Filmvorführung
Geheimsache Ghettofilm

Regie: Yael Hersonski, Farbe, s & w, 89 Min., 2010

08.10.2019 | 19:00 Uhr
GoetheHaus Jakarta

Anmeldung via eventbrite Im Laufe des Monats Mai 1942, wenige Wochen vor Beginn der Deportationen in das Vernichtungslager Treblinka, wurden im Auftrag der SS geheime Filmaufnahmen im Warschauer Ghetto gedreht. Das kaum bearbeitete Filmmaterial überlebte die Kriegszeit, tauchte dann in den Beständen des DDR-Filmarchivs auf, um bislang als illustrativer Einblick in den Alltag des Ghettos genutzt zu werden. Zu sehen sind Zusammenkünfte des von der SS eingesetzten Judenrates, die Arbeit des jüdischen Ordnungsdienstes, das Schächten eines Huhnes, das Sterben auf den Straßen und die Beisetzung in Massengräbern. Die

Filmemacherin Yael Hersonski, Enkelin einer Überlebenden des Warschauer Ghettos, stellt die 60-minütigen stummen Schwarz/Weiß-Aufnahmen in den Kontext von überlieferten Zeitzeugnissen. Bei der Konfrontation von Überlebenden des Ghettos mit dem Blickwinkel der Täter wird die Propagandaabsicht deutlich: Szenen, die eine angebliche jüdische Oberschicht im Restaurant und in bürgerlichen Wohnzimmern zeigen, kontrastiert mit Szenen der Armut, sollen die vermeintlich luxuriösen Lebensbedingungen wie auch das dem NS-Antisemitismus inhärente Feindbild des „raffgierigen, skrupellosen Juden“ transportieren.

Szene für Szene wird die Realität hinter den Bildern mittels zeitgenössischer Berichte, Erinnerungen von Überlebenden wie auch der rekonstruierten Aussage eines an den Aufnahmen beteiligten Kameramannes dechiffriert. In den Tagebucheintragungen des Vorsitzenden des Judenrates, Adam Czerniakow finden sich skeptische Kommentare zu den Filmaufnahmen. Zwei Monate später nahm sich der Schreiber das Leben, als von ihm eine Liste mit 6000 Namen für die Deportationen verlangt wurde. Zitate aus den Texten des Untergrundarchiv „Oneg Shabbat“ lassen detailliert die Drangsal des Alltags der Ghettobewohner lebendig werden. Einzig die Aussagen des Kameramannes Willy Wist bleiben nichtssagend und kritiklos gegenüber der von ihm gefilmten Verfälschung.