Architektur
Kukšu muiža: Alte Pracht in neuem Glanz

Gut Kukschen (Kukšu muiža)
© Arina Soltnzeff

Zahlreiche Herrenhäuser hinterließen die einst in Lettland vorherrschenden Deutschbalten. Jahrzehntelang unbeachtet und dem Verfall überlassen, erfreuen sie sich nun neuer Beliebtheit – auch dank eines deutschen Liebhabers.

Von Alexander Welscher

Einst Symbol der Unterdrückung, heute Teil des zu bewahrenden Kulturerbes: Mehr als 1000 Herrenhäuser und Gutshäuser erinnern in Lettland an die wechselvolle Geschichte. Errichtet wurden sie von deutschbaltischen Adelsfamilien, die seit dem Mittelalter als Oberschicht die Politik und Kulturgeschichte des Ostseestaats geprägt haben. Die einstigen Anwesen des Landadels sind in unterschiedlichem Zustand – viele davon sind baufällig. Doch immer mehr werden restauriert und erleben eine stilvolle Wiedergeburt als Museen, Restaurants oder Hotels.

„Als ich das Haus zum ersten Mal sah, war es eine Ruine", erinnert sich Daniel Jahn bei einem Rundgang durch das Gut Kukschen (Kukšu muiža). Dennoch fand der deutsche Hotelier, der seit den frühen 1990er Jahren in Lettland lebt, sofort Gefallen an dem Gebäude. Für 18 000 US-Dollar erwarb er das erstmals 1530 schriftlich erwähnte Herrenhaus, in dem auch die Mutter des Schriftstellers Werner Bergengruen geboren wurde.

Jahn investierte sieben Jahre, mehrere Millionen Euro und viel Herzblut, um das Gutshaus wieder in alter Pracht erstrahlen zu lassen. Die originale Substanz wurde dabei weitestgehend erhalten und denkmalgerecht restauriert. Prunkvoll und mit Liebe zum Detail eingerichtet, ermöglicht Kukšu muiža heute einen Einblick in die Lebensweise des deutschbaltischen Adels, der im 18. Jahrhundert mit dem Bau imposanter Herrenhäuser begonnen hatte.

Mit der Revolution von 1905, die Teil eines Umsturzversuches im damaligen Russischen Zarenreich war, begann allerdings deren Niedergang – viele Landsitze wurden gebrandschatzt. Nachdem Lettland 1918 seine Unabhängigkeit errungen hatte, verlor die Aristokratie ihre Privilegien und ihr Besitz wurde enteignet. Abgesehen von denjenigen Gutshäusern, die als Dorfschulen oder Heime abgenutzt und zu Sowjetzeiten auch anderweitig zweckentfremdet wurden, verfiel ein Großteil der historischen Gebäude.

Dank Liebhabern wie Daniel Jahn und anderer Privatinvestoren erwacht nun aber wieder neues Leben in den alten Gemäuern. Auch engagieren sich die Nachfahren der nach der Umsiedlung 1939 aus Lettland über alle Welt verstreuten Deutschbalten für die geschichtsträchtigen Bauten.

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