Vortrag und Dialog Politiken des Nationalen

Raoul Schrott  © Peter-Andreas Hassiepen

Do, 30.11.2017

19:30 Uhr

Goethe-Institut Peru

Raoul Schrott in Lima

Universalgelehrte gibt es heute nur noch wenige – Raoul Schrott kann man mit Fug und Recht als solchen bezeichnen. Der habilitierte Germanist hat sich zu einer wichtigen Stimme in der deutschsprachigen Literatur entwickelt,  weil er nicht nur in beeindruckender Weise die deutsche Sprache erforscht, formt und erweitert, sondern Literatur im Kontext gesellschaftlicher Debatten betrachtet, nach Ursprüngen sucht und über das Verhältnis von Geistes- und Naturwissenschaften nachdenkt. Zunehmend richtet sich sein Schaffen universalistisch aus, werden die Grenzen seiner Betrachtungshorizonte immer weiter gesteckt.
 
In Lima stellt er in Vorschau auf seinen Essayband, der 2018 erscheinen wird, seine Thesen zu „Politiken des Nationalen“ vor: ausgehend von jüngsten Bildern von Flüchtlingen untersucht er Begriffe wie Identität, Heimat, Grenzen und Religion. Er fragt danach, worauf unser heutiges Wertesystem beruht, und nimmt dabei mit Gelassenheit und scharfem analytischen Blick unsere Gewissheiten auseinander, demontiert, was wir sicher zu wissen meinten, setzt die Einzelteile neu zusammen und kommt so zu verblüffenden Erkenntnissen. Ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Debatte um Migration und Flucht, der zum Umdenken aufruft und zum Nachdenken veranlasst.  
 
Zum Autor
Raoul Schrott wurde 1964 in  Landeck/Österreich geboren. Mit 22 Jahren schloss er sein Studium der Germanistik, Anglistik und Amerikanistik an der Universität Innsbruck ab, zwei Jahre später wurde er dort promoviert und mit 30 Jahren habilitiert. Dazwischen führten ihn Studienaufenthalte nach Paris und Berlin, als Lektor für Germanistik arbeitete er drei Jahre in Neapel. Es folgten Gastprofessuren in Berlin, Tübingen und Bern.

Schon während seines Studiums begann Schrott zu schreiben, sein künstlerisches Werk umfasst vor allem Lyrik, Prosa und Essays, viele seiner Werke wurden in Hörspiele übertragen. Der Durchbruch gelang ihm 1995 mit seinem Roman „Finis Terrae – Ein Nachlass“. Sein 2003 erschienener Roman „Tristan da Cunha oder die Hälfte der Erde“ wurde von der Kritik begeistert gefeiert. Er übersetzte 2001 das Gilgamesh-Epos neu, 2008 folgte die Neuübersetzung von Homers Ilias. Sie gab Anlass zu großer wissenschaftlicher Diskussion, da er die These aufstellte, der Grieche Homer müsse im assyrischen Kulturraum gelebt haben.

2016 veröffentlichte er nach siebenjähriger Arbeit sein 850-Seiten-Werk „Erste Erde. Epos“, die Geschichte des Universums in Langgedichten, in denen er den Menschen mit allen Erkenntnissen heutiger Naturwissenschaften  konfrontiert, beginnend beim Urknall.
Am 12. März 2018 wird im Carl Hanser Verlag sein Essay-Band „Politiken & Ideen. Vier Essays“ erscheinen, in denen er sich Gedanken über Werte und Vorstellungen heutiger Gesellschaften und über ihre Ursprünge macht.
 
Für seine Arbeiten erhielt Raoul Schrott zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Berliner Literaturpreis,  den Peter-Huchel- und den Joseph-Breitbach-Preis.

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