Am Nachmittag werden die Romas aus ihrem heillos überfüllten Heim evakuiert – unter dem Beifall gaffender Bürger. Allmählich füllen sich die Freiflächen vor dem ZAST und dem Sonnenblumenhaus mit Schaulustigen, die ihre Klappstühle mitbringen und auf weitere Aktionen warten. Aber die Polizei zieht sich vorübergehend zurück. So eskaliert am Abend die Gewalt endgültig, vor den laufenden Kameras einiger Fernsehteams. Steine fliegen auf das Sonnenblumenhaus, Molotow-Cocktails durchschlagen die Fenster und setzen die Wohnungen in Brand, immer noch unter dem Beifall der Gaffer. Stefan, Robbie und Goldhahn steigen in das Haus ein, legen weitere Brände und zerstören alles, was sie finden. In ihrer Todesangst haben sich die letzten Vietnamesen auf das Hausdach zurückgezogen, von dort retten sie sich in ein Nachbarhaus. Von einem Balkon aus winkt Stefan der jubelnden Meute zu. Endlich ist auch die Polizei wieder da.
Wir sind jung. Wir sind stark ist mitunter ein eher chaotischer Film – und mit dieser Dramaturgie trifft er genau die hysterische Eskalation dieser Nacht. Burhan Qurbani, Sohn afghanischer Einwanderer, versucht nicht, seine Figuren zu erklären – schon gar nicht ideologisch. Die gleichen Jugendlichen, die „Deutschland!“ wie einen Schlachtruf grölen, singen auch die Internationale oder das in der DDR beliebte Lied vom kleinen Trompeter. Ihre Haltung ist eher von dumpfer Wut geprägt als von bewusster Ideologie. „Wenn man mich fragt, was Wir sind jung. Wir sind stark für ein Film sei, dann antworte ich: ein Heimatfilm. Alle meine Figuren bewegen sich in diesem Spannungsfeld: Daheim sein, eine Heimat haben an einem Ort, in einem Land. Der Film spielt in einer Zeit der gesellschaftlichen und politischen Neuorientierung und des Vakuums. Und gerade die Bewertung des Begriffs der Heimat, zumindest für die Bevölkerung der damaligen DDR, hatte sich zu diesem Zeitpunkt radikal geändert. Ich glaube, dass in Rostock-Lichtenhagen ein Grund für die erschreckende Gewalt, das tatenlose Zuschauen und Applaudieren, das Nichtwissenwollen und Wegsehen auch seine Wurzeln in der Frustration dieser Zeit hat. Diese Wut ist in der Nacht des 24. August 1992 zu etwas Monströsem gewachsen.“ (Qurbani)
Wir sind jung. Wir sind stark betreibt keine politische oder ideologische Analyse, sondern leistet Erinnerungsarbeit, um ein unter dem Deckmantel des Patriotismus geschehene nationale Katastrophe ins Gedächtnis zurückzurufen und auch davon zu erzählen, wie Zeiten der Krise dem dumpfen Rechtsradikalismus als Nährboden dienen, damals im gerade wieder vereinten Deutschland – oder auch heute in vielen Staaten Europas.