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Kurzporträt von Fabio Geda
Leben und Geschichten. Geschichten und Leben

Fabio Geda, Buchcover
Cover der Bücher von Fabio Geda Storia di un figlio. Andata e ritorno (Baldini + Castoldi, 2020), Nel mare ci sono i coccodrilli. Storia vera di Enaiatollah Akbari (Baldini + Castoldi 2010) und Fai qualcosa! Non è mai troppo presto per far sentire la propria voce (Mondadori 2021) | © Goethe-Institut Italien | Foto: Giulia Mirandola

Das Programm „Literarische Partnerschaften“ fördert das Lesen und den kulturellen Austausch zwischen Schüler*innen in Italien und Deutschland. Heute sprechen wir über Fabio Geda. Sein Buch „Fai qualcosa!“ wird für die Sekundarstufe II empfohlen, im Tandem mit „Sankt Irgendwas“ von Tamara Bach.

Von Giulia Mirandola

In derselben Welt

Manche Schriftsteller*innen schreiben, indem sie vom Leben um sich herum ausgehen. Sie erkennen Muster darin, die für die meisten von uns unsichtbar oder unlesbar sind. Diese nehmen sie auf und bearbeiten sie, bis sie zum Material für eine geschriebene Erzählung werden, schließlich zur Handlung eines Buches, das in Tausenden von Exemplaren gedruckt wird. Fabio Geda arbeitet seit Jahren auf diese Weise mit Worten. Er ist geübt in dieser besonderen Art, der Außenwelt zuzuhören. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass er, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete, als Erzieher in Wohngemeinschaften für Jugendliche und im Sozialdienst arbeitete. In einer Anmerkung auf den letzten Seiten von Fai qualcosa! Non è mai troppo presto per far sentire la propria voce (Mondadori 2021) schreibt der Autor: „Ich mag Erzählungen, die zum Nachdenken anregen über das Auf-der-Welt-Sein, darüber, Teil einer Gemeinschaft zu sein, Bürgerinnen und Bürger mit Rechten und Pflichten zu werden, darunter auch die Pflicht, sich ebenso sehr für unseren Planeten zu interessieren wie für die Bewohner des eigenen Stadtviertels. Leben und Geschichten. Geschichten und Leben.“ Leben und Geschichten sind es, die Geda seit dem Beginn seiner literarischen Karriere erzählt. Er ist der Autor von Büchern wie Emils wundersame Reise (Deutsch 2014), L’esatta sequenza dei gesti (2008), Im Meer schwimmen Krokodile. Eine wahre Geschichte (Deutsch 2011). Seine jüngsten Bücher sind Im Winter Schnee, nachts Sterne. Geschichte einer Heimkehr (Deutsch 2021) und Fai qualcosa! (2021). Leben und Geschichten sind die seiner Hauptfiguren, Kinder und Jugendliche, die hier selbst zu Wort kommen. Geda muss sie nicht erfinden, denn sie existieren in der Wirklichkeit, und seine Leser*innen haben keinen Anlass, sie zu idealisieren, denn sie könnten ihre Freundinnen oder Klassenkameraden sein und sind nicht anders als sie selbst.

Welche Bücher für welches Alter

Das Programm Literarische Partnerschaften empfiehlt die Lektüre von Fai qualcosa! für die Sekundarstufe II, da die Hauptfiguren dasselbe Alter wie die Schüler*innen dieser Klassenstufen haben. Aber auch jüngere Kinder können schon Bekanntschaft mit den Büchern von Fabio Geda machen. In der 5. Klasse einer zweisprachigen Berliner Grundschule habe ich vor wenigen Wochen ein Kind Im Meer schwimmen Krokodile lesen sehen. Auch hier spielte vielleicht eine Rolle, dass der Erzähler, wenn er seine Reise aus Afghanistan nach Italien beginnt, etwa zehn Jahre alt ist, wie der Leser in jener Klasse. Ein Leseerlebnis kann eine Brücke schlagen zu weiteren Büchern desselben Autors, vor allem, wenn die beiden Erzählungen – bei allen Unterschieden – verbindende Elemente aufweisen. In Gedas Büchern sind das Mitgefühl, eine positive Grundeinstellung allem gegenüber, was uns als Menschen ausmacht, sowie die Erinnerung daran, dass wir selbst Teil der Geschichte sind. Es gibt nicht nur ein Alter, um Fabio Geda zu lesen. Es kann dasselbe sein, in dem sich Emil, Enaiatollah Akbari oder Anita, Zahira, Matteo und Luca befinden, die Kinder und Jugendlichen aus den Romanen von Fabio Geda. Das Alter derjenigen, für die es „nie zu früh ist, sich Gehör zu verschaffen“. Oder das derjenigen, die sich auf kein Alter festlegen lassen wollen.

Besser lesen, denken, sprechen

In einem Interview für den Blog der Stadtbibliothek von Venaria Reale bei Turin sagt Fabio Geda: „Gut lesen bedeutet besser denken und besser sprechen.“ Und er unterstreicht: „Als Kind zu lesen — irgendetwas zu lesen, aber auch und vor allem, sorgfältig gebaute Wörter und Sätze zu lesen, die wie Schlüssel verzauberte Türen öffnen – ja, das kann wirklich die Zukunft eines Menschen verändern.“ In diesen Tagen machen sich Zehntausende von Kindern und Jugendlichen in der Ukraine auf den Weg, auf der Suche nach Fluchtrouten und Überlebensperspektiven. Nicht nur nach einer Zukunft, mehr noch nach einer Gegenwart. In den Zeitungen lesen wir von einem elfjährigen Jungen, der allein aus der ukrainischen Stadt Saporischschja in die Slowakei floh. Bei sich hatte er einen Rucksack, seinen Reisepass, einen Brief seiner Mutter und eine auf die Hand geschriebene Telefonnummer. Da muss ich sofort an die erste Seite einer anderen wahren Geschichte denken, der von Enaiatollah Akbari, der Jahre gebraucht hat, um seine Reise aus dem Osten in den Westen zu bewältigen und sein Leben zu retten. Die Geschwindigkeit hingegen, mit der in dieser Zeit Millionen von Menschen aus der Ukraine fliehen, ist ohne Beispiel, sagt Unicef.  Wir wollen ihre Namen lesen, ihre Geschichten hören. Man möchte Fabio Geda bitten, uns so bald wie möglich in seiner universellen Sprache von diesem Exodus der ukrainischen Kinder und Jugendlichen zu erzählen.
 

Fabio Geda

Fabio Geda, Central Park, New York 2012 © Fabio Geda Der gebürtige Turiner Autor Fabio Geda lebt in der piemontesischen Hauptstadt. Jahrelang arbeitete er als Sozialpädagoge. Er schreibt für Kinder und Erwachsene. Seine Bücher werden in Italien von Einaudi, Mondadori, Feltrinelli, Baldini + Castoldi veröffentlicht und in über dreißig Sprachen übersetzt, unter anderem ins Deutsche.

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