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YOPE - Das neue Jugendmagazin

Das neue Jugendmagazin
Foto: YOPE

Ute Mattigkeit betreut die Entwicklung eines multimedialen Magazins für junge Erwachsene in Myanmar. An einem ersten Formatworkshop Anfang November nahmen 20 junge burmesische Journalisten des Verlagshauses Mizzima in Yangon teil.
 

Ute Mattigkeit betreut die Entwicklung eines multimedialen Magazins für junge Erwachsene in Myanmar. An einem ersten Formatworkshop Anfang November nahmen 20 junge burmesische Journalisten des Verlagshauses Mizzima in Yangon teil.
 

Ute Mattigkeit, können Sie und einen kurzen Rückblick auf das Seminar geben?

Im Rahmen eines ersten Workshops haben wir gemeinsam recherchiert und überlegt, welche Eckpunkte das neue Format haben könnte. Es war hochinteressant. Die Kollegen haben zum Beispiel eine Altersgruppe zwischen 13 und 18 nach ihren Interessen befragt. Sowohl Frauen als auch Männer bzw. Mädchen und Jungen. Auffällig war, dass sich diese Altersgruppen für ganz ähnliche Dinge interessieren wie bei uns in Europa: Musik, Fashion und Schauspieler zum Beispiel. Themen also, die wir unter dem Begriff „Stars und Celebrities“ zusammengefasst haben. In diesem Alter ist es ja normal, dass man sich an solchen Vorbildern orientiert. Diese Vorbilder kommen in Myanmar übrigens nicht aus dem Westen. Beliebt sind vor allem koreanische Popstars und Schauspieler.
Das zweite wichtige Thema ist Sport. Auch das deckt sich mit den Erfahrungen, die wir in der Zielgruppe in Deutschland machen. Eine weitere wichtige Kategorie haben wir unter den Schlagworten „Technik und Zukunft“ zusammengefasst. Hier spielen unter anderem die Themen Bildung und Ausbildung rein. Vor allem die Fragen: Was für einen Job will ich machen? Wie will ich mein Leben gestalten? Womit kann und will ich Geld verdienen? Was ich sehr interessant fand, war, dass viele Teenager von sich aus erwähnt haben, dass sie sich für Politik interessieren. Sofern diese etwas mit ihnen und ihrer Lebenswelt zu tun hat. Das ist schon etwas Besonderes.
 
Nach dieser ersten Kategorisierung auf Basis von Zielgruppeninterviews haben wir bereits über mögliche Themen diskutiert, die für die Zielgruppe spannend sein könnten. Dabei hat sich deutlich gezeigt, dass die ursprünglich von Mizzima angedachte Zielgruppe – Teenager zwischen 13 und 18 Jahren - nicht funktionieren wird. 13-jährige sind gerade in der Pubertät. Manche von ihnen sogar noch Kinder. 18-jährige sind hingegen schon erwachsen, haben ganz andere Interessen, Meinungen und Wünsche. Aus diesem Grund haben wir im Workshop gemeinsam beschlossen, dass die Zielgruppe höher ansetzen muss - also ab 16 Jahren ins junge Erwachsenenalter hinein. Genau in dieser Lebensphase passiert ja sehr viel: Ausbildung, erste Liebe, erste Beziehung, vielleicht den Partner fürs Leben finden oder auch schon Kinder bekommen. Wir werden also ein junges Format entwickeln, aber kein Teenager-Magazin. Wichtig ist, dass wir eine moderne Art von Storytelling anstreben. Stories werden von Anfang an 360 Grad konzipiert - das bedeutet sowohl für TV als auch für online und mobile Auftritte. Vor allem aber dort, wo sich die Zielgruppe aufhält. Facebook etwa. In diesem Rahmen könnte dann zum Beispiel eine Story auf Facebook auch etwas anders aussehen als für die TV-Ausgabe. Wichtig ist, dass wir das Feedback von Usern ernst nehmen und, dass sich ihre Anregungen auch in den Stories widerspiegeln.   
 
Was Sie jetzt angesprochen haben greift einige Aspekte des neuen „Heute+“ Formates des ZDF auf. Wie gestaltet sich das Angebot für diese junge Zielgruppe in Deutschland? Wo liegt heutzutage der Schwerpunkt der deutschen Medienwelt?

Es gibt eigentlich keine homogenen Zielgruppen mehr. Wahrscheinlich ist übrigens, dass es sie nie gegeben hat. Man hat einfach produziert und Nachrichten gemacht, in der Hoffnung, dass möglichst viele zugucken. Aber durch die Interaktion mit Usern in sozialen Netzwerken bekommen wir sehr viel stärker mit, was Menschen bewegt und interessiert. Es zeigt sich deutlich, dass die für Quotenmessung und Werbebuchungen relevante Zielgruppe 19 bis 49 als Einheit nicht existiert. Moderne Zielgruppen sind sehr viel spezifischer und sehr heterogen. Daher muss man viel gezielter auf einzelne Zielgruppen eingehen und das passiert gerade auch in Deutschland. Unter anderem deswegen ist beim ZDF zum Beispiel das neue Nachrichtenformat „heute+“ entwickelt worden. Es gibt neue Onlineformate wie „Bento“. Die Süddeutsche überarbeitet „jetzt.de“. Mit solchen Formaten bemüht man sich, Nachrichten oder besser Geschichten noch spezieller für eine junge Zielgruppe zu konfigurieren und zu erzählen. Junge Zielgruppen können sie mit klassischen TV-Nachrichten nicht mehr erreichen. Schon allein deshalb nicht, weil sie Nachrichten dann konsumieren, wann sie wollen und Zeit haben. Also eher nicht Punkt 19 Uhr wie die ZDF heute-Nachrichten oder 20 Uhr wie die ARD tagesschau. 
 
Sie arbeiten seit Jahren mit verschiedenen Goethe Instituten zusammen und sind u. a. sehr aktiv in Südostasien: Was macht die Region für Sie interessant. Besonders hinsichtlich der Medienwelt?

Was ich in Südostasien wirklich bemerkenswert finde, ist der Digitalisierungsgrad der Gesellschaften. Die Smartphoneabdeckung ist sehr hoch. In Südostasien findet sich ein gigantisches User-Potenzial. Man kann Millionen von Menschen erreichen, wenn man Smartphones bzw. soziale Netzwerke als Medienkanäle nutzt. Die Mehrheit der Bevölkerung ist jung. In der Zielgruppe bis 12 Jahre zum Beispiel kann man theoretisch mehr als 50 Millionen Kinder erreichen. Überall schlummert großes Marktpotenzial. Das fasziniert mich. Wir trainieren hier zwar im NGO-Bereich. Ich bin aber auch selbst Medienunternehmerin und finde die Märkte hier sehr spannend. Das alte klassische Fernsehen in den einzelnen Ländern hier liefert nicht die Inhalte, die sich die Menschen heute wünschen. Und viele Menschen vertrauen den Sendern nicht, weil diese häufig auch instrumentalisiert werden.  
 
Wie geht es jetzt konkret weiter mit dem Projekt? Inwiefern sind Sie noch beteiligt?

Der Workshop hat geholfen, die Rahmenbedingungen zu definieren. Nun können wir die nächsten Schritte planen. Zunächst werden unsere burmesischen Kollegen einen Piloten produzieren – mit unserer Unterstützung. Dafür werden wir im März ein internationales Trainerteam nach Myanmar bringen. Das grundsätzliche Konzept verfolgt zwei Ebenen. Zum einen: „Consulting on production“. Geplant sind die Ausbildung von Videojournalisten und eine intensive Formatentwicklung. Außerdem werden wir unsere burmesischen Kollegen auch beim Multimedia-Design unterstützen. Dafür wird extra ein Designer aus Deutschland kommen und den Entwicklungsprozess kreativ beraten. Denn gutes Design spielt heute eine extrem wichtige Rolle.

Die zweite Ebene ist eine durchaus geschäftliche Ebene. Wie kann Mizzima das ambitionierte Format langfristig ohne Trainerunterstützung produzieren? Das Format muss also irgendwann erfolgreich sein. Wir werden gemeinsam Meilensteine definieren und diese auch immer wieder überprüfen. Wie müssen wir die Erfolgsziele definieren und in welchem Zeitraum können wir diesen Erfolg erreichen? Das wird ein interessanter Prozess.