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Kunst-Kaleidoskop

Workshop
Workshop | Magali Couffon de Trevo

Die sechs bis sieben Wochen der bangaloREsidency 2019 Season II sind wie im Flug vergangen. Sie waren intensiv, gefüllt mit Recherchen zu diversen Themen, kilometerlangen Erkundungstouren in Bangalore und Kochi und filigraner Kleinstarbeit bis in die Nacht hinein – bis sie in den state of the art-Abschlusspräsentationen der Künstler*innen mündeten.
Unsere bangaloREsident*innen resümieren über ihre Zeit der bangaloREsidency und geben Einblicke in ihre Erfahrungen in und Perspektiven auf Bangalore und Kochi:

THE AGENCY

Während der bangaloREsidency 2019 bei Sandbox Collective haben wir kommerzielle Leihmutterschaft in Indien und westlichen spirituellen Tourismus in Indien untersucht. Bei unserer Recherche, unseren Besuchen in Fertilitätskliniken, einem Wohnheim für Leihmütter und einem Ashram hat sich ein unglaublicher Pool von Erfahrungen und Situationen herausgestellt, von denen wir einige in Form von Zitaten teilen möchten:

„Happy mothers, happy babies“ (Slogan der CloudNine Fertility Clinic)

„The joy of motherhood - without the worries“ (Slogan der Portea Home Care Services der CloudNine Fertility Clinic)

„A new way to family - join our community of people who are all ready to have kids“ (modamily.com)

„Pregnancy is beautiful. At Cloudnine we consider Pregnancy the most beautiful time of your life. Our Cosmetology experts offer safe treatments of highest quality standards, ensuring you look your best, before, during and after your pregnancy.“ (CloudNine Fertility Clinic über ihre Dienstleistungen)

„On Cloudnine, we believe in magic to miracles, moments to memories! We believe that maternity is an experience and each phase deserves to shine and be celebrated with a belief in only the good kind of bumps.“ (CloudNine Fertility Clinic über ihre Dienstleistungen)

„There is a woman who desperately needs a baby, and there is another woman at the other side of the planet who wants to help her sister. AshramMommies is the thread connecting these two.“ (Dr. Radhika Nair, fiktiver Charakter in der Präsentation AshramMommies von THE AGENCY’s)

„Carefully Handpicked. All our surrogates are carefully selected based on a stringent series of fertility criteria, with the most significant being age. Members of our surrogacy pool are all young, fit and healthy.“ (CloudNine Fertility Clinic über ihre Dienstleistungen)

„I am the baby’s real mother. I suffered the pain of birth” (Erfahrung einer Leihmutter, nachzulesen in: Amrita Pande, Wombs in Labor)

„I have had two babies already as a surrogate, one 3,5 kg. And one 3,2 kg“ (eine stolze Leihmutter in der Akanksha Clinic erzählt uns von ihrer Arbeit)

„My mission is to see a smile on every face. One World Family“ (Guru Sri Sri Ravishankar, Begründer des Art of Living Ashram and Foundation)

„Rice is purified by ghee, our body by Ayurveda, our intellect by knowledge, our emotions by satsang and our soul by meditation, similarly, our money is purified by charity.“ (Guru Sri Sri Ravishankar, Begründer des Art of Living Ashram and Foundation)
 

 

Raisa Galofre und Marvin Systermans


"Nachdem wir Bangalore nach tagelangem und wochenlangem Erforschen seiner vielen verschiedenen Räume, seiner Dynamik und Materialität zurücklassen, geht das Projekt "Concrete Discontinuities" weiter. Die Stadt scheint ständig neue Situationen und Bilder zu produzieren, also werden wir sicherstellen, dass wir wiederkommen."
 

Hands: Behind the Scenes

 

Jo Wanneng & Lukas Fütterer aka STRWÜÜ

 

  • Final mass production for the exhibition at the Bangalore International Centre © lukas fütterer
    Finale Massenproduktion für die Ausstellung im Bangalore International Centre
  • Finale Massenproduktion für die Ausstellung im Bangalore International Centre © lukas fütterer
    Finale Massenproduktion für die Ausstellung im Bangalore International Centre
  • Detail der Ausstellung "Jump with an Equanimous Posture into the River", 01.12.2019 © jo wanneng
    Detail der Ausstellung "Jump with an Equanimous Posture into the River", 01.12.2019
  • Konzert von STRWÜÜ in der Cubbon Parc Metro Station, 28.12.2019 © Charlotte Rauth
    Konzert von STRWÜÜ in der Cubbon Parc Metro Station, 28.12.2019

Flo Maak

Meine Zeit in Bangalore und vor allem in Kochi war sehr bereichernd und inspirierend für mich. Während ich sonst viel Zeit am Computer mit Recherchen verbringe, war ich in Kochi ständig unterwegs, habe fotografiert und Interviews für mein Projekt geführt. Die tägliche Unterstützung durch meine Hosts Pepper House – Kochi Muziris Biennale hat mir erlaubt, viele Geschichten und Bilder zu sammeln, welche ich jetzt in Berlin weiter bearbeiten kann. Auch sind viele meiner Annahmen bezüglich invasiver Arten, meinem Thema für diese Residency, widerlegt worden, was mich im besten Sinne herausgefordert hat. 

 

© Flo Maak



Lauryn Mannigel

Meine Auseinandersetzung mit der sozialen Wahrnehmung des weiblichen Körperduftes begann mit meiner Ankunft in Bangalore, als ich vom Goethe-Institut eine Jasminblütenkette erhielt. Ich habe erfahren, dass es für Frauen üblich ist, Jasminblüten im Haar zu tragen. Während meiner Residenz lernte ich wunderbare Frauen kennen, mit denen ich einen offenen Dialog über ihre Wahrnehmung verschiedener Körperdüfte sowie die Wahrnehmung anderer gegenüber ihren persönlichen Körperdüften führte. Sie teilten mir mit, dass es für sie selten sei über dieses Thema zu sprechen. Ich freue mich, diesen Dialog fortzusetzen und eine breitere Diskussion über Körperdüfte durch meine künstlerische Forschung in Bangalore im Jahr 2020 zu eröffnen.

  • collecting body scent © Lauryn Mannigel
    collecting body scent
  • Workshop © Lauryn Mannigel
    Workshop

Nadin Reschke

Das Projekt, das ich während meiner fünf Wochen in Bangalore realisierte, wurde für mich selbst eine Überraschung. Meine ursprünglichen Ideen für diese Artist-in-Residency erwiesen sich in der kurzen Zeit, in der ich hier war, als nicht realisierbar. Nachdem sich das deutlich herauskristallisierte, entstand ein Vakuum, eine Leere in mir, die sich zuerst schwer aushalten lies. Eine Artist-in-Residency in einer anderen Kultur ist immer eine Herausforderung, nicht nur physisch durch unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten und das veränderte Klima, sondern auch emotional. Es bringt einen aus der Komfortzone heraus und wirft viele Fragen auf. Dieser Zustand der Verunsicherung ist ein perfekter Ausgangspunkt für eine neue Arbeit.

Ausgangspunkt meines sich dann entwickelnden Projekts waren meine alltäglichen Erfahrungen als Frau in Bangalore. Ich musste mir eingestehen, dass die Stadt mich komplett verunsicherte: Wie bewege ich mich, wie sehe ich aus, welche Art von Gesten verwende ich? Wie werden diese Erfahrungen durch mein Geschlecht beeinflusst? Ich fühlte mich eingeengt und begann als Strategie der Aneignung, Gespräche mit anderen Frauen über ihr Leben in Bangalore zu führen. Erlebten Sie Ähnliches? Ich fragte, wie sich die unmittelbare Umgebung auf uns auswirkt. Ich fragte, wie wir geschlechtsspezifische Räume navigieren, wo wir uns sicher fühlen können und wie Geschlechterrollen innerhalb von familiären Umgebungen unser Leben prägen.

Meine künstlerische Arbeitsweise basiert immer auf dem direkten Austausch mit Menschen. Im Mittelpunkt meiner Praxis steht die Erschaffung von Prozessen die Kommunikation ermöglichen.

In den Begegnungen mit Frauen in Bangalore lernte ich viel über individuelle Taktiken, die entwickelt wurden, über Empowerment-Strategien, hörte Geschichten von gewalttätigen Erfahrungen im Stadtraum, aber auch von persönlichen Stärken, die aus dieser Stadt gewonnen werden können.

Während der Gespräche erkundeten wir Ähnlichkeiten und Unterschiede unserer Erfahrungen. In den Begegnungen konnte ich erleben, dass wir viel gemeinsam haben. Das Fragen und Zuhören hat mir erlaubt, mich selbst in dieser Situation besser zu verstehen. Ich war beeindruckt von vielen unterschiedlichen Aneignungsstrategien der Stadt.

Bangalore ist eine Stadt der Fremden: eine Metropole aus Menschen, Kulturen und Sprachen aus vielen verschiedenen Regionen. Für einige ist sie ein Ort der Befreiung, für andere bedeutet sie Einschränkung, Ausgrenzung und sogar Verlust an Rechten und Freiheit. Durch die vielen Gespräche haben sich nicht nur meine Wahrnehmung der Stadt sondern auch mein Gefühl und Verhalten in der Stadt verändert.

In meinen Arbeiten verwende ich Stoffe und Textilien als skulpturales Material, als Träger von Identitäten, von kollektiver Geschichte und individuellen Erfahrungen. Während meiner Zeit in Bangalore habe ich mich mit verschiedenen lokalen Textiltraditionen beschäftigt, Webereien besucht, mit den Produzent*innen und Verkäufer*innen von Stoffen und Textilien gesprochen. Ich begann Saris zu sammeln, weil ich fasziniert war von diesem 6 Meter langen komplett ungeschnittenen Stoff, welcher man auf hundert verschiedene Arten um den Körper gewickelt werden kann, um ein Kleidungsstück zu werden. Ich habe angefangen, die Designs der Saris genauer zu recherchieren, ihre Farben und Muster, vor allem auf der Bordüre zu verstehen. Besonders interessiert hat mich der Pallu, das Endstück des Saris, welcher keine Funktion mehr erfüllt, sondern über die Schulter geworfen und zur Dekoration gefaltet wird. Der Pallu besteht fast immer aus Linien und geometrischen Formen, die einen Rahmen bilden.

Diese Formen und Linien haben mich am Ende dazu aufgefordert, einzelne Aussagen der Gespräche als Text auf die Saris zu drucken, so als würde jeder Sari fragmentarisch eine Geschichte  erzählen. Text und Textil: Beide Wörter haben den gleichen Ursprung – der aus dem Lateinischen kommt und "weben" bedeutet. Ein Text ist aus Wörtern gewebt, manchmal findet man einen Faden, der einem beim Lesen führt. Mein Ziel war es, die Texte so sehr Teil des Saris werden zu lassen, das sowohl Text als auch Textil gleichwertig zueinander finden.

Zusammen mit einer Designerin aus Bangalore, die Teil des Projektes wurde, haben wir ein grafisches Layout für jeden Sari erstellt. In einer lokalen Siebdruckerei wurden alle, insgesamt 15 Saris im Siebdruckverfahren bedruckt, jeder von ihnen - entgegen den Möglichkeiten des reproduzierbaren Verfahrens - ein Einzelstück.

Die bedruckten Saris wurden in einer raumgreifenden textilen Installation in der 1ShantiRoad Galerie gehangen, einer temporären Präsentation, die eine pluralistische Sichtweise zusammenführt, geschlechtsspezifische Realitäten anerkennt, aber auch Themen und Anliegen verschiedener Sexualitäten, Geschlechteridentitäten und sexueller Gewalt gegen Frauen und Geschlechterminderheiten berührt.
 
 

© Nadin Reschke

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