Generation Z
Digital Natives erobern Arbeitsmarkt

Multitasking
Multitasking | Bild: Lemberg Vector studio © Colourbox

„Generation Z“ wird sie in den Medien genannt, die auf die „Millennials“ folgende Generation. Aber über was sprechen wir eigentlich, wenn wir uns auf diese Generation beziehen?

Bruno Garcia schält einen Sellerie, der so lange gegrillt wurde, bis seine Schale vollständig schwarz war. „Danach wird er mit Brotteig bedeckt und bei 180 Grad drei Stunden lang im Backofen gebacken“, erklärt er. Der 20-Jährige arbeitet im Restaurant Porto de Santa Maria am Guincho als Koch und weiß genau, was er in 15 Jahren sein möchte: Chefkoch eines Restaurants. „Dafür arbeite ich jeden Tag.“ Doch noch gibt nicht er die Anweisungen, sondern sein Chef, der unser Gespräch unterbricht und Bruno bittet, eine Meeresfrüchteplatte zuzubereiten.
 
Vor seinem Studium an der Hotel- und Tourismusfachschule in Lissabon hatte Bruno auch mit dem Gedanken gespielt, Sportphysiotherapeut zu werden. „Meine Eltern kamen immer spät nach Hause und ich musste das Abendessen zubereiten.“ Er arbeitet von 10 Uhr bis 15.30 Uhr und von 18.30 Uhr bis 23.30 Uhr. Doch seine Arbeitszeit kann er selten einhalten. Oft steht er zehn, elf Stunden am Tag in der Küche. Bereits im Alter von 16 Jahren begann er, bei Hochzeiten und Tauffeiern als Kellner zu arbeiten; vielleicht schreckt er deshalb vor der Arbeit nicht zurück. Den meisten seiner Altersgenossen bescheinigt er hingegen weniger Einsatz. „Ich glaube, dass sie immer fauler werden und dass ihnen alles in den Schoß fällt."
 
Bruno wurde 1997 geboren und gehört damit zu den über 2,5 Millionen jungen Portugiesen, für die sich die Bezeichnung „Generation Z“ bzw. „Post-Millennials“ eingebürgert hat (dass diese Zuordnungen nicht linear sind, werden wir noch sehen). Die Geburtsjahrgänge 1995 bis 2012 kennen keine Welt ohne Internet: 99 % der 16- bis 24-Jährigen nutzen nach Angaben von Pordata und dem portugiesischen Statistikinstitut das Internet. Die sozialen Netzwerke als „normale“ Art der Beziehungs- und Kontaktpflege gehören für sie schon immer zum Alltag.
 
Die ältesten Mitglieder dieser „Generation Z“ sind heute 23 Jahre alt und strömen nun auf den Arbeitsmarkt (33,9 % der erwerbstätigen Bevölkerung Portugals ist jünger als 25 Jahre). Im Gegensatz zu den „Millennials“, die in einer Zeit größeren Wohlstands aufgewachsen sind, wurde die „Generation Z“ Zeuge, wie ihre Eltern gegen die Finanzkrise kämpften, und erlebte Zeiten echter Einschränkung. Man sagt, dass das Wort „Stabilität“ für sie nicht dasselbe Gewicht hat. Auch wird dieser Generation nachgesagt, dass viele es einmal bevorzugen werden, ihren Unternehmergeist als Freelancer auszuleben und auf eigenes Risiko zu arbeiten, anstatt sich in Hierarchien einzugliedern. Und dass sie enorm anpassungsfähig sind, insbesondere im Umgang mit neuen Technologien. Aber stimmt das wirklich? 

Die Ideologie des Generationendenkens

Vítor Sérgio Ferreira, Soziologe am Sozialwissenschaftlichen Institut der Universität Lissabon, stellt die Vorstellung einer von den „Millennials“ unterschiedenen „Generation Z“ in Frage. Die Definitionen „stammen aus der Pop-Literatur und finden sich in Marketing-Studien“, welche die Jugendlichen als „natürliche Konsumenten“ von gewissen Produkten über einen Kamm scheren möchten. „Es ist kaum vorstellbar, dass in einem so kurzen Zeitraum solch tiefgreifende Veränderungen eingetreten sein sollen.“ Dennoch stellt er die Hypothese auf, dass „in den letzten 15 Jahren Veränderungen eingetreten sind, welche – aufgrund der Digitalisierung der Welt und des Alltags – alle Voraussetzungen für die Hervorbringung einer neuen Generation bieten.”
 
Auch das Phänomen des Denkens in Generationen ist eine Tatsache. „Man möchte, dass die Jugendlichen mit bestimmten Werten und einem bestimmten Konsumverhalten in Verbindung gebracht werden, und damit etwas als Natur bzw. gegeben erklären, was nicht Natur sein kann.“ Mit anderen Worten: Die prekäre Arbeitssituation und fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten sollen mit einer unterstellten Veranlagung dieser Generation zur Mobilität und zum Erwerb „neuer Erfahrungen“ verschleiert werden. Der Soziologe weist auf eine „gewisse Ideologie der Gleichheit hin, welche die durch die Digitalisierung vermittelten Beziehungen durchdringt“: Schon ist nicht mehr von „Arbeitern“ die Rede, sondern von „Mitarbeitern“, und „es scheint, als ob es keine Führungskräfte mehr gäbe. Die gibt es aber."
 
Im gleichen Sinne ist es gefährlich, darauf zu bestehen, dass diese Generation eine Generation von Unternehmern sein wird, denn der sozioökonomische Kontext spielt immer eine entscheidende Rolle – es ist einfacher, ein Unternehmen zu gründen, wenn man das nötige Kleingeld dafür hat. „Diese Art von Diskurs macht das Individuum für seinen Misserfolg verantwortlich, nicht aber die soziale Struktur: Er hat keinen Job gefunden, weil er nicht genügend Unternehmergeist hat, anstatt Er hat keinen Job gefunden, weil es keine gibt.
 

Eine frechere Generation?

Camila Botelho, geboren 1995, verbrachte ihre Kindheit noch ohne Tablet und Smartphone. Sie studierte BWL und arbeitet in einer internationalen Unternehmensberatung (deren Namen sie hier nicht nennen möchte). Mit 25 bis 35 Jahren ist das Durchschnittsalter der knapp 3.000 Beschäftigten niedrig. Camila arbeitet zwischen zehn und zwölf Stunden am Tag. „Ich möchte etwas tun, das positive Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Es soll etwas mit Technologie zu tun haben, vielleicht mit Bildung“, sagt sie. Ein sechsmonatiges Volontariat in Osttimor hat sie bereits hinter sich. Ihre berufliche Karriere wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ins Ausland führen, wie viele ihrer Freunde auch. „Wir sind globaler, in dem Sinn, dass wir keine Angst vor der Fremde haben und sogar einen gewissen Ehrgeiz, im Ausland zu arbeiten. Wir sind uns auch bewusst, dass dieser Schritt wahrscheinlich gleich zu Beginn unserer Karriere ansteht.“ Diese Haltung verschafft ihrer Generation ihrer Ansicht nach „einen offeneren Blick auf die Welt“.
 
„Heute arbeitet man nicht mehr sein ganzes Leben lang in derselben Firma, wie das in der Generation meiner Eltern üblich war“, sagt Camila. „Aber auf uns lastet ein größerer Druck in Bezug auf die Ausbildung: Am Master führt kein Weg mehr vorbei. Früher war der Master ein Mehrwert, aber kein Muss.“ Das bedeutet nicht, dass die junge Generation kompetenter ist, aber „da wir später in das Arbeitsleben eintreten, kommen wir mit einer anderen Reife und mehr Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt an. Wir sind flexibler. Vielleicht ꞌfrecherꞌ. Die Uni verlassen wir mit großem Selbstvertrauen und Ehrgeiz. Wir denken, dass wir schon sehr viel wissen. “Die Folge: eine gewisse Auflösung der Hierarchien, was für Camila auch ein Grund dafür ist, dass „die Unternehmen weniger bürokratisch und agiler werden, aufgrund des schnellen Wandels der Technologien und der Notwendigkeit, sich kontinuierlich anzupassen, um mit dem Wandel Schritt zu halten.“
 
Sind die Arbeitnehmer wirklich autonomer und weniger autoritätsgläubig? Noch einmal, „man kann nicht pauschalisieren“, antwortet der Soziologe. „Um weniger gehorsam zu sein, braucht es ein Umfeld, in dem das möglich ist."