Diskussionsrunde 30 Jahre Mauerfall, 45 Jahre Nelkenrevolution

Quo vadis, Europa? © shutterstock

31.10.2019, 19:00 Uhr

Goethe-Institut Lissabon

Im Rahmen der Reihe „Quo vadis, Europa?“

Am Donnerstag, den 31. Oktober findet um 19:00 Uhr die Debatte 30 Jahre Mauerfall, 45 Jahre Nelkenrevolution im Rahmen der Diskussionsreihe Quo vadis, Europa? im Auditorium des Goethe-Instituts in Lissabon statt.
 
Wenige Tage vor dem 30. Jahrestag des Falls der Mauer in Deutschland diskutieren die deutsche DDR-Aktivistin, Politikerin und ehemalige Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Marianne Birthler und die portugiesische Historikerin Irene Flunser Pimentel über den Umgang mit der Geschichte und ihr Fortwirken bis in die Europäische Gegenwart. Die Moderation übernimmt Reinhard Naumann, Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Portugal.
 
2019 ist nicht nur der 30. Jahrestag des deutschen Mauerfalls, sondern auch das 45. Jubiläum der portugiesischen Nelkenrevolution, die der Diktatur des „Estado Novo“ ein Ende bereitete. 
 
Ungeachtet der Unterschiede zwischen den beiden Systemen, deren Ende diese Daten markieren, stellt sich in Deutschland wie in Portugal bis heute die gleiche Frage: Wie gehen wir mit der diktatorischen Vergangenheit um?
 
40 Jahre lang existierte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) neben der Bundesrepublik Deutschland als zweiter deutscher Staat, getrennt durch bewachte Grenzen und Mauern. Der Staat übernahm Großteile des Privateigentums und verwaltete die Wirtschaft. Die SED kontrollierte als einzig regierende Partei alle Lebensbereiche. Wer von der „herrschenden Linie“ abwich oder Widerspruch wagte, wurde überwacht und verfolgt.
 
Etwas mehr als 40 Jahre war Portugal von der Ideologie des autoritären Korporativismus geprägt. 1926 beendete ein Militärputsch die erste Republik, 1932 wurde António de Oliveira Salazar zum Ministerpräsidenten ernannt und 1933 trat die diktatorische Verfassung des „Estado Novo“ in Kraft. 
 
Beide Regierungen, die der „realsozialistischen“ DDR wie auch die des korporativistischen „Estado Novo“, wurden durch friedliche Revolutionen gestürzt. Beide Gesellschaften mussten große Integrationsleistungen vollbringen: Deutschland musste zwei lange getrennte Gesellschaften wiedervereinigen, Portugal die Integration der Rückkehrer aus den Kolonien bewältigen. Beide Gesellschaften waren konfrontiert mit Traumata, begangenem Unrecht und Verfolgung, ein Aufarbeitungsprozess, der bis heute andauert.
 
Marianne Birthler (Berlin, 1948), war von 2000 bis 2011 als Nachfolgerin von Joachim Gauck die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Sie engagierte sich bereits ab Mitte der der achtziger Jahre in verschiedenen Oppositionsgruppen in der DDR und war eine der Akteurinnen der Freiheitsrevolution von 1989. Von 1990 bis 1992 war sie Ministerin in Brandenburg, anschließend erste Bundesvorsitzende der Partei Bündnis 90 / Die Grünen. Sie ist u. a. Mitglied der Grünen Akademie der Heinrich-Böll-Stiftung, des Beirats der Gedenkstätte Berliner Mauer und des Kuratoriums der Aktion Courage. Sie schrieb zahlreiche Bücher, zuletzt die Autobiografie: Halbes Land. Ganzes Land. Ganzes Leben. Erinnerungen. (2014).
 
Irene Flunser Pimentel (Lissabon, 1950). Sie promovierte in Geschichte und Politik  und arbeitet heute als Wissenschaftlerin am Institut für Zeitgenössische Geschichte an der Universidade Nova in Lissabon. Sie veröffentlichte zahlreiche Studien über den “Estado Novo“, den Zweiten Weltkrieg und über die Situation der Frauen während der Diktatur des Estado Novo. Sie organisierte eine Vielzahl von Konferenzen und Workshops und war an diversen Dokumentarfilmprojekten beteiligt. Sie ist Autorin und Koautorin verschiedener Bücher, darunter História da Oposição à Ditadura em Portugal. 1926-1974 („Die Geschichte der Opposition gegen die Diktatur in Portugal. 1926 – 1974“, Ed. Figueirinhas, 2014).

 
Die Diskussionsreihe „Quo vadis, Europa?“ thematisiert gegenwärtige gesellschaftliche, politische, ökonomische und kulturelle Herausforderungen in Europa. Führende Intellektuelle, Politiker und Wissenschaftler aus Portugal und den deutschsprachigen Ländern diskutieren in dieser Reihe über aktuelle europäische Fragen mit dem Ziel, das gegenseitige Verständnis zu fördern und gemeinsame Zukunfts- und Handlungsoptionen zu entwickeln. Initiatoren und Träger von „Quo vadis, Europa?“ sind das Goethe-Institut Portugal, die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer sowie die Bartholomäus-Brüderschaft der Deutschen in Lissabon. 
 

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