Vorlesung Fashion Metropolis Berlin 1836-1939

Fashion Metropolis Berlin 1836-1939

Mi, 15.02.2023

17:00 Uhr – 19:00 Uhr PST

The Magnes Collection of Jewish Art and Life

The Story of the Rise and Destruction of the Jewish Fashion Industry | Vorlesung von Uwe Westphal

Etwas Einzigartiges entstand im frühen 19. Jahrhundert mitten in Berlin: ein Zentrum für Damenmode und Konfektion, für Ideen und Kreativität. Hunderte Konfektionsfirmen siedelten sich hier an, fertigten moderne Kleidung, entwickelten neue Modedesigns, die in ganz Deutschland gut verkauft sowie weltweit exportiert wurden. In den 1920er Jahren erreichte die Branche den Höhepunkt ihres Erfolgs. Die urbane und wohlhabende Frau der Weimarer Republik kaufte, mittlerweile vom Korsett befreit, in den Modehäusern Manheimer, Gerson oder Wertheim Kleider und Kostüme im „Berliner Chic“. Die Berliner Modeindustrie wurde zu einer globalen, begehrten Marke. Die Mode und die pulsierende Kunstszene Berlins regten die Kreativität an. Bauhaus-Architekten beeinflussten die Herstellung einfacher und effektiver Modedesigns, und Komponisten, Schauspieler und Regisseure populärer Musicals und Filme machten modische Themen zu alltäglichen Kulturgütern. Die Berliner Modeindustrie war so populär und lukrativ wie die Pariser Couture, und jüdische Modedesigner galten als Trendsetter für neue Stile in Europa.

Doch spätestens nach 1933 sahen sich die zumeist jüdischen Konfektionäre mit Hass und Gewalt konfrontiert. Im „Dritten Reich“ wurden viele Unternehmen „arisiert“, die Inhaber beraubt, vertrieben oder ermordet. Die neuen Besitzer kreierten statt weltgewandter Mode eher biedere Kleidung, die auch für ein völlig verändertes Frauenbild stand. Darüber hinaus profitierten sie von der Judenverfolgung, noch im Konzentrationslager wurden die versierten Kürschner, Modezeichner, Näherinnen und Zuschneider ausgebeutet, die dort entstandene Mode wurde teuer an NS-Größen verkauft. Das war das Ende von mehr als 100 Jahren kreativer Mode und jüdischem Design in der Metropole. Bis heute hat die deutsche Modeindustrie ihre aktive Rolle bei der Beschlagnahmung jüdischer Unternehmen ab 1933 nicht offiziell anerkannt. Einige jüdische Modedesigner, die ursprünglich aus Berlin stammten und denen die Flucht gelang, starteten erfolgreiche Karrieren in den USA.

Uwe Westphals Buch "Fashion Metropolis Berlin 1836-1939: The Story of the Rise and Destruction of the Jewish Fashion Industry" lässt die modische Vergangenheit Berlins wieder lebendig werden und erinnert gleichzeitig deutlich und schmerzhaft an das große Unrecht, das begangen wurde. Auf der Grundlage seines Buches wird Westphal in seinem Vortrag die jüdische Beteiligung an der Berliner Modeindustrie untersuchen und aufzeigen, wie Nazi-Loyalisten innerhalb der Branche zum Holocaust beitrugen. Uwe Westphal ist ein in Berlin und London lebender Autor. Er hat für die internationale Schriftstellervereinigung PEN sowie als Journalist und Produzent für PBS und CBS in New York gearbeitet. Er ist Autor von vier Geschichtsbüchern über das Dritte Reich, zahlreichen Essays und Artikeln im Vereinigten Königreich und in Deutschland. Seine Arbeiten wurden auch bei Radio 4 und BBC gesendet.  

Durchgeführt in Kooperation mit UC Berkeley Center for Jewish Studies, The Magnes Collection of Jewish Art and Life und dem deutschen Generalkonsulat.

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