Nati dopo l'89

Dresden Dresden | Foto (Detail): © Ignacio Maria Coccia „Ich sehe keine großen Gräben zwischen Ost und West. Ich interessiere mich mehr für Spaltungen innerhalb einzelner Realitäten, zum Beispiel zwischen den reichen und armen Teilen einer Stadt“, erklärt Anne-Kathrin Hartmann, Maskenbildnerin in Dresden, 23 Jahre alt. Hannah Stegmeier, eine achtzehnjährige Studentin aus Bonn, nimmt die Unterschiede zwischen Ost und West nur beim Thema Einwanderung wahr: „Im Westen sind wir seit Jahrzehnten an Einwanderung gewöhnt, im Osten sind sie es weniger. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass in den letzten Jahren zunehmend das Phänomen der Intoleranz aufgetreten ist.“

In Italien ist das Jahr 1989 nicht ganz so präsent. In Triest zum Beispiel erinnert man sich eher an 1991, das Jahr des Zusammenbruchs Jugoslawiens, des ehemaligen Nachbarns. Dieses Ereignis wird besonders bei den jungen Slowenen und Serben der Stadt wahrgenommen. Nikola Sandić, 26, ein Mitglied der serbischen Gemeinschaft, bestätigt das: „Ich war vor Kurzem in Berlin und habe mir eine Ausstellung über 89 angesehen. Das hat mich sehr beeindruckt, denn während die Deutschen und Europäer 1989 optimistisch in die Zukunft blickten, erlebte Jugoslawien das düstere Klima vor dem Krieg.“

In Bari ist 1989 noch weiter entfernt und 1991 ist nicht so sehr in Erinnerung wie in Triest. Für die jungen Menschen hier bildet die Wirtschaftskrise 2008–2009 einen Wendepunkt. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Europa die Menschen nicht mehr wie in der Vergangenheit träumen lässt. Aber es bleibt eine Notwendigkeit. „Heute sehen wir, dass die Werte, wegen denen Europa nach dem Krieg gegründet wurde, von einigen missachtet werden. Wir müssen wachsam sein“, berichtet Agata Otranto, 19, eine Studentin.

Viele andere junge Menschen sind sich einig, dass Europa wichtig ist, mit unterschiedlichen Nuancen. Der Dresdner Architekt Philip Werner, 23, hat angesichts der bürokratischen Schwierigkeiten seiner albanischen Freundin in Deutschland verstanden, wie wichtig es ist, Teil der Europäischen Union zu sein. Riccardo Pilat, ein 23-jähriger Kulturunternehmer aus Triest, träumt von Europawahlen, bei denen er seinen Lieblingskandidaten unabhängig von seiner Nationalität wählen kann. Und schließlich erinnert Luca Carofiglio, ein 22-jähriger Journalist aus Bari, daran, dass Europa für offene Grenzen, aber auch für Herausforderungen und Hindernisse steht.

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