Poetry-Slams
Ein Gespräch mit Nina Sonnenberg

Nina Sonnenberg
Nina Sonnenberg | Foto: © Nina Sonnenberg

Nina Sonnenberg (aka Fiva) vereint die Arbeit beim Fernsehen erfolgreich mit Rap-Lesungen. Die Texte ihrer Songs gibt sie auch in Buchform heraus. Wir sprechen mit der Dichterin darüber, ob es möglich ist, das Gedichteschreiben zu erlernen, über Poetry-Slams als zeitgenössische Form der Selbstdarstellung von Poeten und auch darüber, wie es ihr gelingt, Kunst und aktive Arbeit mit Menschen unter einen Hut zu bringen.

Frau Sonnenberg, Sie haben die Gedichtworkshops für Jugendlichen gegeben. Welche Eindrücke von den Teilnehmern haben Sie? Ob es überhaupt möglich ist, beizubringen, wie man schreiben kann?

Ich glaube schon, dass man Schreiben prinzipiell fördern kann. Die Sache funktioniert letztendlich aber nur, wenn jemand das möchte. Wenn ich Workshops halte, geht es eher darum, das was schon da ist zu fördern. Das heißt, die meisten Jugendliche die einen Workshop besuchen, haben den Wunsch zu schreiben oder haben schon geschrieben und bringen ihre Texte mit. Meistens haben sie Schwierigkeiten, ein Thema zu finden. Dann arbeite ich mit den Jugendlichen an den Texten, aber bleibe, was mir ganz wichtig ist, bei ihrer eigenen Sprache. Ich versuche ihnen eine Inspiration zu geben und sie auf ihrem Weg, den sie für sich ausgewählt haben, weiter zu begleiten.

Bleiben Sie im Kontakt mit den Leuten?

Manche treffe ich bei Konzerten, sie kommen mich besuchen. So sieht man sich immer mal wieder. Das ist kein regelmäßiger Kontakt, aber ich weiß schon, was aus Manchen geworden ist.

Wen von den heutigen deutschen Dichtern finden Sie interessant?

Nora Gomringer. Sie ist zudem eine tolle Sprecherin und Performerin, die die Lyrik lebendig macht und mit der Lyrik spielt. Sie ist wirklich hervorragend. Und Lydia Daher hat auch ihre ganz eigene Sprache. Sie kommt aus Augsburg, und alles, was sie macht, ist sehr empfehlenswert.

Viele Leute schreiben momentan die Gedichte. Wie können die Anfänger bei dieser Konkurrenz sich durchsetzen?

Ich glaube, daran soll man gar nicht denken, wenn man Anfänger oder Anfängerin ist. Das hemmt einen nur in seiner eigenen Kreativität. Einfach mal machen. Ich glaube, wenn man Freude daran hat, wird es mit der Konkurrenz alles schon werden. Man sollte sich einfach individuell entwickeln, das, was man selbst gut findet, schreiben, und dann funktioniert das schon. Davon bin ich überzeugt.

Wie meinen Sie, sind die Lyrikabende für die begrenzte Zahl der Teilnehmer schon die Vergangenheit und sind vielleicht die Poetryslams eine Form der Zukunft?

Es gibt eine friedliche Koexistenz. Also es wird nicht aufhören, dass LyrikerInnen ihre Gedichte lesen, nicht performativ, wie es bei Poetryslams der Fall sein kann, sondern im Rahmen einer klassischen Lesung. Ich glaube, das wird sich nicht ändern und das soll auch nicht. Das Veranstaltungsformat Poetry-Slam hatte nie die Idee, klassische Lyrik abzuschaffen bzw. mit ihr in Konkurrenz zu treten. Mann wollte einfach nur einen eigenen und anderen Weg zeigen, wie Lyrik auch klingen kann. Das find ich schön.

Wie kommunizieren die Dichter in Deutschland mit anderen Dichtern und Lesern, wie stellen sie eigene Gedichte dar? Wie man sich untereinander vernetzt sind? Gibt es vielleicht spezielle sozialen Netze oder Websites?

Ich kenne keine. Es ist so, dass wenn du aktiv schreibst, dann triffst du alle irgendwann mal. Wenn du entweder bei Poetryslam auftrittst oder bei einer Lesung. Das ergibt sich, wie wenn du Fan von einer bestimmten Musikrichtung bist. Irgendwann kennst du alle, die großer Fan dieser Musik sind, weil sie auf dieselben Konzerte gehen und/ oder vielleicht selber eine eigene kleinen Band haben. Ich kenne im Internet keine Websites, vielleicht gibt es die. Ich denke, man trifft die Menschen schon, die man treffen soll.

Viele Dichter im Prozess des Schreibens führen eher geschlossene Lebensweise und versuchen von den Medien und Alltag sich abzugrenzen. Ihnen gelingt es, Schaffen und Ihre Arbeit beim Fernsehen und Rundfunk unter einen Hut zu bringen. Wie stellen Sie sich um? Wo liegen Ihre Inspirationsquellen?

Das ist eine gute Frage. Ich habe ein großes Talent, mich von der Realität geistig abzunabeln. Ich lebe auf einer Seite sehr gerne in der Realität. Ich arbeite gerne, ich moderiere gerne, ich spiele gerne Konzerte, ich bin gerne mit Menschen. Und auf der anderen Seite kann ich das auch, wenn ich zu Hause bin, schaffen, mich zurückzuziehen, auf mich zu besinnen und Abstand von der Wirklichkeit zu nehmen. Aber nur geistig. Das ist eine große Herausforderung, aber die ist mir sehr wichtig, weil möglichst möchte ich nicht nur in einer der beiden Welten leben. Und das geht bis jetzt ganz gut.

Was haben Sie in Brüssel gedreht? Was für ein Projekt ist das?

Ich mache eine Serie für 3sat. Sie heißt „Theater. – „Ein Fest“ und ich besuche junge Theaterfestivals, Performances und Tanztheaterfestivals in Europa. Und das macht wahnsinnig viel Spaß, weil man lernt viele Ansätze von interessanten Künstlern kennen, man sieht spannendes Theater, man reist natürlich. Wir waren in Wien, Graz, Lissabon, Helsinki und in vielen anderen Städten.

Besuchen Sie vielleicht im Rahmen der Fernserie auch Moskau?

Vielleicht nächstes Jahr! Wir haben den großen Wunsch! Wir haben schon geguckt, was es da alles gibt und wir sind dran! Mal abwarten.

Können Sie kurze wichtige Tipps für die Einsteiger geben, die erst mit dem Gedichtschreiben angefangen haben?

Schreiben, schreiben und schreiben!

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