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Interkulturelle Schulen in den Peripherien
Ein Austausch

Schüler des Leibniz-Gymnasiums Essen
Schüler des Leibniz-Gymnasiums Essen | © Goethe-Institut Italien / Christine Pawlata

Die interkulturelle Schule in den Peripherien der Städte und der Gesellschaft war das Thema einer Konferenz zu der Schüler, Eltern und Lehrbeauftragte in Neapel zusammenkamen. An dem Erfahrungsaustausch in der Hotelfachschule Cavalcanti nahm auch eine Delegation des Leibniz-Gymnasiums aus Essen teil. Schulleiter Martin Tenhaven, Lehrerin Katrin Butzke sowie drei Schüler der 11. Schulklasse erzählten vom Alltag ihres Gymnasiums und von den Projekten, mit denen die Schule sich für Inklusion und gegen Rassismus einsetzt.

Von Christine Pawlata

Kulturelle Vielfalt als Stärke

Zwar könne man beim Leibniz-Gymnasium nicht von örtlicher Peripherie sprechen, so der Schulleiter des Gymnasiums, „aber wenn man gewisse Eckdaten zu Rate zieht, dann ist es denkbar, dass man eine gewisse Rand- oder Sonderlage in der Stadt hat. Das Leibniz-Gymnasium befindet sich im Stadtbezirk V, wo die Übergangsquoten zum Gymnasium bei etwa 30% liegen. In besser betuchten Stadtteilen sind das durchaus 70 % oder gar 80%.“ Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums haben Wurzeln in über 40 Ländern. Für die Geschichts- und Religionslehrerin Katrin Butzke liegt die Stärke der Schule gerade in dieser kulturellen Vielfalt: „Wir versuchen, die verschiedenen Kulturen nicht nur wert zu schätzen, sondern ihnen auch Raum zu geben. Es kommt dabei zu einem kulturellen Austausch. Damit wollen wir eine ganz eigene Schulidentität entwickeln.“
 

 
Das Essener Gymnasium ist Teil des Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, bei dem über 2800 Schulen in Deutschland allen Formen von Diskriminierung den Kampf ansagen. Zentral steht dabei für das Leibniz-Gymnasium ein positives Schulklima, in dem es keinen Platz für Ausgrenzung gibt sowie die Entwicklung bürgerschaftlichen Engagements. Wichtige Grundpfeiler für die Erreichung dieser Ziele sind zwei Projekte, die das Gymnasium auf der Konferenz in Neapel präsentierte.

Gegen das Vergessen für eine inklusive Zukunft

Im „Projektkurs gegen das Vergessen“ befassen sich Schülerinnen und Schüler ein Jahr lang intensiv mit der NS-Vergangenheit Deutschlands. Höhepunkt des Projekts ist eine mehrtägige Gedenkstättenfahrt in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. „Mit dieser Reise wollen wir gegen das Vergessen und auch gegen das Verleugnen der deutschen Geschichte kämpfen. Wir erhoffen uns, eine Erinnerungskultur einzurichten, die zu einer verantwortungsvollen Zukunftsgestaltung motiviert und letztendlich Akzeptanz und Toleranz an unserer Schule fördert”, erklärte Katrin Butzke. Die Schüler der Essener Delegation in Neapel sind sich einig, dass der Kurs ein effektives Mittel gegen Rassismus und Diskriminierung darstellt. „Seit dem Projektkurs bin ich motivierter, gegen den zunehmenden Rechtsruck zu kämpfen“, erzählte die Schülerin Vina Dai Trang Nguyen dem Publikum im Saal. „Für mich ist es wichtig, Verantwortung zu übernehmen, nicht nur für mich, sondern für uns alle. Unabhängig von unseren kulturellen Wurzeln haben wir die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass so ein Verbrechen sich niemals wiederholt.“
 

Voneinander lernen

Der zweite Grundpfeiler des positiven Schulklimas des Leibniz-Gymnasiums, besteht in einem „Paten- und Buddy-Projekt“. Dabei helfen Oberstufenschüler Schulanfängern beim Einleben in die Schulgemeinschaft, fungieren als Ansprechpartner bei Problemen und bilden eine Schnittstelle zwischen Lehrern und Schülern. „Das Projekt ist in unseren Augen so gewinnbringend, weil es drei Seiten nützt,“ so Katrin Butzke. „Zum einem den jungen Schülerinnen und Schülern, die einen Ansprechpartner erhalten und durch die Oberstufenschüler aktiv in das Schulleben integriert werden. Zum anderen profitieren die älteren Schülerinnen und Schüler davon, indem sie ihre Sozialkompetenzen und ihren Erfahrungsschatz erweitern. Ebenso wie die Klassenlehrer, die sich über die Unterstützung bei der Verbesserung des Lehr- und Klassenklimas sehr freuen.“
Die positive Erfahrung mit den Paten bei seinem eigenen Schulanfang habe ihn dazu inspiriert, später selber Pate zu werden, erzählte Adnan Arukovic. „Für mich waren die beiden Jahre als Pate sehr bereichernd. Ich bin dadurch in viele neue Situationen geraten und habe neue Erfahrungen gemacht, die ich sonst nicht gemacht hätte.“
 

Ähnliche Erfahrungen in Neapel und Essen

Ein interessanter Erfahrungsaustausch entstand mit den Schülern des Villari-Gymnasiums aus Neapel, deren Schule ähnliche Ansätze wie das Leibniz-Gymnasium verfolgt. Seit einigen Jahre setzt die neapolitanische Schule ein erfolgreiches Peer-Education-Programm ein, bei dem ältere Schüler Jugendlichen mit Migrationshintergrund zur Seite stehen. Weiter organisiert das Gymnasium jährlich eine Klassenfahrt auf die Insel Lampedusa, bei denen Jugendliche aus ganz Europa den mehr als 360 Opfern des Schiffbruchs vom 3. Oktober 2013 gedenken. Wie ihre Essener Kollegen glauben auch die Schüler des Villari-Gymnasiums, dass eine aktive Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte grundlegend ist für eine inklusive Gesellschaft. „Meiner Meinung nach sollten sich alle Schulen mit dem Phänomen der Migration beschäftigen“, so Badr Chouikh vom Villari-Gymnasium. „Wir müssen lernen, dass wir alle Bürger dieser Welt sind. Manchmal vergisst man, anstatt der Grenzen, Menschenleben zu schützen“.

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