Mehrsprachigkeit
Fremdsprachenkenntnisse für ein friedliches Zusammenleben

Grafik mit vielen Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft, Geschlecht und Religion zusammen
Grafische Überarbeitung eines Bildes aus Colourbox

Im Sommer und Herbst 2022 fanden die IDT (XVII. Internationale Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer, Wien) und die Konferenz zum Thema Mehrsprachigkeit am Goethe-Institut Rom statt. Zwei Tagungen, ein Ziel: der Austausch über das gemeinsame Engagement für die Zukunft des Fremdsprachenunterrichts. Ferdinand Krings, Beauftragter für die Bildungskooperation Deutsch am Goethe-Institut Rom, hat an beidem teilgenommen und erzählt uns.

Von Ferdinand Krings

Ich verstehe nur "Sprache", flüstert mir mein italienischer Nachbar zu. Wir hören gerade den Vortrag „Sind wir nicht alle ein bisschen mehrsprachig?“ von Prof. Dr. Michaela Sambanis von der Freien Universität Berlin. Sie spricht Deutsch. Nicht alle im Publikum haben Deutsch gelernt. Und nicht alle haben Französisch, Italienisch, Englisch oder Spanisch gelernt. Die anderen Sprachen, auf denen die Vorträge  gehalten werden. Doch die Verständigung klappt - alles ohne Übersetzer*innen. Als Hilfe gibt es mal ein Handout auf Englisch, mal der oder die Nachbar*, immer eine Powerpoint, groß und gut sichtbar hinter den Vortragenden. Das hilft beim Verständnis.

Engagement für Mehrsprachigkeit

In den Pausen und beim gemeinsamen Abendessen, nachdem das Seminar längst beendet ist, wird weiter kompetent diskutiert. Über brennende Fragen zur Zukunft des Fremdsprachenunterrichts, sprachenpolitische Entscheidungen oder die Rolle von Zeitschriften in der Fremdsprachendidaktik, mal auf Italienisch, mal auf Englisch, Französisch, Spanisch oder Deutsch.
Die Vertreter*innen der europäischen Kulturinstitute in Rom eröffneten die Veranstaltung. In den folgenden Stunden und am darauffolgenden Vormittag sprechen die Vortragenden im Geiste der Mehrsprachigkeit über die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts im europäischen Kontext.
„Natürlich“, betont Joachim Bernauer, Direktor des Goethe-Instituts Rom in seiner Begrüßung, „wollen wir, dass viele Menschen in Europa Deutsch lernen und sprechen, aber das Engagement dafür wird am Goethe-Institut nicht als Wettbewerb gegen andere Sprachen verstanden, sondern als gemeinsames Engagement für Mehrsprachigkeit, in einem Wettbewerb gegen die Tendenz, keine Fremdsprachen zu lernen.“

Das Miteinander der vielen Sprachen

Drei Monate zuvor fand das internationale Treffen der Deutschlehrer*innen aus aller Welt in Wien statt. Auch hier geballter Sachverstand und Leidenschaft für Fremdsprachen. Drei Lehrerinnen sitzen im Arkadenhof der Universität beim Aperitif zusammen. Sie kommen aus Kairo, Helsinki und Chicago. Sie sprechen über Deutsch als Fremdsprache. Was haben sie und die anderen Teilnehmer*innen aus Italien, aus Kenia, aus Japan und aus vielen anderen Ländern der Welt gemeinsam? Antwort: Die Leidenschaft für die deutsche Sprache, das Unterrichten und die Verbreitung von Deutsch als Fremdsprache. Auf der IDT diskutierten, feierten, lachten und stritten sie gemeinsam über die deutsche Sprache. Eine fremde Sprache kann die Menschen verbinden, so die Botschaft. Aber sie kann auch ausschließen und diskriminieren. Es kommt auf Teilhabe an einer Gesellschaft durch Dialog, vertieftes Wissen und Freundschaft an. Die meisten Gesellschaften sind nun mal mehr und mehr mehrsprachig. Daher geht es nicht um die Dominanz einer Sprache, sondern um das Miteinander der vielen Sprachen. Natürlich kommt man mit Englischkenntnissen heute überall auf der Welt weiter. Sie helfen fast immer ein wenig. Natürlich gibt es heutzutage hervorragende elektronische Hilfsmittel, um sich auf Reisen zu orientieren oder Texte in anderen Sprachen zu lesen, auch ohne Fremdsprachenkenntnisse. All dies hilft jedoch nicht viel für einen echten Dialog, um die Kenntnisse einer fremden Kultur zu vertiefen und vor allem, um Freundschaften zu schließen.

Gerade in Zeiten von Krieg und internationalen Konflikten sei das Lehren und Lernen von Sprachen wichtig für ein friedliches Zusammenleben in einer pluralistischen, diversen, demokratischen und globalisierten Gesellschaft, sagte der Generalsekretär des Goethe-Instituts Johannes Ebert und aktuell EUNIC-Präsident beim Empfang des Goethe-Instituts auf der IDT.
Zurück nach Rom. Gerade endet die Konferenz mit einer Podiumsdiskussion zur Rolle der Zeitschriften in der Fremdsprachendidaktik, da kommt die Nachricht zur Bildung der neuen Regierung in Italien. Wie sieht die Zukunft der Mehrsprachigkeit in Italien und Europa aus? Hoffen wir aufs Beste.

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