Online-Lecture Wie relationales Lesen Unordnung in den Kanon bringt

Jeannette Oholi lächelt in die Kamera und trägt ein schwarzes Sakko mit roten und weißen Streifen. © Jeannette Oholi

Di, 30.04.2024

19:00 Uhr – 20:00 Uhr CET

Online

Online-Lecture mit Jeannette Oholi im Rahmen der Reihe #Vorzeichen

Am 30. April 2024 freuen wir uns sehr darauf, Sie bei unserer ersten Online-Lecture im Rahmen der Reihe #Vorzeichen. Wen, was und wie wir lesen begrüßen zu dürfen. Unsere erste Referentin ist Jeannette Oholi (Dartmouth College, USA), die unter dem Titel Wie relationales Lesen Unordnung in den Kanon bringt Ideen dazu teilen wird, wie die Literatur von Schwarzen Autor*innen, Autor*innen of Color und anderer rassifizierter Autor*innen in Deutschland relational zueinander gelesen werden kann, um den vielfältigen Literaturtraditionen gerecht zu werden. 

Die Online-Lecture findet in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) Berlin statt und wird von Dr. Kyung-Ho Cha und Dr. Maha El Hissy moderiert. Die Teilnahme ist kostenlos, der Vortrag wird auf Deutsch stattfinden und auf Zoom übertragen. Eine Aufzeichnung wird im Nachhinein auf der Webseite der Reihe #Vorzeichen zur Verfügung gestellt. Sie können sich vorab registrieren oder sich über den Link direkt zur Veranstaltung dazuschalten. 
 
Der Vortrag ist der erste von insgesamt sechs Gesprächen mit Expert*innen aus Wissenschaft und Literaturbetrieb in der Reihe #Vorzeichen. Wen, was uns wie wir lesen. Ziel der Reihe ist es, gemeinsam Kanonkritik zu üben, indem der Fokus auf das Lesen als machtkritische Praxis gelegt wird. Es sollen Texte, Schreibformen, Ästhetiken, Diskurse, Denkfiguren und Topoi beleuchtet werden, die jenseits hegemonialer, also vorherrschender, Kanonisierungsprozesse entstehen. In Kooperation mit einer akademischen Institution werden bei den Online-Lectures Speaker*innen aus verschiedenen Bereichen, etwa Wissenschaft, Verlags- oder Übersetzungswesen, zu Wort kommen und gemeinsam über Ausschlüsse von Texten und Autor*innen durch Kanonisierungsprozesse und Marktdruck diskutieren.
Die einstündigen Online-Veranstaltungen sind offen für alle Literaturinteressierten und sind besonders empfehlenswert für Germanist*innen, Studierende, Verleger*innen oder Übersetzer*innen.
 

Abstract


Die Literatur von Schwarzen Autor*innen und Autor*innen of Color in Deutschland wird meist immer noch isoliert voneinander gelesen und nicht relational, in Beziehung zueinander. Eine solche Lesart ist problematisch, da sie, um Mithu Sanyals Worte zu verwenden, eine „Community aus Büchern“ in Deutschland verdeckt. Historisch erwachsene Solidaritäten und gemeinsame, anhaltende Widerstände bleiben verborgen. Zugleich führt eine solche Lesart, die literarische Texte isoliert und vereinzelt, dazu, dass die Literatur Schwarzer Autor*innen und Autor*innen of Color in Deutschland unaufhörlich als ‚neu angekommen‘ rezipiert wird. Dies stärkt letztlich den Kanon und verdrängt die vielfältigen Literaturtraditionen Schwarzer Autor*innen, Autor*innen of Color und anderer rassifizierter Autor*innen in Deutschland.

In meinem Vortrag möchte ich Ideen dazu teilen, wie eine relationale Lesart aussehen könnte, welche Themen in den Blick genommen werden könnten und welche Auswirkungen diese Lesart auf den Kanon und die Literaturgeschichte hat. Ich folge hier Wissenschaftler*innen wie Elahe Haschemi Yekani, die dafür plädieren, Unordnung in den Kanon zu bringen als ihm allein einen Gegenkanon entgegen zu stellen. Relationales Lesen kann Unordnung in den Kanon bringen, da es Verbindungen und Verwobenheiten, Brüche und Kontinuitäten in und zwischen Literaturtraditionen offenlegt, die Teil der deutschen (Literatur)Geschichte sind.
 

Zitat

„Nur so, in solidarischer und widerständiger Verwobenheit, kann die deutsche Literaturgeschichte nachhaltig gestört, unterwandert und neu geschrieben werden.“

Jeannette Oholi: Literaturgeschichte stören, S. 417. 

 

Über Jeannette Oholi


Jeannette Oholi forscht derzeit als Postdoc am Dartmouth College, USA. Sie promovierte zu Schwarzer europäischer Gegenwartsliteratur an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Derzeit arbeitet sie an einem Sammelband zu Schwarzer deutscher Literatur, der im Sommer 2025 bei transcript erscheinen wird. Jeannette Oholi bewegt sich auch gerne außerhalb von Universitäten und war unter anderem 2022 und 2023 am Schwarzen Literaturfestival Resonanzen beteiligt. Momentan arbeitet sie an ihrem Habilitationsprojekt mit Fokus auf Antirassismus und Literatur.
 

Moderation

Dr. Kyung-Ho Cha ist Literaturwissenschaftler am Leibniz-Zentrum für Literatur und Kulturforschung (ZfL Berlin). Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Gegenwartsliteratur im (post-)migrantischen Kontext, der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts und auf der Klassischen Moderne.

Dr. Maha El Hissy kuratiert in diesem Jahr die Reihe #Vorzeichen für die Goethe-Institute in Nordwesteuropa. Sie ist freie Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin. Demnächst erscheint von ihr im Verbrecher Verlag eine Anthologie über Kunst und Literatur der Einwanderung ins Nachkriegsdeutschland.

 

#Vorzeichen

Die Veranstaltung ist Teil der Reihe #Vorzeichen. Wen, was und wie wir lesen. Neben den sechs Online-Lectures an der Schnittstelle zwischen Literaturwissenschaft und -betrieb, umfasst die Reihe acht Gespräche mit Autor*innen und Buchbesprechungen, die im Laufe des Jahres auf Instagram veröffentlicht werden. Ausführliche Informationen zur Reihe sowie Veranstaltungsankündigungen und Aufzeichnungen bereits stattgefundener Veranstaltungen finden Sie hier:




 

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