Überlegungen zum öffentlichen Raum
Jenseits der Leinwand

Videostill Kristina Paustian, Positions, 2018 © die Künstlerin / n.b.k. | 1x1 © Kristina Paustian / n.b.k.

Von September 2023 bis Februar 2024 zeigte das Goethe-Institut Montreal in Kooperation mit dem Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) ein Programm von 20 Videoarbeiten aus der umfangreichen Videokunstsammlung des n.b.k. Video-Forum, kuratiert von Anna Lena Seiser (Leiterin Sammlung n.b.k. Video-Forum).

Gezeigt wurden Arbeiten renommierter Künstler*innen aus Deutschland, die wie Hito Steyerl, Alicja Kwade oder Antje Ehmann in Québec keine Unbekannten sind, aber auch Videoarbeiten internationaler Künstler*innen, wie Pilvi Takala, Richard Serra oder Young-Hae Chang Heavy Industries.

Die ausgewählten Arbeiten reflektieren einerseits – teils kritisch, teils humorvoll - die geografische Position der Projektionsflächen am Goethe-Institut Montreal, mitten in der Stadt, an einer befahrenen Kreuzung, also einem Ort des urbanen Durchgangs, andererseits stellen sie aber auch die Diversität der Sammlung n.b.k. Video-Forum dar.

Die einzelnen Filme wurden jeweils eine Woche lang von Sonnenuntergang bis 2:00 Uhr morgens auf die drei äußeren Projektionsflächen des Goethe-Instituts projiziert und konnten zusätzlich während der Öffnungszeiten des Instituts auf einem Bildschirm im Haus gesehen werden.

  • „S.C.H.A.F.E.“ von Wolf Kahlen © Wolf Kahlen/n.b.k.

    1975
    37:55 Min.

    In S.C.H.A.F.E. arbeitet Wolf Kahlen mit einer Herde von 106 Schafen, die sich im Laufe des Videos in monumentaler Weise selbst beschreibt, indem sie sich gesammelt und nacheinander zu den einzelnen Buchstaben S, C, H, A, F und E formieren. Vorgezeichnet wird die Form des jeweiligen Buchstabens durch Haferflocken auf der Wiese. In jeder Szene strömen die Schafe eilig aus und bewegen sich immer enger zusammen bis sie sich schließlich zu dem entsprechenden Buchstaben gruppieren. Langsam löst sich der Buchstabe im Anschluss wieder auf, wenn das Futter gefressen ist und vereinzelte Schafe und schließlich die ganze Gruppe weiterziehen um sich in der folgenden Szene zu dem nächsten Buchstaben zu begeben. Dabei sorgen zwei Schäferhunde dafür, dass sich alle Schafe anschließen. Das Video erforscht den Prozess der Formation und Deformation von Bild und Sprache und befragt dabei Formen der Kommunikation als fremdgesteuertes, kollektives Programm.


    Der Videokunstpionier Wolf Kahlen (*1940 in Aachen / Deutschland, lebt in Berlin und Bernau bei Berlin) ist Gründungsmitglied des heutigen Video-Forums, das 1971 unter dem Namen Videothek mit seiner Arbeit Reversible Prozesse (1971) eröffnete. Der Video-, Medien- und Objektkünstler bezeichnet sich aufgrund der Intermedialität seiner Videoskulpturen selbst als "Medienbildhauer". Kahlen setzte sich in seinen Arbeiten bereits in den 1960er Jahren kritisch mit dem neu aufkommenden Massenmedium Fernsehen auseinander, so verspiegelte er in seinen Videoskulpturen etwa die Bildröhre, um den Raum der Betrachter*innen zum Inhalt des Fernsehens zu machen. Ferner war er Mitbegründer der Aktionen der Avantgarde (1973-1974) in Berlin und gründete 1985 den Berliner Ausstellungsort für Video- und Klangkunst Ruine der Künste. Kahlen ist emeritierter Professor für Intermediäre Kunst am Institut für Architektur der Technischen Universität Berlin.

  • „How to make a Revolution“ von Lucia Tkácová und Anetta Mona Chisa © Lucia Tkácová, Anetta Mona Chisa/n.b.k.

    How to Make a Revolution

    Anetta Mona Chişa, Lucia Tkáčová
    2006
    02:55 Min.

    In ihren kollaborativen Arbeiten adressieren Anetta Mona Chişa und Lucia Tkáčová Geschlechterverhältnisse sowie ihre eigene Rolle als osteuropäische Künstlerinnen in einer westlich dominierten Kunstwelt. In How to Make a Revolution ist die Kamera auf einen leuchtenden Computerbildschirm im dämmrigen Abendlicht gerichtet. Eine anonyme Person tippt auf der Tastatur das Szenario eines zukünftiges Lebensverlaufs, in Form einer Auflistung verschiedener Maßnahmen, die zu einem Durchbruch im Kunstbetrieb verhelfen sollen. Der dargestellte Masterplan führt nicht nur die intimen Hoffnungen auf eine erfolgreiche Künstler*innenkarriere ad absurdum, sondern stellt gleichzeitig die Frage nach dem Potential zur Veränderung eines bestehenden Systems.


    Anetta Mona Chişa (*1975 in Nădlac / Rumänien, lebt in Berlin und Prag) und Lucia Tkáčová (1977 in Banská Štiavnica / Slowakei, lebt in Berlin und Prag) kollaborieren seit 2000 und verfolgen zusätzlich ein jeweils eigenständiges Werk. Sie befassen sich mit Transformationsprozessen in Kunst-, Politik- und Genderdiskursen des postkommunistischen Europas. Ihre Videoperformances, Installationen und Textarbeiten hinterfragen humorvoll die Verhältnisse unter Akteurinnen des internationalen Kunstbetriebs, insbesondere die Erwartungen des profitorientierten Westens an osteuropäische Künstler*innen. Der postkommunistische Transformationsprozess mit seinen mehrfachen Brechungen und Diskontinuitäten steckt den inhaltlichen Rahmen vieler ihrer Arbeiten ab.

  • „Strike“ von Hito Steyerl © Hito Steyerl/n.b.k.

    Strike

    Hito Steyerl
    2010
    00:35 Min.

    Strike, bislang Steyerls kürzester Film, zeigt einen sehr direkten medienkritischen Akt: Mit Hammer und Meißel nähert sich die Künstlerin einem schwarzen LCD Flatscreen, setzt an und lässt ihn mit einem gezielten Schlag zersplittern. Die Risse in der Oberfläche und die daraus resultierenden Spiegeleffekte ergeben ein neues, abstrakt-ästhetisches Bild, das wiederum an frühe Experimente der Videokunst denken lässt. Mit ihrer einschlagenden Geste erinnert uns Hito Steyerl an die physische Realität medialer Bilder.

    Hito Steyerl (*1966 in München, lebt in Berlin) gehört zu den einflussreichsten Künstler*innen der Gegenwart und formt den Diskurs um den sogenannten „Documentary Turn“ seit den 1990er Jahren maßgeblich. Sowohl ihre theoretischen Texte als auch ihre künstlerischen Arbeiten in den Medien Video, Film und Performance beschäftigen sich mit postkolonialer und feministischer Repräsentationskritik, wobei sie das Dokumentarische durch Strategien der Fiktionalisierung aufbricht und durchdringt. In ihren Essayfilmen und raumgreifenden Videoinstallationen untersucht Steyerl die Politik der Bilder und hinterfragt die ihnen eingeschriebenen Machtmechanismen, während sie politische Konflikte, den gesellschaftlichen Wandel in unserer technologisierten Gesellschaft und die Funktionsweisen unserer kapitalistischen Lebenswelt kritisch beleuchtet.

  • „SORRY“ von Stefan Panhans © Stefan Panhans/n.b.k.

    SORRY

    Stefan Panhans
    2010
    09:35 Min.

    SORRY (2010) zeigt mit einer einzigen konstanten Kameraeinstellung eine beklemmende Szenerie in einem nachgebauten ICE-Wagon. Es ist eine Situation, die sofort vertraut ist: Ein überfüllter Zug, alle Sitzplätze sind belegt und die bescheidenen Gepäckablagen hoffnungslos überfüllt. Immer mehr Personen drängen sich auf der Suche nach einer Nische mit XXL-Kaffeebechern und teils skurrilem Gepäck durch den schmalen Gang und wieder zurück, da es im hinteren Teil des Wagon nicht besser zu sein scheint. Die Reisenden in Panhans' Arbeit erscheinen zudem vertraut, da sie Doppelgänger*innen diverser Prominenter darstellen. So tauchen die Sängerin Amy Winehouse, der Modeschöpfer Karl Lagerfeld, der Künstler Jonathan Meese, der Sänger Bill Kaulitz (Tokio Hotel) und - sogar mehrfach - der Schauspieler Johnny Depp auf. Auch die Anwesenheit von Lara Croft und von SEK-Beamten in voller Montur verleihen der Szenerie eine absurde wie beklemmende Surrealität. Das einzige gesprochene Wort im Video ist ein kurzes "Sorry" von Johnny Depp, der Bill Kaulitz versehentlich anrempelt und sich entschuldigt.

    Stefan Panhans (*1967 in Hattingen / Deutschland, lebt in Berlin und Hamburg) konzentriert sich in seinen Fotografien, Videos, Textcollagen und Zeichnungen hauptsächlich auf Phänomene des Alltagslebens in der Mediengesellschaft und auf urbane Erscheinungsformen. Seine Arbeiten basieren auf Recherchen und akribischen Beobachtungen und thematisieren Auswirkungen der Medien auf Körper und Geist wie den Druck zur medialen Selbstdarstellung und -optimierung.

  • „In Ewig den Zufall betrachtend“ von Alicja Kwade © Alicja Kwade/n.b.k.

    Alicja Kwade
    2014
    08:16 Min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    Die Videoinstallation In Ewig den Zufall betrachtend zeigt Würfel, die unaufhörlich von links nach rechts rollen, ohne jemals anzuhalten. Indem Kwade den Würfel als Symbol des Glücks verwendet und ihn als Methode zum Treffen von Entscheidungen oder zum Aufspüren des Ergebnisses eines Prozesses wirft, hat er eine formal einfache, aber starke Metapher für das menschliche Streben nach Gewissheit gefunden.

    In ihren Skulpturen, Raum- und Lichtinstallationen sowie Videoarbeiten setzt sich Alicja Kwade (*1979 in Katowice / Polen, lebt in Berlin) immer wieder mit dem Verhältnis von Fiktion und Realität auseinander. Ihre Arbeiten sind formale Erklärungsversuche für wissenschaftliche oder philosophische Phänomene und beleuchten unsere Wahrnehmung der Realität sowie gesellschaftliche Konventionen. Dabei arbeitet Kwade mit materiellen Eigenschaften, Darstellungsweisen und den damit verbundenen Erwartungen sowie mit Vorstellungen von Zeit und Raum.

  • „Umgiessen“ von Harun Farocki © Harun Farocki / n.b.k

    Umgießen

    Harun Farocki
    2010
    19:28 Min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    In Umgießen versucht Farocki die berühmte Fluxus-Performance Zyklus für Wassereimer (oder Flaschen) von Tomas Schmit aus dem Jahr 1962 zu heutigen Bedingungen aufzuführen, in diesem Fall von einem Roboter. In Schmit’s Performance gießt ein*e von Wassereimern oder -Flaschen umgebene*r Performer*in im Uhrzeigersinn Wasser von einem in den in den nächsten Behälter, bis alles Wasser verdunstet oder verschüttet ist. Wofür in der Original-Performance viele Stunden benötigt werden, braucht Farockis Roboter nur wenige Minuten, wodurch Farocki eine humorvolle Verkehrung der vielbeschworenen höheren Effizienz von Maschinen im Vergleich zu Menschen gelingt.

    Harun Farocki (*1944 in Nový Jičín / Tschechische Republik, †2014 bei Berlin) ist einer der einflussreichsten deutschen Filmemacher im Genre des Essayfilms - sein Lebenswerk umfasst mehr als 100 Experimental- und Dokumentarfilme, Essayfilme, Kurz- und Spielfilme. Ab Mitte der 1990er Jahre erweiterte Farocki seine filmische Praxis um Videoinstallationen in den Räumen der bildenden Kunst. Im Mittelpunkt seines Ansatzes steht die Untersuchung der Bedeutung von Bildern, ihrer Entstehung und vor allem der Machtstrukturen, die ihnen eingeschrieben sind. Seine Arbeit beschäftigt sich mit der Optik und Visualisierung von Gewalt sowie mit den politischen Dimensionen des Filmischen und der Macht technischer Bilder. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit arbeitete Farocki auch als Autor und Redakteur für die Zeitschrift Filmkritik und lehrte an der University of California, der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, der Universität der Künste Berlin und der Akademie der bildenden Künste Wien.

  • „e-constellations“ von Thomas Schmit © Thomas Schmit / n.b.k

    e-constellations

    Tomas Schmit
    2004
    24:59 Min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    Dem Zusammenspiel von Wort und Bild kommt in Tomas Schmit‘s Arbeiten eine besondere Bedeutung zu. Sein Spätwerk e-constellations (2004) basiert auf 200 schlichten Zeichnungen aus gelben Fixpunkten und weißen Verbindungslinien auf schwarzem Grund. Einem Mobile gleich ergeben sich aus den Punkten und Linien ständig neue Permutationen. Als digitale Diashow hintereinander präsentiert, fungieren sie wie eine „Schule des Sehens“ und werden vom Künstler in einem Verfahren, das an Rätselspiele und das Deuten von Sternbildern erinnert, mit englischen Begriffen betitelt. Die Audiospur zu e-constellations zeichnete Schmit in einem Durchgang in seiner Berliner Wohnung in der Linienstraße 158 auf. Immer wieder hört man Straßengeräusche oder Gesprächsfetzen im Hintergrund. e-constellations bildete für Schmit den Anstoß zu einer Reihe weiterer Arbeiten, in denen er auf Audioaufnahmen und den Computer als bildgebendes Medium zurückgriff.

    Als Pionier der Fluxus-Bewegung der 1960er Jahre war Tomas Schmit (*1943 in Wipperfürth / Deutschland, †2006 in Berlin) maßgeblich an der radikalen Infragestellung der bürgerlichen Kunst und der Entstehung einer neuen Ästhetik beteiligt. In seiner künstlerischen Praxis, die sich ab 1970 vor allem auf die Zeichnung konzentrierte, setzte er sich ausgehend von konkreten Alltagsbeobachtungen humorvoll mit Sprache, Logik, Paradoxie, Biologie, Verhaltensforschung und Wahrnehmung auseinander.

  • „Worker's Forum“ von Pilvi Takala © Pilvi Takala / n.b.k

    Worker's Forum

    Pilvi Takala
    2015
    31:55 Min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    Der animierte Gruppenchat in Pilvi Takalas (*1981 in Helsinki, lebt und arbeitet in Berlin und Helsinki) Worker’s Forum entstand aus der Erfahrung der Künstlerin als sogenannte Microtaskerin in den Vereinigten Staaten. Microtasker sind billige Arbeitskräfte, die ohne spezielle Ausbildung oder Vorkenntnisse für kleine Teilarbeitsschritte von Online-Unternehmen bezahlt werden. Je nach Aufgabe wird eine Gruppe oder Masse von Menschen zur Erfüllung der Arbeit angeworben. Takala arbeitete für einen Dienst, bei dem Nutzer*innen dafür bezahlen, dass eine vorgetäuschte Freundin oder ein Freund ihnen eine SMS schickt. Die zu bearbeitende Aufgabe lautete: „Schreibe eine Textnachricht, die positiv, ansprechend und überzeugend in der Art von jemandem geschrieben ist, der einer Lebensgefährtin oder einem Lebensgefährten eine SMS schreibt.“ Das Video basiert auf Gesprächen, die in einem Diskussionsforum zwischen den beteiligten Microtasker*innen stattfanden. Die Gruppe versuchte gemeinsam herauszufinden, wie man ein*e unsichtbare*r Partner*in sein kann. Die Arbeiter*innen äußern echte Besorgnis hinsichtlich der Nutzer*innen – obwohl sie unterbezahlt sind und in einem System arbeiten, das darauf ausgelegt ist, menschlichen Kontakt und Fürsorge zu minimieren und zu erschweren.

    Pilvi Takala (*1981 in Helsinki, lives and works in Berlin and Helsinki) uses performative interventions as a means to process social structures, questioning normative rules and truths of our behavior in different cultural contexts. Pushing the boundaries of various genres – including documentary film and performance –, Takala’s works shed light on the implicit rules of social situations which often only become visible through their disruption.

  • „Labour in a single shot: Marseille. Portrait of a city" von Antje Ehmann und Eva Stotz © Antje Ehmann und Eva Stotz / n.b.k

    Labour in a Single Shot: Marseille. Portrait of a city composed by Labour-in-a-Single-Shot films

    Antje Ehmann, Eva Stotz
    2018
    36:13 min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    Basierend auf weltweit durchgeführten Workshops, werden für Labour in a Single Shot Videos von ein bis zwei Minuten Länge produziert, die in einer einzigen Einstellung aufgenommen sind. Die Kamera kann statisch sein, schwenken oder eine Fahrt machen – nur Schnitte sind nicht vorgesehen. Der Untersuchungsgegenstand ist das Thema „Arbeit“ in seinen vielfältigen Ausprägungen: bezahlte oder unbezahlte, materielle oder immaterielle, traditionsreiche oder die gänzlich neuen Arbeitsformen im digitalen Bereich. Auch das Thema der filmischen Arbeit an sich, der Arbeit verschiedener Bildproduktionen und der Aspekt der kollektiven Arbeit wird in Labour in a Single Shot immer wieder aufgenommen. Labour in a Single Shot: Marseille. Portrait of a City entstand 2018 im Rahmen eines Workshops in Marseille und setzt sich aus 20 Einzelporträts folgender Berufe zusammen: Filmvorführer, Messerschleifer, Orangenverkäufer, Bodybuilderin, Fisch-Fußpfleger*in, Techniker, Fischverkäufer, Friseur, Helferin für Analphabet*innen, Tierverkäufer, Videoeditor, Feuerwehrleute, Schriftstellerin, Baumaschinenfahrer, Fleischverkäuferin, Schneider, Kleidersortiererin, Bauarbeiter, Musiker, Straßenfeger.

    Antje Ehmann (*1968 in Gelsenkirchen, lebt in Berlin) ist Kuratorin, Autorin und Künstlerin. In zahlreichen Ausstellungen, künstlerischen Projekten und Publikationen hat sie sich mit der Geschichte des Films und der Stadtentwicklung auseinandergesetzt. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2014 arbeitete Ehmann auch mit dem Filmemacher und Autor Harun Farocki zusammen, mit dem sie 2011 das serielle Projekt Labour in a Single Shot initiierte. Seit 2017 führen Stotz und Ehmann Labour in a Single Shot fort.

    Eva Stotz (*1979 in Isny, lebt in Berlin) ist eine Dokumentarfilmerin und Regisseurin, die sich in ihren Arbeiten unter anderem mit den Auswirkungen der Globalisierung auseinandersetzt.

     

  • „Once upon a time“ von Corinna Schnitt © Corinna Schnitt / n.b.k

    Once Upon a Time

    Corinna Schnitt
    2006
    25:11 min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    Mit Once upon a Time überführt Corinna Schnitt ein gutbürgerliches Wohnzimmer in einen tragikomischen Schauplatz, der von Katzen, Hunden, Papageien, Kaninchen, Lamas und Kühen eingenommen wird. Eine auf dem Boden aufgestellte Kamera, die den Raum in einer 360-Grad-Drehung abtastet, dokumentiert, wie die domestische Ordnung nach und nach auf den Kopf gestellt wird. Während die Tiere sich den vorgefunden Raum zu eigen machen, kommt man gleichzeitig nicht umher, ihre Verhaltensweisen und Interaktionen als symbolische Momente für ein gesellschaftliches Miteinander zu lesen.

    Corinna Schnitt (*1964 in Duisburg/Deutschland, lebt in Braunschweig/Deutschland) konzentriert sich in ihren Videoarbeiten oft auf scheinbar beiläufige, aber aufwändig inszenierte Beobachtungen des bürgerlichen Alltags - seiner Normen, Eigenheiten und Absurditäten -, die sie an der Schnittstelle zwischen Dokumentation und Fiktion ironisch beleuchtet. Die Beziehungen der Menschen zueinander und zur Natur sind wiederkehrende Motive in Schnitts Videos.
     

  • „In the event of amnesia the city will recall … “ von Denis Beaubois © Denis Beaubois/n.b.k.

    In the event of amnesia the city will recall...

    Denis Beaubois
    1997
    09:59 Min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    Die Videoarbeit In the event of amnesia the city will recall... entstand auf der Grundlage einer dreitägigen Aktion im öffentlichen Raum von Sydney, bei der sich der Denis Beaubois an zwölf verschiedenen Orten gegenüber von Überwachungskameras postierte, die er als sein eigentliches Publikum auffasste. Der Künstler begann mit den Überwachungskameras zu interagieren und benutzte beschriftete Papptafeln, um mit ihnen in einen Dialog zu treten. Durch geschickte Schnitttechnik, wie dem Einsatz von Schuss-Gegenschuss, gelingt es Beaubois, den Eindruck zu erwecken, als würden die Kameras auf seine Kommunikationsversuche reagieren, etwa wenn eine Kamerabewegung von links nach rechts als das Verneinen einer Frage durch Kopfschütteln gelesen wird. Beaubois persifliert das vermeintliche Sicherheitsstreben der Kontrollgesellschaft, indem er deren Technik auf humorvolle Weise gegen sich selbst richtet.

    Das Werk von Denis Beaubois (*1970 in Moka / Mauritius, lebt in Sydney) umfasst Fotografie, Video und Performance, die der Künstler manchmal als Teil von Kollektiven wie den Post Arrivalists und Gravity Feed, einem Performance-Theater an der Schnittstelle zwischen bildender Kunst, Architektur und Theater, realisiert.

  • „Positions“ von Kristina Paustian © Kristina Paustian/n.b.k.

    In the event of amnesia the city will recall...

    Kristina Paustian
    2016
    08:22 Min.
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    Eine Gruppe junger Frauen sitzt auf einem Hochhausdach vor einer Skyline. Uniformiert und bewaffnet, richten sie ihre Gewehre auf ein Ziel, das außerhalb des Bildes liegt und für die Betrachter*innen im Verborgenen bleibt. Stattdessen rückt die Kamera die Körperhaltungen und Gesichtsausdrücke der Protagonist*innen in den Fokus. Mit Positions präsentiert Kristina Paustian eine ästhetische Studie über Formen des Widerstands – sowohl gegen politische Systeme als auch normative Geschlechtervorstellungen.

    Kristina Paustian (*1985 in Omsk / Russland, lebt in Berlin) arbeitet mit Videokunst, Film, Videoinstallation und Videoperformance und ist Gründungsmitglied von UNST, einem Kollektiv von Medienkünstlern, Kuratoren und Wissenschaftlern, das sich der Entwicklung experimenteller Ausstellungsformate für zeitbasierte Medien widmet. Paustian untersucht in ihrer Arbeit kulturanthropologische und soziopolitische Themen und erforscht die Komplexität des Sehens und Gesehenwerdens. Ihre Filme beschäftigen sich mit Identitäts- und Erinnerungspolitik, der Inszenierung von Geschlechterrollen und Feminismus sowie mit körperlichen Gesten und der Aneignung von Verhaltensnormen.

  • Walls Have Feelings by Eli Cortiñas / n.b.k. © Eli Cortiñas / n.b.k.

    Walls Have Feelings

    Eli Cortiñas
    2019
    13:12
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)

    In Walls Have Feelings beschäftigt sich Eli Cortiñas mit der Macht, die Objekte und Architekturen haben, um Veränderungen in der Welt der Politik und der Arbeit zu bewirken. Die Protagonisten des Films sind Büroräume, Wände, Kunstwerke und technische Gebilde, die als Autoritätsfiguren oder als Bewahrer und Verstärker verschiedener Formen von Macht auftreten. Ausgehend von der Gestaltung des Raums in totalitären Systemen werden in dieser essayistischen Erzählung aus dem Blickwinkel der Objekte Verbindungen zwischen politischen Herrschaftsstrukturen, industriellen Produktionsbedingungen und neoliberalen Wertschöpfungssystemen hergestellt.

    Über die Künstlerin
    Das visuelle Gedächtnis wird in den Arbeiten von Eli Cortiñas (*1979 in Las Palmas de Gran Canaria, lebt und arbeitet in Berlin) in Frage gestellt. Der Film- und Videokünstler analysiert bereits vorhandenes Filmmaterial aus Werbung, Film und Popkultur, überarbeitet und rekontextualisiert dieses durch leichte Veränderungen oder die Gegenüberstellung mit eigenen Aufnahmen.

  • BOOMERANG, Nancy Holt & Richard Serra | n.b.k. Videoforum © Nancy Holt / Richard Serra / n.b.k.

    Boomerang

    Richard Serra / Nancy Holt  
    1974 
    10:50  
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)  

    Nancy Holt, Protagonistin des von Richard Serra realisierten Videos, ist mit Mikrophon und Kopfhörern in zwei Signalrichtungen mit der Außenwelt verbunden. Während sie vor der Kamera spricht, spielen die Kopfhörer ihre Worte mit einer einsekündigen Verspätung zurück. In einem Monolog unterzieht sie sich einer Selbstbeobachtung, indem sie ihr Verhältnis zu sich selbst in einer „Welt verdoppelter Reflexionen und Brechungen“ beschreibt. Sie versucht einer Erfahrung Ausdruck zu geben, die der durchgehenden technischen Mediatisierung der Lebenswelt entspricht: Sie fühlt sich von sich selbst „entfernt“, was in diesem konzeptuellen Video in einer diskursiven Form dargestellt wird. 
     
    Richard Serra (*1939 in San Francisco / USA, lebt in New York und Nova Scotia / Kanada) ist seit den 1960er Jahren vor allem als Bildhauer monumentaler Plastiken im Außenraum bekannt. Für seine Skulpturen arbeitet er mit industriellen Werkstoffen wie Blei und Gummi, Eisen und Stahl, wobei sowohl die Beschaffenheit des Materials als auch der Bezug zum Raum zentrale Elemente seiner Arbeiten sind. Mit Nancy Holt (*1938 in Worcester / USA, †2014 in New York), einer Pionierin der ortsspezifischen Installation und des experimentellen bewegten Bildes, entstand eine gemeinsame Videoarbeit. Neben Arbeiten im Bereich der Land Art sowie großformatigen Installationen im öffentlichen Raum experimentierte Holt insbesondere zu Beginn ihrer Karriere mit Fotografie und Video.

  • „Parken“ von Asta Gröting © Asta Gröting / nbk

    Parken

    Asta Gröting 
    2001
    04:37  
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)  

    PARKEN ist beispielhaft für Asta Grötings künstlerischen Ausgangspunkt, zwischenmenschliche Beziehungen auf emotionaler und konzeptueller Ebene zu ergründen. Eine enge Straße, eingerahmt von zwei parkenden Autoreihen ist alles, was die starre Kamera aus der Vogelperspektive erfasst. Manchmal fährt ein Auto raus und lässt einen freien Parkplatz entstehen, um den augenblicklich mehrere Autofahrer*innen konkurrieren. Hektisch und nervös navigieren die Fahrzeuge durch die enge Straße, drängeln sich vor und blockieren jeweils den anderen. Die Bewegungen zeigen ein Spektrum von Taktiken auf, die symbolisch für den Wettstreit in einer neoliberalen Arbeitsgesellschaft stehen.   
     
    Asta Gröting
    (*1961 in Herford / Deutschland, lebt in Berlin) untersucht den menschlichen Körper als Ort der inneren wie äußeren Kommunikation anhand ihrer Mitmenschen sowie der eigenen Psyche. In Referenz zum Ready-Made und zur Entwicklung der Materialästhetik seit den 1960er Jahren setzt sie sich theoretisch wie künstlerisch mit Alltagssprache auseinander und visualisiert komplexe Problematiken des menschlichen Zusammenlebens aus kultur- und wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive. Sie konzentrierte sich in ihrem Werk zunächst auf die Bildhauerei, bevor sie sich ab 1993 auch den Möglichkeiten des Bewegtbildes zuwandte.

  • „Selogilwe“  von Lerato Shadi  © Lerato Shadi  / nbk

    Selogilwe  

    Lerato Shadi  
    2010 
    07:03:56  
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)  

    Selogilwe ist eine siebenstündige Performance, die für Video konzipiert und in einer ununterbrochenen Einstellung gefilmt wurde. Während der gesamten Zeit sitzt Shadi auf einem weißen Sockel und strickt einen roten Wollfaden, der aus ihrem Bauchnabel zu kommen scheint und einer Nabelschnur ähnelt. Der Begriff "Selogilwe" bedeutet in Setswana „gewoben“ / „verflochten“ und kann sowohl konkret auf die sich wiederholende Handlung des Strickens als auch bezogen auf das Vergehen der Zeit verstanden werden, deren Dauer sich im immer länger werdenden Wollgestrick materialisiert.  
    Mit fortschreitender Zeit wird das rote Strickwerk länger, zugleich werden die Müdigkeit und die körperliche Unruhe der Performerin immer deutlicher und es entsteht eine physische Darstellung der Zeit. 
     
    Die Video-, Performance- und Installationskünstlerin Lerato Shadi (*1979 in Mafikeng / Südafrika, lebt in Berlin und Johannesburg) studierte Bildende Kunst an der Universität Johannesburg und an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Sie befasst sich hauptsächlich mit Diskursen der In- und Exklusion und der Visibilität von People of Colour und kritisiert rein westliche Vorstellungen von Geschichte. Viele Arbeiten der Künstlerin nehmen den Körper als Ausgangspunkt um – mittels langer, körperlich anstrengender Performances – die Gewalt und Wirkmacht von Bildern sowie Fragen von Monumentalität und Gender zu thematisiert.

  • „Record Archive on Videotape “ von Claus Böhmler © Claus Böhmler / nbk

    Record Archive on Videotape   

    Claus Böhmler 
    1987 
    03:04:00  
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.)  

    Das 1987 entstandene Werk Record Archive on Videotape zeigt in einer einzigen Kameraeinstellung einen laufenden Schallplattenspieler, auf dem der Künstler über 184 Minuten diverse Schallplatten in Gänze hintereinander abspielt. Unterbrochen werden die Audio-Mitschnitte nur für kurze Momente durch den Eingriff der Hand des Künstlers, wenn er die Platte wechselt. In einem bunten Mix hören wir musikalische ebenso wie ethnologische, politische oder naturkundliche Aufzeichnungen oder werden, wie beispielsweise über die Filmmusik des Hitchcock-Klassikers Psycho oder Aufzeichnungen der US-amerikanischen Unterhaltungssendung The Ed Sullivan TV-Show auf andere Medienformen verwiesen. Das Video fungiert als Anleitung zu einer offenen Assoziations- und Gedankenreise, die die vielfältigen Prägungen und sinnlichen Zugänge zu Erinnerungsräumen so einfach wie prägnant darlegt.

  • I am an artist, Les Levine (1975) © Les Levine / n. b. k.

    I am an Artist

    Les Levine
    1975
    16:37  
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.) 

    In seinem Video I am an Artist spaziert Les Levine durch die Straßen von New York und beharrt auf einem "reinen" Kunstbegriff: Er sei ein Künstler und könne sich daher nicht einmischen. Dennoch wendet er sich mit seinem Monolog ständig an die Kamera, die ihm folgt, sowie an neugierige Passanten. Indem er mit kommunikativen Strukturen spielt, stellt Levine in seinem Werk das gesellschaftliche System Kunst immer wieder mit ironischen und provokanten Aussagen in Frage. 

    Grundlage der konzeptuellen Arbeit des Pioniers für Video- und Medienkunst Les Levine (*1935 in Dublin, lebt in New York) ist das Spiel mit kommunikativen Strukturen. Er erfasst Kunst als soziales System, das er immer wieder mit ironischen und provokativen Setzungen infrage stellt. Bereits Mitte der 1960er Jahre drehte Levine seine ersten Videos mit der Sony-Portapak-Kamera und 1968 entwickelte er die erste Closed-Circuit-Videoinstallation.

  • „Video – Ich sehe mich / Mimikry" von Michael Geißler / Rosalia Müller © Michael Geißler / Rosalia Müller / n.b.k.

    Video - Ich sehe mich / Mimikry

    (Exzerpt)
    Michael Geißler / Rosalia Müller
    1977
    00:06:55  
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.) 

    Die Arbeit Mimikry von Rosalia Müller gehört zur Videoreihe Video – Ich sehe mich aus dem Jahr 1977 mit mehreren kurzen Arbeiten von Einzelpersonen vor der Kamera, die das performative Potential des Mediums für die Selbstinszenierung hervorheben. Produziert und konzeptioniert wurde die Serie vom deutschen Künstler Michael Geißler, der 1969 das Kollektiv "VAM" (Video-Audio-Medien) gründete. VAM entwickelte einen unabhängigen, dokumentarischen Videostil, der gleichzeitig spielerisch und fantasievoll war. VAM waren das erste Videoprojekt dessen Produktionen im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurden und nahmen an der der Documenta 6 im Jahr 1977 teil. In Mimikry führt die Künstlerin Rosalia Müller auf humorvolle Art und Weise vor, wie man mit Hilfe einer Kamera an seinem eigenen Bild und Ausdruck arbeiten kann. Müllers Arbeit ist ein etwa 7-minütiger Auszug aus der originalen Videoreihe, die insgesamt 1:02:30 Min lang ist.

    Michael Geißler (*1942 in Berlin, †2003 ebenda) zählte zu der ersten Generation Videokünstlerinnen in Deutschland. Er gehörte zum ersten Jahrgang Studierender an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, wurde aber bereits nach einem Jahr aufgrund der Besetzung des Springer-Hauses zwangsexmatrikuliert. 1969 gründete er das Kollektiv von Videokünstlerinnen VAM, der Name steht für Video, Audio, Medien. Die Gruppe mit wechselnder Besetzung arbeitete an einem eigenständigen, dokumentarischen, aber auch spielerischen Videostil, thematisch setzte sie sich mit sozialen und gesellschaftspolitischen Themen auseinander. Insgesamt entstanden rund 370 Videoproduktionen, an denen Michael Geißler beteiligt war.

  • To Valerie Solanas and Marilyn Monroe in Recognition of their Desparation by Pauline Boudry / Renate Lorenz © Pauline Boudry / Renate Lorenz / n. b. k.

    To Valerie Solanas and Marilyn Monroe in Recognition of their Desperation

    Pauline Boudry / Renate Lorenz
    2013
    00:13:56
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.) 

    In der Videoarbeit To Valerie Solanas and Marilyn Monroe in Recognition of their Desperation (2013) spielen sechs Interpret*innen die gleichnamige Partitur der US-amerikanischen Avantgarde-Komponistin und Klangkünstlerin Pauline Oliveros (1932–2016) von 1970. Oliveros entwickelte das Stück basierend auf der Lektüre des radikal feministischen SCUM Manifesto (1967) von Valerie Solanas, die später als Schützin von Andy Warhol Berühmtheit erlangte. Die Komposition fordert die Interpret*innen auf, jeweils fünf Tonhöhen zu wählen und sehr lange Töne zu spielen, moduliert oder nicht moduliert. Im mittleren Teil des Stücks werden die Performer*innen, Rachel Aggs, Peaches, Catriona Shaw, Verity Susman, Ginger Brooks Takahashi und William Wheeler, eingeladen, die Tonlagen und Modulationen der anderen zu imitieren und interagieren nicht nur miteinander und ihren Instrumenten, sondern auch mit der ikonischen DDR-Architektur des Funkhaus Berlin von 1951.

    Das Stück To Valerie Solanas and Marilyn Monroe in Recognition of their Desperation zielt auf die Vermeidung der Hierarchien zwischen Musiker*innen und gestaltet seine Anweisungen so, dass eine „ständige Zirkulation der Macht“ (Oliveros) zwischen Zuhören und Spielen entsteht. Die Einsätze im Stück werden kollektiv durch das Licht gegeben – auf einen roten Abschnitt folgt ein gelber und ein blauer Abschnitt, zwei weitere Einsätze werden durch Stroboskoplicht angezeigt.


    Pauline Boudry (*1972 in Lausanne / Schweiz) und Renate Lorenz (1963 in Berlin) leben und arbeiten seit 2007 zusammen in Berlin. Ihre künstlerische Praxis manifestiert sich in Filmen, Performances, Songs, Objekten und Texten. Sie arbeiten mit Tänzerinnen, Choreografinnen und Künstlerinnen zusammen, mit denen sie eine lange Geschichte der Auseinandersetzung mit den Bedingungen von Performance und der gewalttätigen Zurichtung von Körpern, aber auch von Gemeinschaft, Glamour und Widerstand verbindet. Boudry und Lorenz beschreiben ihre Arbeit als „queere Archäologie“, die historische Fotografien, Texte, Filme und Songs für die Darstellung von bisher unsichtbaren Aspekten nicht normativer Sexualitäten und alternativer Lebensentwürfe zum Anlass nimmt.

  • „A Crisis of Everything and Nothing“ von Young Hae Chang Heavy Industries © Young Hae Chang Heavy Industries/n.b.k.

    A CRISIS OF EVERYTHING AND NOTHING

    YOUNG-HAE CHANG HEAVY INDUSTRIES
    2023
    35:30  
    Collection Video-Forum, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.) 

    A CRISIS OF EVERYTHING AND NOTHING wurde eigens für das n.b.k. Video-Forum produziert. Im Kontext ihrer ersten deutschen Einzelausstellung verbrachte das Künstler*innenduo im Winter 2022/23 mehrere Wochen in Berlin. Die Arbeit vermengt reale Ereignisse und Begegnungen dieses Aufenthalts mit fiktiven Elementen. Ausgangspunkt bildet die Explosion eines gigantischen Aquariums im Atrium eines Berliner Hotels, die bei der Protagonistin des Films eine existenzielle Krise auslöst.

    Die Net-Art Pioniere Young-Hae Chang Heavy Industries (YHCHI) haben seit ihrer Gründung in den späten 1990er Jahren einen charakteristischen Stil entwickelt, in dem sie Themen wie kulturelle Identität, materielle Ungleichheiten, (Polizei-)Gewalt, das Ineinanderfließen von Fakt und Fiktion und geopolitische Gegebenheiten, darunter die Teilung Koreas, verhandeln. Dabei zeichnen sich ihre Arbeiten durch einen hohen Grad an Abstraktion aus, der zugleich ihre Handschrift ausmacht: Die breit gestreuten Themen und Interessen von YHCHI werden beinahe ausschließlich durch Schrift und über ein lyrisches Subjekt verhandelt, der Text ist durch – zumeist selbstkomponierte – Musik rhythmisiert und baut sich Satz für Satz, Wort für Wort oder Buchstabe für Buchstabe auf.

 

 

Über das Projekt

1969 in Berlin gegründet, widmet sich der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) der Förderung zeitgenössischer Kunst.

Anlass für das Projekt gaben die Jubiläen der kollaborierenden Institutionen – 2022 feierte das Goethe-Institut Montreal sein 60-jähriges Bestehen, 2021 blickte das n.b.k. Video-Forum auf 50 Jahre Aktivität zurück. 1971 auf Initiative von Künstler*innen und Kulturproduzent*innen in Berlin gegründet, ist das Video-Forum mit 1.700 Werken internationaler Videokunst die älteste und größte öffentliche Videokunstsammlung in Deutschland. Sammlungsschwerpunkte sind Fluxus, feministische Videopraxis, historische und gegenwärtige Videokunst aus Berlin sowie medienreflexive Ansätze.


Anna Lena Seiser

Anna Lena Seiser
Anna Lena Seiser | © Ina Niehoff
Anna Lena Seiser ist Geschäftsführerin des Neuen Berliner Kunstvereins (n.b.k.) und Leiterin des n.b.k. Video-Forums, der ältesten und einer der größten öffentlichen Videokunstsammlungen in Deutschland. Von 2015-2019 war sie Kuratorin an der Kunsthalle Düsseldorf, wo sie umfangreiche Einzel- und Gruppenausstellungen mit internationalen Künstler*innen realisierte. Zuvor war Seiser von 2011-2015 für die Studienstiftung des deutschen Volkes sowie für das postgraduale Karl Schmidt-Rottluff-Stipendienprogramm für Bildende Künstler*innen tätig. Von 2009-2010 war sie Teil des Programmteams der transmediale - Festival für Kunst und digitale Kultur in Berlin. Seiser ist Autorin und Herausgeberin mehrerer Kataloge. Zu ihren jüngsten Projekten gehören Einzelausstellungen und ortsspezifische Installationen mit u. a. Rosa Barba, Loretta Fahrenholz, Claire Fontaine, Simon Fujiwara, Sharon Hayes, Christine Sun Kim und Thomas Mader, Laura Lima, Cinthia Marcelle, Megan Rooney, Natascha Sadr Haghighian, Karin Sander oder Sung Tieu.

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