Autorengespräch Kbh læser 2017: Jenny Erpenbeck im Gespräch mit Carsten Jensen

Jenny Erpenbeck Foto: Katharina Behling

Fr, 03.03.2017

17:00 Uhr

Københavns Hovedbibliotek

Höher, schneller, weiter! Beim diesjährigen Literaturfestival Kbh læser vom 24. Februar – 5. März geht es um Wachstum. Mit Wachstum verbinden wir meist vor allem mehr – mehr Produktion, mehr wirtschaftlicher Gewinn. Wie das Streben nach dem ewigen Wachstum in unserer Gesellschaft unser Leben beeinflusst, ist jedoch nur ein Thema des Literaturfestivals.

Mit dänischen und internationalen Gästen wird das Thema Wachstum in all seinen Facetten und Bedeutungen beleuchtet: die Entwicklung vom Embryo zum Erwachsenen, Wege zur Nachhaltigkeit, die Geschichte des Kolonialismus – alles was wächst, sich verwandelt und entwickelt.

Wie Wachstum einer ganzen Gesellschaft durch Zuwanderung das Leben eines Menschen verändern kann, ist das Thema von Jenny Erpenbecks Roman Gehen, ging, gegangen. In Zusammenarbeit mit Kbh læser 2017 lädt das Goethe-Institut am 3. März um 17 Uhr zu einem Gespräch zwischen der deutschen Schriftstellerin Jenny Erpenbeck und dem dänischen Erfolgsautor Carsten Jensen ein.

Jenny Erpenbeck wurde 1967 in Ostberlin geboren. Sie studierte Theaterwissenschaft und Musiktheater-Regie und war unter anderem als Regisseurin an der Staatsoper Berlin tätig. 1999 erschien ihr Debüt Geschichte vom alten Kind, es folgten eine Reihe von Romanen und Kurzprosa, darunter der Roman Heimsuchung (2008, dän. Hjemsøgelse), der auch in Dänemark veröffentlicht wurde. 2015 erschien ihr neuester Roman Gehen, ging, gegangen, der im selben Jahr für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde und es bis auf die Shortlist schaffte. Unter dem Titel Går, gik, gået erschien der Roman im Herbst letzten Jahres in der dänischen Übersetzung von Jacob Jonia bei Rosinante & Co.

Hochaktuell und mit großem Einfühlungsvermögen erzählt Erpenbeck darin die Lebensgeschichten Geflüchteter und eines Berliner Professors, der durch dieses Aufeinandertreffen eine Verwandlung erlebt. „Was mich literarisch interessiert,“ erklärt Erpenbeck im Interview mit Kbh læser, „sind die Übergänge, im privaten wie im politisch-historischen Bereich. Die Übergänge sind das, worin sich Wachstum, wenn man es als Verwandlung auffasst, manifestiert“.

Für den Roman recherchierte Erpenbeck ausführlich und machte sich selbst ein Bild von der Situation der geflüchteten afrikanischen Männer auf dem Oranienplatz, um die sich der Roman dreht. Seit 2014 kümmert sie sich mehrere Stunden am Tag um die jungen Männer und hilft ihnen beim Umgang mit den deutschen Behörden. Jenny Erpenbeck betrachtet es als Privileg, aber auch die Verantwortung eines jeden Schriftstellers, sich unvoreingenommen ein eigenes Urteil zu bilden. Zusammen mit Schriftstellern wir Ilija Tronjanow und Ulrich Peltzer wird Jenny Erpenbeck einer neu-aufblühenden Tradition des politischen Schreibens zugeordnet.

Carsten Jensen © Isak Hoffmeyer, 2015 Carsten Jensen ist nicht nur für seinen hochgelobten Roman Wir Ertrunkenen, sondern auch für seine gesellschaftskritischen Artikel und Reportagen sowie für sein gesellschaftliches Engagement bekannt. In den 1980er Jahren war er als Journalist und Kritiker tätig, es folgten Romane wie Jeg har set verden begynde (1996) und Jeg har hørt et stjerneskud (1997). 2006 gelang ihm mit Vi, de drukne (2006) der internationale Durchbruch.

Als scharfer Beobachter des Weltgeschehens schreibt er über den Krieg gegen Terror und die gesellschaftliche Situation. Zusammen mit Anders Hammer bereiste er Afghanistan, die Reportagen erschienen als Krigen der aldrig ender. Seine Erfahrungen mit dem Krieg verarbeitete er ebenfalls literarisch in dem Roman Den første sten, der einer Gruppe junger Soldatinnen und Soldaten nach Afghanistan folgt und sich mit der Frage auseinandersetzt, was der Krieg mit den Menschen macht.
 

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