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Die Bratislavaer Kunstgewerbeschule (1928–1939)
Bauhaus auf Slowakisch

Gebäude der Bratislavaer Kunstgewerbeschule
Foto: Slovenské múzeum dizajnu, Osobný archív Ivy Mojžišovej – SMD

Von Klára Prešnajderová

Zentrum der Zwischenkriegsavantgarde, Symbol für Funktionalismus in Design und Architektur, bedeutendste Kunstschule der Welt, internationales Kulturphänomen – in diesen und vielen anderen Kontexten wird 2019 das Bauhaus reflektiert. Kaum jemand macht sich dabei bewusst, dass das Bauhaus nicht allein auf weiter Flur war und dass bereits vor dem Ersten Weltkrieg in ganz Europa eine intensive Reform des Kunstschulwesens stattfand. Viele bereits bestehende Institutionen passten ihre Curricula der neuen Zeit an, andere entstanden erst kurz nach dem Krieg, dafür aber mit kompromisslos modernem Programm. Gemeinsamer Nenner war ihnen die Bemühung um ein neues Herangehen an die Ausbildung in bildender Kunst, basierend auf Wissen über Material und auf praktischer Arbeit in Werkstätten. Die Kunstschulen in Frankfurt am Main, Halle, Breslau und Zürich, die Schule Reimann in Berlin, die WChuTEMAS in Moskau und viele andere verstanden sich als Mitkämpfer für ein neues, modernes Europa. Nur wenige wissen, dass sich ihnen Ende der 1920er Jahre auch die Bratislavaer Kunstgewerbeschule (Škola umeleckých remesiel) anschloss.

Die Entstehung der Kunstgewerbeschule in Bratislava                              

Im Vergleich zum Rest von Europa entstand die auch unter dem Kürzel ŠUR bekannte Schule relativ spät. Während in den europäischen Metropolen nach Ende des Ersten Weltkriegs das kulturelle Leben pulsierte und die künstlerische Avantgarde sich immer lauter zu Wort meldete, wurde in der Slowakei intensive kulturelle Aufbauarbeit geleistet. Natürlich brauchte man hier kulturelles Leben nicht von Grund auf neu errichten, aber gegenüber Westeuropa gab es einen gewissen Rückstand, der unbedingt in möglichst kurzer Zeit aufgeholt werden musste. Bei der Schaffung eines neuen Gesichts für die Slowakei als Teil der neuen demokratischen Tschechoslowakei halfen auch viele tschechische Intellektuelle mit, die insbesondere freie Lehrer- und Beamtenstellen einnahmen. Es überrascht daher nicht, dass auch an der Wiege der Kunstgewerbeschule in Bratislava 1928 zwei tschechische Intellektuelle standen: Josef Vydra, damals Schulinspektor für Kunsterziehung in der Slowakei, und Antonín Hořejš, blutjunger Referent der Handels- und Gewerbekammer in Bratislava, verantwortlich für Kunstgewerbe. Unverzichtbare institutionelle Unterstützung fanden sie gerade in dieser Handelskammer, die dezidiertes Interesse an einem Aufschwung des modernen Kunstgewerbes in der Slowakei hatte.

Die etwas spätere Entstehung und die Tatsache, dass es zu jener Zeit die einzige öffentliche Kunstschule in der Slowakei war, hatte abgesehen von Schwierigkeiten mit dem Aufbau der neuen Institution auch einen riesigen Vorteil: Da die ŠUR von Grund auf neu entstand, konnte Josef Vydra als ihr Direktor das Programm und die Ausrichtung genau nach seinen Vorstellungen justieren. Dementsprechend sprach er auch die zukünftigen Pädagog*innen an. „Die dankbarste Wiegengabe an die neue Schule war die Möglichkeit, in vollkommener Freiheit einen Lehrkörper aus jungen und fortschrittlichen Leuten auch mit Auslandspraxis zusammenzustellen“, erinnerte sich Vydra später an seine Präferenzen bei der Lehrkräfteauswahl (Vydra, 1958). In Bratislava trafen dadurch Persönlichkeiten zusammen, die in ihrem Schaffen eindeutig über die lokalen slowakischen Dimensionen hinausragten. Als Professor*innen wirkten hier unter anderen auch die bedeutenden slowakischen Modernisten Ľudovít Fulla und Mikuláš Galanda, der Grafikdesigner, Architekt und für kurze Zeit auch Bauhaus-Student Zdeněk Rossmann, der Fotograf von Weltformat Jaromír Funke, der Bühnenbildner František Tröster, die Keramikerin Julie Horová oder der Filmemacher und Ethnograf Karel Plicka. Angesichts dieser klangvollen Namen darf man aber nicht vergessen, dass die ŠUR während der ganzen Zeit ihrer Existenz als Abendschule betrieben wurde, nie ist ihr die komplette Umstrukturierung zu einer Ganztagsschule gelungen. In dieser Hinsicht war das sicher der Tribut, den sie zu leisten hatte, weil sie sich nicht wie viele andere Kunstschulen in Europa auf bereits existierende Strukturen und Traditionen stützen konnte.

Žiačky ŠUR v triede Osobný archív Ivy Mojžišovej – SMD
Leták ŠUR © Slovenské múzeum dizajnu

Programm und Abteilungen

Die Anfänge der Bratislavaer Kunstgewerbeschule waren bescheiden. Der Unterricht während der ersten beiden Jahre fand in Form von einigen abendlichen Zeichenkursen in provisorischen untergemieteten Räumen statt, sodass man nur schwerlich von einer richtigen Schule sprechen kann. Die Wende kam 1930, als sich die ŠUR organisatorisch mit den bereits existierenden Lehrlingsschulen (Učňovské školy) verflocht und ein neu errichtetes Gebäude in der Vazovova ulica bezog. Josef Vydra wurde Direktor beider Schulen. Dass die erste öffentliche Kunstschule in der Slowakei nun über eigene Räumlichkeiten verfügte und Werkstätten nutzen konnte, war Auftakt ihrer beispiellosen Entfaltung. Iva Mojžišová, die Autorin der einzigen Monografie über diese Institution (Škola moderného videnia. Bratislavská ŠUR 1928–1939 [Schule des modernen Sehens. Die ŠUR Bratislava 1928–1939], 2013), bezeichnete die Phase zwischen 1931 und 1934 als Zeit der Avantgarde und ihrer Akteure. Gerade die Tatsache, dass die ŠUR in einem modernen Gebäude saß, ermöglichte es Vydra, seine Vorstellung von einer modernen, praxisorientierten Schule fast uneingeschränkt umzusetzen. Bereits bei ihrer Gründung war klar, dass die Slowakei keine althergebrachte Kunstakademie nach traditionellem Muster benötigte, die ein so genanntes Kunstproletariat [MK1] hervorbringen würde, also Künstler*innen ohne Erfahrungen in Werkstätten und daher mit minimalen Chancen, in der Praxis zu bestehen. Diese grundlegende Forderung, die in ganz Europa zu einer Kunstschulreform führte, war auch Grundbedingung für die Ausrichtung der Bratislavaer Schule während der gesamten Zeit ihres Bestehens. „Keine Angst vor der Moderne haben, kritisch auswählen und alles vom Allerneuesten versuchen und die Ergebnisse zurück in die Produktion übertragen“, lautete das Motto des Lehrkörpers an der ŠUR (Vydra, 1958). Dem entsprach der praktische Unterricht in den Werkstätten mit Betonung auf Materialkunde und die daraus hervorgehende Funktionalität und Schlichtheit der Entwürfe, aber auch die reale Zusammenarbeit mit konkreten Betrieben wie dem Textilhersteller Detva, Slovenská Keramika in Modra (der Stadt der berühmten Majolika-Keramik), dem Besteckhersteller Sandrik in Dolné Hámre oder der Druckerei Slovenská Grafia in Bratislava. Vydra und seine Mitarbeiter*innen setzten sich von Anfang an das Ziel, eine neue, modern empfindende Generation von bildenden Künstler*innen für Handwerk, Industrie und Handel heranzuziehen, die der heimischen Produktion helfen würde, internationales Niveau zu erreichen. Die Schule sollte also nicht nur eine kulturell-gesellschaftliche Wirkung entfalten, sondern auch einen wirtschaftlichen Effekt haben. Neben jungen, talentierten Studierenden wurde die ŠUR vorwiegend von ausgebildeten Handwerker*innen besucht, die die neuesten Verfahren und Trends auf ihren Gebieten kennenlernen und sich für die Bedürfnisse der neuen Zeit weiterqualifizieren wollten. Ein besonderer Schwerpunkt der Ausbildung war, abgesehen vom klassischen Handwerk, die Reklame als neuer Industriezweig, der fähig war, auf gravierende Weise den Handel zu unterstützen, und der gerade in der Zwischenkriegszeit auch in Bratislava einen unerhörten Boom erlebte. Dementsprechend sah auch die Zusammensetzung der einzelnen Abteilungen aus, die über den gesamten Zeitraum, in dem die Schule existierte, nach und nach entstanden und sich weiterentwickelten. Den klassischen Handwerkszweigen widmeten sich die Abteilungen für Holz-, Textil- und Metallverarbeitung sowie für Keramik, auf die Reklame konzentrierten sich die Abteilungen für Malerei, Grafik, Fotografie und Schaufensterdekoration. In allen Abteilungen wurde dabei konsequent auf die Anwendung der jeweils aktuellsten Verfahren geachtet. Die Studierenden in Bratislava wandten also ausschließlich die Prinzipien der neuen Typografie an, suchten nach der spezifischen Sprache der Fotografie, entwarfen schlichtes Holzspielzeug oder experimentierten mit Materialien, Oberflächen und Glasuren.

Vom Mut und der Offenheit Josef Vydras gegenüber der neuen Zeit zeugt auch die Gründung der Filmabteilung 1938, die die erste Filmschule in der Tschechoslowakei und in Mitteleuropa war. Geleitet wurde sie vom bekannten Filmemacher Karel Plicka, an der Ausbildung beteiligten sich aber auch Lehrkräfte aus allen auf Reklame ausgerichteten Abteilungen, sodass die Studierenden Fertigkeiten für unterschiedliche Berufe der Filmindustrie erwerben konnten. Neben Regie wurden Kameraführung, Beleuchtung[MK1] , Szenenbau oder die Herstellung von Zwischentiteln unterrichtet. Neben den genannten Abteilungen bot die Kunstgewerbeschule auch spezielle Kurse für Kinder und Jugendliche von 8 bis 14 Jahren an. Diesem Aspekt maß Josef Vydra außerordentliche Bedeutung bei, was man daran sieht, dass er diese Kurse bereits im zweiten Jahr nach der Gründung einführte und sie bis zur Schließung beibehielt. Sie sollten nicht als außerschulische Aktivität dienen oder etwa zur Nachhilfe für Kinder, die ihre Note in Kunsterziehung aufbessern mussten. Ganz im Gegenteil. Die Kinderabteilung an der ŠUR war nur für wirkliche Talente bestimmt, weniger Begabte wurden in der Regel sogar ausgeschlossen. Vydras kompromisslose Haltung gegenüber dem künstlerischen Nachwuchs rührte vor allem daher, dass die Kinderkurse als Vorbereitung für eine weiterführende Ausbildung an Kunst- und Fachschulen dienen sollten. Dem entsprach auch sein Konzept: Er bot den Kindern mehrere Kurse an, die den bestehenden Abteilungen für Erwachsene entsprachen, und zwar nicht nur in ihrer Ausrichtung, sondern auch bei der Lehrkraft. Die jungen Talente lernten somit Malen bei Ľudovít Fulla, Zeichnen bei Mikuláš Galanda, stellten Keramik mit Julia Horová oder Textilien mit František Malý her, konnten sich im Malen mit Temperafarben auf Leinwand, im Modellieren aus Ton oder im Weben ausprobieren. Auch die Kinderabteilung war eine Besonderheit der Kunstgewerbeschule Bratislava, die einen Trend für andere Schulen setzte. Solche Vorbereitungskurse für Kinder waren nämlich, mit Ausnahme von Wien, keineswegs verbreitet.

Práca z detského oddelenia © Slovenské múzeum dizajnu Internationale Schule

Die Offenheit für die neuesten internationalen Trends und ihre Überführung in Ausbildung und Praxis kann man somit als eines der grundlegenden Kennzeichen der ŠUR betrachten. Dem entsprachen auch die Bemühungen um Kontakte mit dem Ausland, ob nun indirekt über aktuelle, überwiegend deutsche Zeitschriften und Publikationen oder direkt zu bedeutenden Persönlichkeiten. Für ihre Bibliothek hatte die Bratislavaer Kunstgewerbeschule die interessantesten Fachzeitschriften ihrer Zeit abonniert, von Deutsche Kunst und Dekoration, einer apolitischen Zeitschrift für Architektur und Kunsthandwerk, über Die Form, das [MK1] Periodikum des deutschen Werkbunds, bis hin zu den Avantgardezeitschriften Das neue Frankfurt, bauhaus oder das tschechische ReD (Revue Devětsilu). In den Regalen fanden sich einige Nummern der berühmten Bauhausbücher, eine tatsächliche Rarität war die bibliophile Ausgabe von Tagebuch. Beiträge zu einem Kontrapunkt der bildenden Kunst; sein Autor Johannes Itten hatte einst den Vorkurs am Bauhaus geleitet. All das waren für die Lehrkräfte und die Studierenden wichtige Informationsquellen über das aktuellste Geschehen im Fachgebiet und Inspiration für ihre eigene Ausrichtung. Genauso wichtig waren die Kontakte mit bedeutenden Persönlichkeiten aus Kunst, Design und Architektur, die sich nach dem Umzug der ŠUR in ihren Neubau voll entfalteten. So war bereits 1931 László Moholy-Nagy zu Besuch in Bratislava. Man kann sich heute schwer vorstellen, was es für die Studierenden bedeutet haben muss[MK2] , dass an ihrer Schule eine der Schlüsselpersonen des Bauhaus Vorlesungen hielt. Im Verlauf von fünf Tagen sprach Moholy-Nagy über den Unterricht am Bauhaus, über die neue Kunst der Fotografie und über neue Typografie, wobei seine Vorträge auch in Fach- und Laienkreisen außerhalb der Schule auf großes Interesse stießen. Der Besuch in Bratislava hinterließ aber auch beim ehemaligen Bauhaus-Lehrer einen guten Eindruck. In einem Brief, den er nach seiner Heimkehr an die ŠUR schrieb, bedankte er sich für die Tage in Bratislava, die für ihn in persönlicher und inhaltlicher Hinsicht sehr wertvoll gewesen seien. Eine wahre Genugtuung muss für den Schuldirektor jedoch insbesondere Moholy-Nagys Äußerung gewesen sein, dass Vydras Werk eine großartige Bestätigung für die Wichtigkeit gemeinsamer Anstrengungen sei (Výročná zpráva, 1931–31). In diesem einen Satz, der die Bratislavaer Kunstgewerbeschule mit in die große internationale Bewegung für ein modernes Europa einreiht, bestätigte sich für Vydra und seine Mitarbeiter*innen, dass die Ausrichtung der Schule richtig war. Weitere Persönlichkeiten, die auch dank der Schule Bratislava besuchten, waren unter anderem der bedeutendste Vertreter der modernen Typografie Jan Tschichold, der zweite Bauhaus-Direktor Hannes Meyer, der international anerkannte tschechische Typograf und Theoretiker Karel Teige, der bedeutendste tschechische Industrie- und Grafikdesigner Ladislav Sutnar oder der Theoretiker und ehemalige Chefredakteur der Zeitschrift bauhaus Ernst Kállai.
Auch der Lehrkörper war international[MK3]  beziehungsweise sollte es sein. Wie Vydra selbst betonte, sprach er für seine Schule junge bildende Künstler*innen mit Erfahrungen im Ausland an. Wenn er allerdings das Gefühl hatte, im Inland keine passenden Fachleute finden zu können, zögerte er auch nicht, sich jenseits der Grenzen umzuschauen. So gelang es ihm, den bedeutenden österreichischen Architekten und Designer Emanuel Josef Margold an die ŠUR zu berufen, wo er eine Architekturabteilung gründen sollte. Auch beim Aufbau der Modeabteilung wandte Vydra seinen Blick gen Wien. Seine Bemühungen, Gyula Pap, Absolvent der Metallwerkstatt am Bauhaus, und nach der Schließung der berühmtesten deutschen Kunstschule auch Josef Albers, den damaligen Leiter des Vorkurses, für Bratislava zu gewinnen, waren letztlich leider nicht von Erfolg gekrönt. Lehrkräfte mit Weitblick, Vorlesungen und Ausstellungen von international anerkannten Persönlichkeiten sowie das Wissen um aktuelle Debatten aus den besten internationalen und heimischen Zeitschriften haben fraglos dazu beigetragen, dass die ŠUR mit ihrem Programm zu den fortschrittlichsten Schulen Europas gehörte, und das auch trotz der Tatsache, dass sie nur in Form von Abendkursen betrieben wurde.

EpilOG

Die Weltwirtschaftskrise und der stärker werdende Nationalismus in Europa waren Vorzeichen für den Untergang der Kunstgewerbeschule Bratislava. Während in Deutschland die Avantgarde und ihre Reformbemühungen bereits 1933 definitiv zum Schweigen gebracht wurden, konnte sich die ŠUR im Rahmen der demokratischen Tschechoslowakei noch bis 1939 weiterentwickeln. Wenngleich man auch hier nicht von einer tatsächlichen Entfaltung sprechen kann, da die Wirtschaftskrise und die sich verschlechternde politische Situation im Staat einen negativen Einfluss auch auf den Betrieb der Schule hatten. Trotzdem gelang es in den letzten Jahren ihres Bestehens, Tageskurse für Schaufensterdekoration und Mode einzurichten, es entstand die bereits erwähnte Filmabteilung und es war insgesamt eine immer größere Professionalisierung zu sehen. Dem entsprach auch eine intensive Präsentation von studentischen Arbeiten im In- und Ausland. 1937 erhielt die ŠUR die Möglichkeit, eine umfassende Ausstellung im Prager Kunstgewerbemuseum zu veranstalten, als ihren größten Erfolg kann man allerdings die Teilnahme an der Pariser Weltausstellung im selben Jahr betrachten. Noch 1938 war Zdeněk Rossmann mit den Vorbereitungen für eine internationale Typografie-Ausstellung befasst, an der beispielsweise auch der ehemalige Bauhaus-Absolvent Hajo Rose teilnehmen sollte. Es gelang allerdings nicht mehr, dieses ambitionierte Projekt zu realisieren. Die Ereignisse überschlugen sich innerhalb von nur wenigen Monaten. Nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens und der darauf folgenden Besetzung großer Gebiete der Tschechoslowakei durch die Nachbarstaaten im Herbst 1938 wurden zum Jahresende alle tschechischen Pädagogen in Bratislava nicht nur von ihren Funktionen abberufen, sondern auch gezwungen, die Slowakei zu verlassen (die am 14. März 1939 als Vasallenstaat des Deutschen Reiches ihre Eigenstaatlichkeit erreichte). Damit verlor die Kunstgewerbeschule ihr Herz – ihren perfekt aufeinander eingespielten Lehrkörper und den Direktor, der konsequent auf ihre moderne Ausrichtung achtete. Neuer Direktor wurde zwar Ľudovít Fulla, doch auch er war nicht in der Lage, die Schule zu retten. Es halfen weder Bemühungen um die Umwandlung in eine Kunstakademie[MK1]  noch Vorschläge zu einer Reorganisation. Die letzten Monate ihres Bestehens glichen lediglich einer Agonie vor dem nicht mehr abzuwendenden Aus. Dass die ŠUR vom Präsidenten des neuen Slowakischen Staates Jozef Tiso und seinem Minister für Schulwesen und Volksaufklärung Jozef Sivák besucht wurde, war auch kein gutes Omen. Zum Oktober 1939 wurde die Kunstgewerbeschule in Bratislava definitiv geschlossen und die Slowakei büßte damit eine Institution ein, die ein großes Potenzial hatte, auch im Ausland auf Widerhall zu stoßen.

Literaturverzeichnis:

MOJŽIŠOVÁ, Iva: Škola moderného videnia. Bratislavská ŠUR 1928 – 1939 [Schule des modernen Sehens. Die ŠUR Bratislava 1928–1939], Bratislava 2013.
VYDRA, Josef: Počiatky prvej umeleckej školy na Slovenku. 30 rokov od založenia Školy umeleckých remesiel v Bratislave [Die Anfänge der ersten Kunstschule in der Slowakei. 30. Jahre nach der Gründung der Kunstgewerbeschule in Bratislava]. In: Výtvarný život [Kunstleben] 3, 1958, Nr. 8, S. 299–301.
Archív mesta Bratislavy, Vyššia škola umeleckého priemyslu, Korešpondenčné protokoly [Archiv der Stadt Bratislava, Höhere Kunstgewerbeschule, Korrespondenzprotokolle], Š–5668–73.
Archív mesta Bratislavy, Vyššia škola umeleckého priemyslu, Katalóg knižnice [Archiv der Stadt Bratislava, Höhere Kunstgewerbeschule, Bibliothekskatalog], Š–5646.
Brief von Zdeněk Rossmann an Hajo Rose vom 20.11.1937, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Mscr.Dresd.App.2258,4.
Persönliches Archiv von Iva Mojžišová, Slovenské centrum dizajnu – SCD [Slowakisches Designzentrum], Výročná zpráva učňovských škôl v Bratislave a večernej školy umeleckých remesiel a reklam. umenia 1930-31 [Jahresbericht der Berufsschulen in Bratislava und der Abendschule für Kunsthandwerk und Reklamekunst 1930–31], 2016/0001/D.


 

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