederike Achilles von Bastei Lübbe: „Bei den Verhandlungen ahnt man immer mal wieder, dass man nur als Preistreiber eingesetzt wird, obwohl schon klar ist, an welchen Verlag das Manuskript verkauft wird.“ Das gehöre zum Geschäft, sei zum Glück aber eher die Ausnahme.

Möchten Autorinnen wie Katja mit einer Agentur zusammenarbeiten, rät Friederike Achilles, sich an einen der renommierten Anbieter zu wenden. „Man hat dann eine starke, erfahrene Kraft im Rücken, die einen durch den gesamten Prozess bis zur Veröffentlichung begleitet und die vor allem in Vertragsverhandlungen wertvolle Unterstützung liefern kann. Einfach unverlangt ein Manuskript an alle Verlage zu schicken, ist nur in höchst seltenen Fällen erfolgreich.“