Jugendfilm Coconut Hero

Als er Miranda trifft, scheint sich alles zu ändern Foto: UFA Fiction GmbH

Mi, 25.03.2020

19:30 Uhr

Goethe-Institut Peru

Der 16-jährige Mike Tyson hat sein Leben satt.

Regie: Florian Cossen, Farbe, 101 Min., 2014/15

Der 16-jährige Mike Tyson hat sein Leben satt. Der kleine verödende Ort im Norden Kanadas geht ihm genauso auf die Nerven wie die nörgelnde Mutter; den Vater kennt er nicht. Mikes Selbstmordversuch schlägt zwar fehl, doch die Ärzte diagnostizieren einen Gehirntumor. Der Junge, der sich nach dem Tod sehnt, will sich auf keinen Fall operieren lassen. Mike lernt seinen Vater kennen, das hilft ihm wenig, schon wegen der Interventionen seiner Mutter. Als er Miranda trifft, scheint sich alles zu ändern.

Bevor sich der 16-jährige Mike Tyson in den Kopf schießt, gibt er noch seine eigene Todesanzeige auf und sieht sich „als Blume, die nie hätte gepflanzt werden dürfen“. Das Leben in dem verödenden Ort in Norden Kanadas geht ihm genauso auf die Nerven wie Cynthia, seine ständig nörgelnde Mutter. Nach dem Selbstmordversuch wacht Mike im Krankenhaus auf; Cynthia ignoriert den Rat der Ärzte und bringt ihren Sohn geradewegs in die Schule. Dort ist der Junge ein verlorener, manchmal auch verlachter Einzelgänger, er hat keinen Freund und erst recht keine Freundin. Nachts betet er zu Jesus um Erlösung: „Ich will tot sein!“ Die Erfüllung des Wunsches rückt unerwartet näher, als Mike von seinem Gehirntumor erfährt. Kategorisch lehnt er eine Operation ab. Die Diagnose verändert das Leben des Jungen; in der Schule lässt er sich nichts mehr gefallen und wird vorübergehend suspendiert.

Mike bereitet sich weniger auf den Tod als auf die Zeit danach vor; er schaut sich bei einem Bestatter Särge an, testet, wie man darin liegt, steigt auch in ein offenes Grab und will eine letzte Ruhestätte für sich allein. Schließlich baut er seinen Sarg selbst, mit geklauten Brettern vom Sägewerk, in dem seine Mutter arbeitet. Ein Sozialarbeiter vom Jugendamt rät ihm zu einer Therapie, Mike willigt ein, vielleicht nur, weil seine Mutter dagegen ist. In der Therapie, mit Gymnastik und Tanz, lernt Mike die junge Therapeutin Miranda kennen; überraschend trifft er sie bei seiner Mutter, die nebenbei als Friseuse zusätzliches Geld verdient. Wenn Mike Miranda die Haare wäscht, scheint er schon etwas zu spüren von dem, was ihn am Leben erhalten könnte. Es sind die ersten zärtlichen Momente des Films.

Überraschend taucht Mikes verschollener Vater Frank auf, er hatte die Todesanzeige seines Sohns gelesen. Mike kann den Mann erst identifizieren, als ihn seine wütende Mutter mit der Flinte in der Hand aus dem Haus weist. Frank unternimmt einige eher vergebliche Versuche, eine Beziehung zu seinem Sohn aufzubauen. Der erbitterte Streit der Eltern versperrt den Weg, Mike steht hilflos dazwischen und haut einfach ab. Er hinterlässt ihnen eine knappe Botschaft: „Ihr habt kein Recht, über mein Leben zu entscheiden! Es ist mein Leben!“

Zu Fuß auf einer einsamen Landstraße, trifft Mike auf Miranda; ihr Pickup hat eine Panne. Mike hilft ihr nur unter der Bedingung, dass sie ihn mitnehmen und weit weg bringen würde. Nachts überfährt Miranda ein Reh. Sie schaufeln ein Grab und legen sich erst einmal selbst hinein. Sie verbringen die Nacht in Mirandas Zelt. Der Nachthimmel ist wunderschön. Miranda sieht in der Formation einiger Sterne das Wort „Hello“; Mike kann nur ein „Hell“ erkennen. Am nächsten Tag rasten sie an einem kleinen Waldsee. Miranda geht nackt schwimmen, Mike folgt ihr. Im Wasser – dem Ort allen Ursprungs – kommen sich die beiden näher. Wenig später wird Miranda von einem Auto erfasst; Mike bringt sie ins Krankenhaus, dort kommt jede Hilfe zu spät. Er ist untröstlich, hat aber gelernt, wie kostbar ein Leben sein kann. Das von Miranda und auch sein eigenes.

Leicht hätte diese Geschichte zum tristen Melodram werden können, Florian Cossen inszeniert sie eher schwerelos, kämpft mit Humor gegen die Tragik an und erzählt in einer sehr eindringlichen, ruhigen Tonart eine keineswegs deprimierende Geschichte über Schwierigkeiten und schmerzhafte Erfahrungen beim Erwachsenwerden. Auch wenn es um Motive wie Selbstmord und Krebs geht. Florian Cossen: „Wir wussten, dass wir uns auf dünnem Eis bewegen, deswegen haben wir uns im Vorfeld intensiv mit dieser Thematik beschäftigt und bei der Recherche auch viel mit Betroffenen gesprochen. Die bisherigen Reaktionen des Publikums fallen ausgesprochen positiv aus. Wer sich mit diesem Thema auseinandersetzt, wird früher oder später darauf kommen, dem unfassbaren Schrecken mit Humor zu begegnen und vielleicht damit versuchen, den Alltag zu bewältigen.“

Biografie

Florian Cossen wurde 1979 in Tel Aviv geboren. Er ist aufgewachsen in Montreal, Barcelona und Bonn. 1999/2000 absolvierte er Praktika im Bereich Regie, Story & Development und Produktion in Köln und Costa Rica. Von 2002 bis 2009 folgte ein Regiestudium an der Filmakademie Baden-Württemberg Ludwigsburg. Stipendien führten Cossen auch nach Los Angeles und Buenos Aires.


Filmografie

2002 STILLER OZEAN (Kurzfilm)
2004 EISTAG (Kurzfilm)
2005 WOLFSNACHT (Kurzspielfilm)
2009/10 DAS LIED IN MIR
2015 COCONUT HERO

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