Podcasts
Die Attraktivität des Auditiven

Podcasts sorgen auch bei Bahnfahrten für kurzweilige Unterhaltung
Podcasts sorgen auch bei Bahnfahrten für kurzweilige Unterhaltung. | © Adobe

Jede*r vierte Deutsche hört Podcasts, in den USA ist es bereits jede*r zweite. Was macht die Hör-Sendungen so beliebt und wer mischt mit in der deutschsprachigen Podcast-Szene?

Podcasts erleben eine Hochkonjunktur: Allein auf iTunes konnte man im April 2020 zwischen mehr als einer Million unterschiedlicher Podcasts mit insgesamt über 30 Millionen Einzel-Episoden auswählen – und täglich kommen neue hinzu.

Die weltweiten Vorreiter bei dieser Entwicklung sind die USA. Schon 2005 wurde das Kofferwort vom New Oxford American Dictionary zum Wort des Jahres auserkoren: Podcast setzt sich zusammen aus „pod“ – je nach Interpretation ein Kürzel für „play on demand“ oder „ipod“ – und der Silbe „cast“ von „broadcast“. Heute hat mehr als jede*r zweite Amerikaner*in einen Podcast abonniert. In Deutschland hört sich immerhin jede*r Vierte regelmäßig eine solche Sendung an. In der jungen Hörergruppe der 16- bis 29-Jährigen ist es sogar mehr als jede*r Dritte. Was macht die Audio-Serien so populär?

Bildungsangebot zum Passiv-Lernen

Viele Hörer*innen sehen Podcasts als eine Möglichkeit, sich im Alltag mit Themen auseinanderzusetzen, denen in klassischen Medienformaten zu wenig Raum gegeben wird. Anders als beim Radio können sie selbst entscheiden, was sie hören möchten. Zudem können sie Podcasts parallel zu den verschiedensten Aktivitäten konsumieren – beim Pendeln etwa, beim Sport oder während sie den Haushalt erledigen. Genau darin steckt das Potenzial des Formats: Sie können einen größeren Teil ihres Alltags dafür nutzen, sich gezielt weiterzubilden oder unterhalten zu lassen. Der Virologe Christian Drosten erläutert im NDR-Podcast wöchentlich die neuesten Erkenntnisse zur Corona-Pandemie. Der Virologe Christian Drosten erläutert im NDR-Podcast wöchentlich die neuesten Erkenntnisse zur Corona-Pandemie. | Foto (Detail): © picture alliance/dpa/Christophe Gateau Die einzelnen Programme sind sehr unterschiedlich. Manche erzählen Geschichten über mehrere Episoden hinweg, andere behandeln einen bestimmten Sachthemenbereich, wieder andere fokussieren sich auf Interviews. Die meisten Hörer*innen interessieren sich laut einer Bitkom-Studie in Deutschland für Programme aus den Themenbereichen Politik und Nachrichten, gefolgt von Film und Fernsehen, Sport und Freizeit und Comedy. Aber auch Podcasts zu wissenschaftlichen Themen sind populär. Immer mehr Universitäten stellen ihre Vorlesungen daher auch auf diese Weise zur Verfügung.  Am beliebtesten sind in Deutschland derzeit die satirischen Dialoge zwischen Jan Böhmermann und Olli Schulz in ihrem Podcast Fest & Flauschig. Mehrere 100.000 Hörer*innen soll das Format jede Woche haben, meistens reicht das für den ersten Platz in den Spotify-Charts. Fest & flauschig: Die Satiriker Jan Böhmermann und Olli Schulz auf der Plüschcouch. Fest & flauschig: Die Satiriker Jan Böhmermann und Olli Schulz auf der Plüschcouch. | Foto: © picture alliance/dpa/Henning Kaiser

Die Hoffnung auf das Millionengeschäft

Bei mehr als einer Million Podcasts allein auf iTunes allein kann man davon ausgehen, dass nur ein Teil des überwältigenden Angebots kommerziell erfolgreich ist. An der Spitze der Podcasts-Charts jedoch wartet ein Millionengeschäft: So hat The Joe Rogan Experience, mit 200 Millionen monatlichen Downloads der erfolgreichste Podcast der USA, 2019 in etwa 30 Millionen US-Dollar eingespielt.

Es gibt verschiedene Wege, mit einem Podcast Geld zu verdienen. Einer davon ist, einen exklusiven Deal mit Apple, Spotify oder einem anderen Streaming-Dienst abzuschließen. Spotify hat The Joe Rogan Experience im Mai 2020 unter Vertrag genommen – wohl mit dem Ziel, die riesige Hörer*innenbasis für sich zu gewinnen. Podcast-Produzent*innen mit wenigen Fans bleiben solche Angebote zumeist vorenthalten. Sie können stattdessen Abonnements verkaufen oder versuchen, Spenden von den Fans zu generieren. Eine weitere Option liegt in Werbung: Auch gesponserte Episoden und Product-Placement sind in der Welt der Podcasts keine Seltenheit.

Die Entstehung eines Podcast

Für die Betreiber*innen von Podcasts ist besonders attraktiv, dass die Hörsendungen recht unkompliziert herzustellen sind. Der erste Schritt in die Welt der Podcast-Produzent*innen ist schnell gemacht: „Einen Podcast zu betreiben ist prinzipiell sehr einfach und günstig. Man braucht nur ein Aufnahmegerät – das ginge schon mit einem Smartphone – und einen RSS Feed im passenden Format, um auf den diversen Plattformen gelistet zu werden“, erklärt uns Alexander Stegisch, Podcast-Experte und Co-Betreiber des österreichischen Fußball-Fan-Formats Spielfrei.

Mit seiner Kreativagentur unterstützt Stegisch auch andere Podcast-Betreiber*innen beim Aufbau und der technischen Umsetzung ihres Formats. Obwohl das Grundprinzip Aufnehmen-Hochladen-Anhören simpel erscheint, kann der Weg zum erfolgreichen Podcast noch weit sein, erklärt er: „So einfach das Starten eines Podcast auch ist, die Steigerung der Qualität bedarf dann doch einiges an Zeitaufwand. Aufnahmegeräte, Mikrofone, Soundpanels et cetera – es gibt viele Bereiche, die man optimieren kann. Bis wir bei Spielfrei die für uns passenden Mikros gefunden haben, haben sich die Dinger im Vorraum gestapelt.“ Dazu kommt die Post-Produktion, also das Schneiden und Editieren eines Podcast vor seiner Veröffentlichung. „Das ist zeitintensiv. Aber auch hier kann man sich Geld sparen und mit Gratis-Software wie Audacity arbeiten. Alternativen wie Adobe Audition sind zwar kostenpflichtig, dafür ist man etwas schneller.“

Um die Podcasts dann auch unter die Leute zu bringen, setzt man bei Spielfrei vor allem auf soziale Medien und den Austausch mit anderen Podcast-Betreiber*innen: „Wenn man es sich leisten kann, sind Social-Media-Kampagnen oder Werbespots in anderen Podcast sicher eine sehr zielführende Methode, um neue Hörer*innen zu gewinnen. Wenn die eigene Sendung etwas größer ist, wird man mitunter in andere Podcasts eingeladen. Auch das trägt zur Steigerung der Hörer*innenzahlen bei.“ Vor allem aber zählen selbstverständlich die Inhalte. Schließlich hört am Ende jede*r das, was ihm gefällt.