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Irena Veisaitė
Preisträgerin der Goethe-Medaille 2012

Irena Veisaite
Irena Veisaite | © Goethe-Institut/Martynas Kundrotas

Irena Veisaitė war eine der herausragenden litauischen Intellektuellen. Als Jüdin in Litauen von den Nazis verfolgt, setzte sie sich zeitlebens für Versöhnung und den Kulturdialog mit Deutschland ein, so die Auswahlkommission. Sie habe sich unter Lebensgefahr immer für Kultur stark gemacht. Das Wort sei für sie Lebensstrategie. Für ihr Lebenswerk als treibende Kraft im deutsch-litauischen Kulturaustausch, ihre Kreativität und ihren politischen Mut auch Unbequemes anzusprechen, wurde Irena Veisaitė 2012 mit der Goethe-Medaille geehrt.


Irena Veisaitė wurde 1928 in Kaunas geboren und wuchs als litauische Patriotin auf. Jiddisch war die Sprache ihrer Grundschule, zuhause mit den Eltern sprach sie Litauisch, Russisch und Deutsch. Die Schulzeit sollte für Irena Veisaitė nur kurz dauern. Nachdem Litauen im Juni 1941 von den Nazis besetzt wurde, kam sie in das Ghetto von Kaunas. Ihre Mutter wurde im Juli 1941 ermordet. 1943 konnte sie aus dem Ghetto fliehen und überlebte in Vilnius, wo sie unter falscher Identität lebte und in einem Waisenhaus arbeitete. Obdach gab ihr ihre zweite Mutter, die selbst 1946 verhaftet und nach Sibirien deportiert wurde.
 
Preisträgerin Irena Veisaite im Porträt. Ein Film von Maren Niemeyer

Die zweite sowjetische Okkupation bedeutete für Irena Veisaitė Befreiung, aber sie wurde auch von der sowjetischen Sicherheitspolizei verfolgt. Ihr wurde geraten, aus Vilnius zu fliehen. So ging sie nach Moskau, wo sie Verwandte hatte und Germanistik studierte. 1963 schloss sie in Leningrad mit der Dissertation über die späte Lyrik Heinrich Heines ab. Von 1953 bis 1997 war sie Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Vilnius, wo sie westeuropäische und deutsche Literaturgeschichte unterrichtete. 62 Jahre war Irena Veisaitė alt, als Litauen im Jahr 1990 seine Unabhängigkeit wiedererlangte. 1999 wurde ihr die Ehrenprofessur von der Pädagogischen Universität Vilnius verliehen. Sie veröffentlichte über 200 Artikel in der litauischen und ausländischen Presse, ist Mitautorin zahlreicher Lehrwerke und Herausgeberin einiger Bücher.

Im wiedererrichteten litauischen Staat übernahm Irena Veisaitė die Aufgabe, den litauischen Standort der Soros-Stiftung (Open Society Institute) zu gründen und aufzubauen. Sie war bis zu ihrem Tod in internationalen Netzwerken der Kulturarbeit aktiv – unter anderem für die Soros-Stiftung sowie für weitere Institutionen. Als Rednerin war sie auf internationalen wissenschaftlichen und politischen Konferenzen sehr geschätzt. Veisaitė war Mitgründerin des Thomas-Mann-Kulturzentrums in Nidden sowie bis 2011 Kuratoriumsmitglied des Thomas-Mann-Festivals, an dem sie sich aktiv beteiligte. Außerdem war sie in den Jahren 2011 und 2012 die Schirmherrin des Wettbewerbs „Jugend debattiert international“ in Litauen. Irena Veisaitė starb 2020 in Vilnius im Alter von 92 Jahren.
 
  Mit viel Mut und Hingabe hat Irena Veisaitė sich in den letzten Jahrzehnten in der Kulturszene von Vilnius für die Vernetzung mit deutschen Kulturorganisationen eingesetzt und nach der Unabhängigkeit Litauens viele Projekte des Kulturaustauschs initiiert. Als Holocaust-Überlebende setzte sie sich aktiv für Aussöhnung ein und baute so eine Brücke zum jungen jüdischen Litauen. Veisaitė ist immer für Versöhnung und Zusammenarbeit eingetreten und hoffte auf einen gemeinsamen jüdisch-litauischen Blick auf die Geschichte. „Fremdsprachen haben mein Schicksal entscheidend geprägt“, sagte sie einmal. Veisaitė, die sehr gut Deutsch, Litauisch, Russisch, Englisch und Jiddisch sowie auch Polnisch, Französisch und Estnisch sprach, ist ein beeindruckendes Beispiel für Mehrsprachigkeit.
 

Auszeichnungen

 

  • 1995 Gediminasorden der Republik Litauen (vergleichbar mit dem Bundesverdienstkreuz)
  • 2003 Ehrentitel „Person der Toleranz“ des Jahres des Sugihara-Fonds
  • 2006 Barbara-Radvilaitė-Medaille für besondere Verdienste in Kultur und Bildung
  • 2008 Ehrenzeichen des litauischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft für den Beitrag zur Entwicklung von litauischer Bildung und Forschung
  • 2012 Goethe-Medaille des Goethe-Instituts für ihr Lebenswerk als treibende Kraft im deutsch-litauischen Kulturaustausch, ihre Kreativität und ihren politischen Mut auch Unbequemes anzusprechen
  • 2012 Ehrenzeichen „Trage dein Licht und glaube“ des litauischen Kulturministeriums für die Stärkung des Dialogs, für die Förderung der nationalen und religiösen Verständigung sowie den Beitrag zur Entwicklung der nationalen Souverinität und humanitärer Werte
  • 2015 Preis für Kultur und Kunst der litauischen Regierung
  • 2018 Orden „Für Verdienste um Litauen“ (Großkomtur)
  • 2019 Auszeichnung mit dem Ehrentitel „Mensch des Grenzlands“ der Völker-, Kulturen- und Kunststiftung „Grenzland“ der Republik Polen in Sejny
  • 2020 Große Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland

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