Social Entrepreneurship
Soziales Unternehmertum als humanitärer Fortschritt

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„Geld zu machen macht keine Freude. Es macht weitaus mehr Freude, zu einem Wandel in der Welt beizutragen“, sagt Muhammad Yunus, jener Bankier aus Bangladesch, der weit über die Landesgrenzen hinaus für seine Wohltätigkeit bekannt geworden ist. Mit diesem Satz umreißt er sein Verständnis von „Sozialem Unternehmertum“.

 

Von Rully Ramli

„Geld zu machen macht keine Freude. Es macht weitaus mehr Freude, zu einem Wandel in der Welt beizutragen“, sagt Muhammad Yunus, jener Bankier aus Bangladesch, der weit über die Landesgrenzen hinaus für seine Wohltätigkeit bekannt geworden ist. Mit diesem Satz umreißt er sein Verständnis von „Sozialem Unternehmertum“.

Soziales Unternehmertum ist als Begriff in der breiten Öffentlichkeit noch längst nicht allgemein bekannt, insbesondere nicht in Indonesien. Seine Verwendung steigt allerdings mit der Verschärfung sozialer Probleme, die sich vor allem in den Bereichen Armut, soziale Gerechtigkeit, Gesundheit, Bildung oder auch Umwelt niederschlagen. Unter sozialem Unternehmertum lassen sich dabei eine ganze Reihe sozialer Lösungsansätze, unternehmerische Organisationsprinzipien und Visionen zusammenfassen, die vor allem eines beabsichtigen: einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen.

Verkürzt lässt sich der Begriff auch auf Unternehmer anwenden, die nicht nur den Profit, den sie aus ihrem Unternehmen schöpfen können, im Auge haben, sondern denen es gleichzeitig auch ein Anliegen ist, einen Beitrag zur Lösung sozialer Probleme zu leisten. Daher steht soziales Unternehmertum in engem Zusammenhang mit uneigennützigem Handeln und dem Non-Profit-Sektor.

Obgleich sich der Begriff erst in jüngerer Zeit mehr und mehr durchsetzt, wird soziales Unternehmertum bereits seit hunderten von Jahren praktiziert. Anschauliche Beispiele geben dafür Geschäftsleute, die in ihrer unternehmerischen Vision vor allem auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken wollten, wie etwa Robert Owen, ein Baumwollunternehmer des 18. Jahrhunderts. Der gebürtige Waliser ging als Begründer der Genossenschaftsbewegung in die Geschichte ein; sein Fokus lag nicht nur auf der Gewinnmaximierung, sondern auch auf dem Wohl seiner Angestellten und Arbeiter. Robert Owen war es ein wichtiges Anliegen, dass seine Beschäftigten unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiteten – und dass sie in gleichem Maße Zugang zu Gesundheits- und Bildungsleistungen erhielten.

Größere Aufmerksamkeit kam dem sozialen Unternehmertum allerdings erst nach der globalen Wirtschaftskrise im Jahr 2008 zu. Die Wirtschaftskrise betraf zunächst nur den Wirtschaftssektor, löste aber dann einen Dominoeffekt aus, der andere Sektoren erfasste. Mit der Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums stieg weltweit – so auch in Indonesien - die Furcht vor der Verschärfung sozialer Probleme wie hohe Armutsraten und drastisch steigende Arbeitslosigkeit.Soziales Unternehmertum sollte die negativen Auswirkungen der Finanzkrise von 2008 minimieren helfen. Man erhoffte sich so die Entwicklung von Strategien oder innovativen Unternehmensprozessen, mit denen sich soziale Probleme lösen ließen und bei denen der entstehende Nutzen unmittelbar der breiten Bevölkerung zugutekommen würde.

Soziales Unternehmertum in Indonesien 

Auch in Indonesien wird soziales Unternehmertum bereits seit längerem praktiziert. Seine Anfänge werden vor allem mit Bambang Ismawan in Verbindung gebracht. Ismawan, Jahrgang 1938, setzte das Konzept des sozialen Unternehmertums bereits in jungen Jahren im Rahmen seiner 1957 gegründeten Stiftung Bauern erheben sich (Yayasan Sosial Tani Membangun) in die Tat um. Die Stiftung, die inzwischen in Selbsthilfe aufbauen (Yayasan Bina Swadaya) umbenannt wurde, widmet sich der Stärkung armer Bevölkerungsgruppen mittels der sogenannten Mikrofinanzierung und des Mikro-Unternehmertums. Betriebswirtschaftliche Fortbildungen und gleichzeitig die Förderung sozialer Kompetenzen bilden dabei die Grundlage dieses Ansatzes.

Im Laufe der Zeit machte in Indonesien die Praxis des sozialen Unternehmertums Schule. Sichtbar wird dies an der Gründung mehrerer Stiftungen, denen das Ziel gemeinsam ist, die Bevölkerung zu stärken, darunter sind Dompet Dhuafa, Institut Bisnis, Ekonomi Kerakyatan (IBEKA) oder auch Rumah Perubahan. Diese Organisationen verbindet der Fokus auf die Stärkung der lokalen Bevölkerungsgruppen mit ihren Potentialen, ohne dabei allein auf Profitmaximierung zu setzen.

Heute wird soziales Unternehmertum weltweit praktiziert, auch in Indonesien. Dieser globale Trend lässt sich zweifellos auf das Engagement des eingangs erwähnten Bankiers aus Bangladesch, Muhammad Yunus, zurückführen, den man den „Vater des Sozialen Unternehmertums“ nennt. Er erhielt den Friedensnobelpreis für seine Arbeit und machte weltweit Schlagzeilen mit der von ihm geführten Grameen Bank, die Mikrokredite vergibt. Yunus konzipierte die Bank mit dem Ziel, Menschen aus armen Verhältnissen das notwendige Kapital für ihre Geschäftsmodelle zu leihen und sie so zu fördern und zu unterstützen. Das Konzept der Mikrokreditvergabe gilt als ein geeigneter Weg, eines der brennendsten Probleme – soziales Ungleichgewicht – in Bangladesch zu verringern und gleichzeitig Profite zu ermöglichen.

Yunus' Erfolg markiert eine Neuorientierung im unternehmerischen Denken: Während zu Anfang der Schwerpunkt vor allem auf Maßnahmen lag, die die Bevölkerung fördern sollten, wurde mit der Zeit mehr und mehr ein Ausgleich zwischen sozialer Mission und Gewinnerzielung geschaffen. Dies verstärkte das Interesse seitens der Unternehmerschaft daran, sich in ähnlicher Weise zu engagieren. Inzwischen ist soziales Unternehmertum von großer Attraktivität für die Geschäftswelt und auch für Investoren: Es ist attraktiv, sich an sozialen Maßnahmen zu beteiligen, wenn diese gleichzeitig finanzielle Gewinne abwerfen. Und je mehr soziale Missstände in der Bevölkerung eines Landes herrschen, desto attraktiver scheint soziales Unternehmertum für die Geschäftswelt zu werden – als unternehmerisches „Gesamtpaket“, mit dem sich einerseits Profit schöpfen und andererseits die Regierung im Kampf gegen soziale Probleme eines Landes unterstützen lässt.

Die Gründung von Organisationen wie der Verband Soziales Unternehmertum in Indonesien (Asosiasi Kewirausahaan Sosial Indonesia, AKSI) und Indonesien auf Augenhöhe (Indonesia Setara) zeigt die wachsende Verbreitung und Sichtbarkeit des Sozialen Unternehmertums. Die beiden genannten Organisationen verbindet ein Ziel, nämlich als Dachorganisation für jene Unternehmer zu fungieren, die dazu beitragen wollen, soziale Probleme in Indonesien zu lösen.
 

Unterstützung kommt aus dem In- und Ausland

Die Regierung Indonesiens begann bereits vor Jahren, ihr Augenmerk verstärkt auf die Entwicklung des sozialen Unternehmertums zu richten. Das zeigt sich etwa daran, dass die Debatte um diese Praxis im Gesetzesentwurf zum Sozialen Unternehmertum Niederschlag findet. Der Gesetzesentwurf hält grundsätzlich fest, dass soziales Unternehmertum als geeigneter Weg gilt, mit dem sich soziale Probleme lösen und gleichzeitig Profite erzielen lassen. Mithilfe einer entsprechenden Gesetzgebung verspricht sich die Regierung, eine rechtliche Grundlage anzubieten, auf der die Entwicklung von sozialem Unternehmertum gefördert wird.

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Soziales Unternehmertum in Indonesien erhält Unterstützung nicht nur seitens der eigenen Regierung und Unternehmer im Land, sondern auch aus dem Ausland. Das lässt sich schon allein an der zunehmenden Beteiligung ausländischer Unternehmen erkennen. Diese fördern mittels Investitionen vermehrt solche Gewerbe, die auf der Basis sozialen Unternehmertums handeln. Untersuchungen belegen, dass etwa dreißig ausländische Unternehmen Interesse daran zeigen, in Geschäfte zu investieren, die soziales Unternehmertum praktizieren. Für das Jahr 2016 wurden ausländische Investitionen in Höhe von 300 Millionen US-Dollar verzeichnet

Mit dem Vorhandensein von Dachorganisationen und einer rechtlichen Grundlage, sowie mit der deutlichen Unterstützung unterschiedlicher Seiten kann das soziale Unternehmertum in Indonesien weiter ausgebaut werden. Die auf diese Weise tätigen Unternehmer werden nicht nur materielle Profite erzielen können, sondern auch eine spürbare Zufriedenheit, wenn sie zur Beseitigung sozialer Probleme betragen.

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