Filmvorführung, Vortrag, Symposium Nebelkosmos: Fujiko Nakaya, Ukichiro Nakaya, Iwanami Film

Fujiko Nakaya. Nebel Leben

Sa, 30.07.2022

13:00 Uhr – 19:30 Uhr

Goethe-Institut Tokyo, Saal

Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Haus der Kunst, München zur Ausstellung "Fujiko Nakaya. Nebel Leben"

 
Reservierung und Kartenkauf über Peatix (in japanischer Sprache)
 
Uhrzeit  Programm
13:00 "Feedback: Die Ideen- und Ausdruckswelten von Fujiko Nakaya", Vortrag von Kenjin Miwa (Abteilungsleiter Bildende Kunst, National Museum of Modern Art, Tokyo)
14:15 Videokunst-Programm mit Werken von Fujiko Nakaya
15:45  Filmprogramm mit Filmen von Iwanami Productions
18:00 Symposium zu „Iwanami Productions“ (Live-Schaltung zwischen München und Tokyo)
Sprecher*innen: Haden Guest (Direktor, Harvard Film Archive), Go Hirasawa (Filmwissenschaftler, Kurator „unrest 62|22“), Takuya Tsunoda (Assistenzprofessor, Columbia University)

Die Künstlerin Fujiko Nakaya ist vor allem bekannt für ihre immersiven Nebelskulpturen, die sich über traditionelle Konventionen hinwegsetzen, indem sie temporäre, grenzenlose Transformationen erzeugen, die das Publikum mit einbeziehen und der Atmosphäre Gestalt verleihen. Ihre erste - im Zuge des damaligen Verständnisses von Bildhauerei bahnbrechende - Nebelskulptur kreierte Nakaya für die Expo in Osaka 1970.

Bereits seit den 1960er Jahren beschäftigte sich Nakaya als Mitglied des New Yorker Kollektivs „Experiments in Arts and Technology“ (E.A.T.) mit Synergieeffekten zwischen Forschung und Kunst. Als Pionierin der Videokunst schuf Nakaya Videoarbeiten, die sich mittels des damals neuen Mediums mit Naturphänomenen sowie der Beziehung zwischen Mensch und Natur auseinandersetzten.

Nakayas Ansatz, wissenschaftliche Forschung in die Sphäre des künstlerischen Ausdrucks einzubinden, wurde nachhaltig geprägt durch ihren Vater, den Physiker und Glaziologen Ukichiro Nakaya (1900-1962), der erstmals künstliche Schneekristalle entwickelte. Außerdem gründete Ukichiro 1939 auch das Nakaya Laboratory, ein Filmstudio für Wissenschaftsfilme, das im folgenden Jahr Teil des renommierten Verlagshaus Iwanami Shoten wurde. 

In Zusammenarbeit mit dem Münchner Haus der Kunst, wo derzeit unter dem Titel „Fujiko Nakaya. Nebel Leben“ die erste umfassende Werkschau Nakayas außerhalb  Japans zu sehen ist, wirft das Goethe-Institut Tokyo im Rahmen von „unrest 62|22“ einen schlaglichtartigen Blick auf einige Koordinaten, die für Fujiko Nakayas künstlerischen Kosmos relevant sind.

PROGRAMMDETAILS


13:00
"Feedback: Die Ideen- und Ausdruckswelten von Fujiko Nakaya" - Vortrag von Kenjin Miwa

Ausgehend von der aktuellen Ausstellung „Fujiko Nakaya. Nebel Leben“ am Haus der Kunst in München beleuchtet Kenjin Miwa, Kurator und Leiter der Abteilung Bildende Kunst am National Museum of Modern Art Tokyo, wie das künstlerische Schaffen Fujiko Nakayas den Bezugsrahmen des „Museums“ und des „Kunstwerks“ produktiv in Frage stellt und erweitert.

Kenjin Miwa ist leitender Kurator am National Museum of Modern Art, Tokyo (MOMAT). Zu seinen wichtigsten kuratorischen Projekten gehören “Gordon Matta-Clark: Mutation in Space” (2018, MOMAT), “Re: play 1972/2015 | Restaging Expression in Film ’72” (2015, MOMAT), "14 Evenings" (2012, MOMAT) and "Waiting for Video: Works from the 1960s to Today" (2009, MOMAT). Zu seinen neueren Veröffentlichungen zählen: ‘Nonsite – Death Valley’ in Works of Robert Smithson exhibited: From “Plastics” (1965) to “Nonsites” (1969) (The National Museum of Modern Art, 2017) und “David Shrigley: Really Good” (Yumiko Chiba Associates, 2017).

14:15
VideokunstProgramm mit Werken von Fujiko Nakaya

London Fog, Fog Performance #03779
“BMW Tate Live Exhibition: Ten Days Six Nights”
Tate Modern, London, U.K.,
In collaboration with Ryuichi Sakamoto (Music), Shiro Takatani (Lighting), Min Tanaka (Dance)
Video and editing: Noriko Koshida

Friends of Minamata Victims—Video Diary
1971–1972, 20 min
“Video Communication: do-it-yourself-kit”
Sony Building, Tokyo, Japan

Statics of an Egg
1973, 11 min
“Tokyo-New York Video Express”
Tenjo-Sajiki Theatre, Tokyo, Japan, 1974

Soji-ji
1979, 18 min
Soji-ji Zen Temple, Kanagawa
“Video Viewpoints”, Museum of Modern Art, New York, U.S.A.

Moss Garden Nicey-sur-Aire, Fog Garden #07172
Nicey-sur-Aire, Lorraine, France, 2011
Camera & editing: Anne-Marie Duguet
 

15:45
Filmprogramm  Iwanami Productions

Fujiko Nakaya’s Vater, der international bekannte Physiker Ukichiro Nakaya, gründete im Jahr 1949 die Nakaya Laboratory Productions, ein Filmstudio für Wissenschaftsfilme, das ab dem Folgejahr als Iwanami Productions in das Verlagshaus Iwanami Shoten überging. Die Iwanami Productions etablierten einen neuen filmischen Stil, der die Subjektivität des porträtierten Gegenstands in den Vordergrund rückte und dabei neue Ausdrucksmittel erprobte. Im Zuge dieser Aktivitäten förderten die Iwanami Productions zahlreiche Regisseur*innen, die später zu prägenden Persönlichkeiten des japanischen Dokumentarfilms der Nachkriegszeit wurden, u.a. Susumu Hani und Sumiko Haneda.

Das Filmprogramm im Goethe-Institut Tokyo präsentiert ausgewählte Produktionen aus dem Iwanami-Programm, das auch im Haus der Kunst zu sehen ist, mit einem Schwerpunkt auf Wissenschaftsfilme, an denen Ukichiro Nakaya beteiligt war.
 

  • Iwanami Productions, Snow Crystals © 記録映画保存センター 
  • Iwanami Productions, Snow Crystals © 記録映画保存センター 
  • Iwanami Productions, Convex Lens © 記録映画保存センター 
  • Iwanami Productions, Children who draw © 記録映画保存センター 
  • Iwanami Productions, Children who draw © 記録映画保存センター 



Programm: 

1.    Convex Lens
Japan, 1950, 17 min, digital(Original 16mm)
Regie:Hachiro Oguchi

“Convex Lens” ist der allererste Film, der unter der Federführung von Iwanami Productions entstand. Der Wissenschaftsfilm wurde mit Unterstützung des Ministeriums für Erziehung und Wissenschaft für die Nakaya Laboratory Productions produziert - dem Vorläufer der Iwanami Productions. Das innovative Werk demonstriert, wie man Lichtstrahlen sichtbar machen kann, indem man Tabakrauch in eine dunkle Kiste hineinbläst. Der Film gehört dem Genre der „Physikfilme“ an, in denen Nakaya experimentelle Physik mit den Mitteln des Films verknüpfte.

2. Snow Crystals
Japan, 1958、14 min, Digital (Original 35mm)
Regie:Chōnosuke Ise

Der 1939 von Yukichiro Nakaya produzierte Film “Snow Crystals” zeigt den Entstehungsprozess des weltweit ersten Kunstschnees und gilt als Meilenstein des Wissenschaftsfilms. Die Version, die im Goethe-Institut Tokyo gezeigt wird, ist ein Remake aus dem Jahr 1949, bei dem im Zuge der Verwendung für die Fernsehserie „Wissenschaft macht Spaß“ von Nippon TV zusätzlich eine Erzählerstimme und Musik hinzugefügt wurden.

3. Ice Columns
Japan、1960, 14 min、Digital(Original 16mm)
Regie: Shōichi Tomizawa

„Ice Columns“ entstand ebenfalls als Teil der Serie „Wissenschaft macht Spaß“ des Fernsehsenders Nippon TV. Unter innovativer Verwendung einer Zeitraffer-Kamera zeigt der Film das Wachstum von Eissäulen. Der Lehrfilm für Kinder in der Grund- und Mittelschule fand auch unter Erwachsenen große Verbreitung.

4.    Children Who Draw
Japan, 1956, 39 min, Digital
Regie:Susumu Hani

"Children Who Draw" ist ein Schwarz-Weiß-Dokumentarfilm, der einen jungen Lehrer, bei seinem Kunstunterricht begleitet und aus seiner Perspektive die Dynamik innerhalb einer Schulklasse beschreibt. Die Filmaufnahmen konzentrieren sich zunächst auf einzelne Kinder, die Bilder mit Buntstiften und Wachsmalkreide anfertigen. Eine Erzählstimme beschreibt, wie sie zeichnen und wie sich im Verlauf des Schuljahrs ihre Kreativität, auch in anderen künstlerischen Techniken, immer freier entfaltet. Es zeigt sich eine Wechselwirkung zwischen der Entwicklung im Unterricht und dem Verhalten der Kinder in anderen Kontexten, wie zum Beispiel bei Spiel und Sport. Aus der Komposition und Bildsprache der Zeichnungen zieht der Lehrer Rückschlüsse über die Psyche und den Charakter seiner Schüler*innen.
 

18:00
Symposium zu Iwanami Productions 
Live-Schaltung zwischen dem Haus der Kunst (München) und dem Goethe-Institut Tokyo

Die von Ukichiro Nakaya gegründeten Iwanami Productions haben nicht nur in der japanischen Filmgeschichte der Nachkriegszeit, sondern auch im internationalen Kontext eine wichtige Rolle gespielt. Bei dem Symposium diskutieren Haden Guest, Leiter des Harvard Film Archive und Kurator des Iwanami Filmprogramms am Haus der Kunst, sowie die Filmwissenschaftler Go Hirasawa und Takuya Tsunoda über Ukichiro Nakayas Ansatz der Verknüpfung von Wissenschaft und Kunst und dessen Effekte auf die Erneuerung filmischer Ausdrucksformen.

SPRECHER

Haden Guest ist Direktor des Harvard Film Archive, wo er die Programme der Cinematheque sowie die Film- Fotografie- und Schriftensammlung kuratiert. Weiterhin gestaltete er Filmprogramme u.a. für die Viennale, die Internationalen Oberhausener Kurzfilmtage sowie die Gulbenkian Stiftung und Museum in Lissabon. Als Dozent in der Filmabteilung der Harvard Universität unterrichtet er Filmgeschichte und Archivpraxis. Er erwarb einen Doktorgrad in Filmgeschichte an der University of California, Los Angeles. Derzeit schreibt er eine kritische Geschichte des portugiesischen Kinos nach der Nelkenrevolution 1974.

Go Hirasawa ist Kurator und Researcher an der Meiji Gakuin University. Sein Spezialgebiet sind Underground und Experimentalfilme sowie Avantgardebewegungen der 1960er und 1970er Jahre in Japan. Zu seinen bisherigen Publikationen gehören Fassbinder (Tokyo, 2005), Cultural Theories: 1968 (Tokyo, 2010), Koji Wakamatsu: Cinéaste de la Révolte (Paris, 2010), and Japanese Expanded Cinema and Intermedia: Critical Texts of the 1960s (Berlin, 2020), among others. Er kuratierte und organisierte Filmprogramme des japanischen Avantgarde- und Undergroundkinos unter anderem the Cinematheque Francaise, The Museum of Modern Art, New York, der Tate Modern, dem Rotterdam International Film Festival and dem Goethe-Institut Tokyo.

Takuya Tsunoda ist Assistenzprofessor mit Schwerpunkt japanisches Kino und Medien in der Abteilung für ostasiatische Sprachen und Kulturen der Columbia University. Seine Forschung konzentriert sich auf das Zusammenspiel zwischen Institutionen und Medien, Technologien und soziokulturellen Praktiken, verschiedener Modi von Reflexivität, Wissenschaft und materieller Kultur, sowie Repräsentation und Wissensformationen. Er arbeitet derzeit an einem Buch über die Geschichte audiovisueller Erziehung und ihrer Beziehung zu den neuen Kinobewegungen der 1960er Jahre in Japan.

 

 

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