Nürnberger Empfehlungen
Standards im frühen Fremdsprachenunterricht

Mit der Entwicklung des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen kann der Sprachlernstand für eine bestimmte Sprache so beschrieben werden, dass eine Einstufung nach Niveaustufen vorgenommen werden kann.

Mit den Kompetenzstufenbeschreibungen sind Standards entwickelt worden, die zum ersten Mal einen Vergleich von Lernerleistungen sowohl im Rahmen eines Bildungssystems als auch auf internationaler Ebene ermöglichen, und zwar unabhängig von Anbietern, Schulformen und Abschlüssen. Diese Standards beziehen sich allerdings nicht auf das kindliche Fremdsprachenlernen Vier- bis Zehnjähriger.

Standards für diese Altersgruppe, wie sie beispielsweise vom Beratungs-, Informations- und Gesprächskreis (BIG-Kreis) [1] formuliert wurden, bieten eine Orientierung bei der Frage, welche Kompetenzen auf einer Basis von 120 Unterrichtsstunden Zehnjährige erreichen können. Die „Könnensprofile“ des BIG-Kreises gelten für jede Fremdsprache und beziehen kommunikative, interkulturelle und methodische Kompetenzen sowie die Beschreibung sprachlicher Mittel ein. Insofern können sie als Grundlage für die Weiterentwicklung von Curricula [2] dienen.

Eine solche Beschreibung von Bildungsstandards für den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule berücksichtigt nicht die Frage, wie der Lernweg erfolgt und wie viel Lernzeit jedem einzelnen Kind zur Verfügung gestellt wird. Um die Qualität von Unterricht ermitteln und verbessern zu können, werden zum Beispiel Testverfahren entwickelt und durchgeführt, die möglichst alle am Bildungsprozess Beteiligten einbeziehen.

Kleine Kinder, die vom Kindergarten in die Grundschule wechseln, werden sprachlich getestet, um einen Überblick darüber zu bekommen, inwieweit sie dem anstehenden schulischen Sprachunterricht werden folgen können. Kindergartenkinder und Grundschulkinder führen heute immer häufiger – z.B. auf Initiative der Schulbehörden und -träger – ein Lerntagebuch oder Portfolio, das ihnen selbst und auch ihren Lehrern und Eltern Aufschluss über ihre Lernerfolge geben soll.
   

Empfehlung:

  • Bildungsstandards für den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule sollten in curriculare Dokumente aufgenommen werden und den Lehrkräften so ein Fundament und einen Rahmen für ihr Fremdsprachenangebot geben.
  • Die Inhalte und Formen der Lernstandsermittlung sollten kindgerecht gestaltet werden und sowohl inhaltlich als auch methodisch Prinzipien des frühen Fremdsprachenlernens berücksichtigen.
  • Im frühen Fremdsprachenunterricht sollte die Bemühung, messbare sprachliche Ergebnisse zu erreichen, hinter dem Ziel zurückstehen, die kindliche Persönlichkeit vielseitig zu entwickeln und Motivation zum Fremdsprachenlernen zu schaffen und zu erhalten.
  • Fremd- und Selbstevaluationen sollten für einen längeren Zeitraum geplant und stetig fortgeführt werden.


Quellenangaben
[1] Der BIG-Kreis wurde 1999 von Prof. Dr. Hans-Eberhard Piepho gegründet und befasst sich mit der Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts in den deutschen Grundschulen. Mitglieder sind Fachleute aus Ministerien, aus Lehre und Forschung sowie aus Staats- und Landesinstituten.
[2] Vgl. BIG-Grundlagenpapier (2005)

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