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Sprechstunde – die Sprachkolumne
Spanischer Rap – eine Nische?

Illustration: Ein Laptop aus dem Geräusche kommen, Herzen
Spanischsprachige Musik in Deutschland – immer nur Sommer, Sonne, Strand? | © Goethe-Institut e. V./Illustration: Tobias Schrank

Spanischsprachiger Rap ist in Deutschland nicht sehr populär. Taiga Trece überlegt, woran das liegen könnte.

Von Taiga Trece

Spanisch gehört zu den fünf Weltsprachen und nimmt auf der Weltrangliste der meistgesprochenen Sprachen den vierten Platz ein. Auch in Deutschland sprechen immer mehr Menschen Spanisch. An Schulen ist Spanisch die meistgewählte Fremdsprache. Die spanische Sprache gewinnt stetig an Zuwachs und wird immer wichtiger. Doch es gibt kaum einen Markt für spanischen Rap im Deutschen RAPertoire – obwohl anderssprachiger Rap in Deutschland „in“ ist. Reggaeton hingegen hat es in die Charts geschafft. Warum ist das so?
 
Die spanische Sprache und spanischer Rap clashen im Bild. Ich beobachte dieses Phänomen seit dem Beginn meiner eigenen Rap-Karriere. Obwohl sich einige Deutschrapper spanischen Slang mit in ihre Texte einbauen, oder Videos in Mexiko und Brasilien drehen (zum Beispiel PA Sports, Kianush, Bonez mc, Luciano, Genetikk, …) sind rein spanische Rapper nahezu unbekannt. Ich habe zwei Theorien dafür: erstens das spanische Image als Rap Killer und zweitens die Kolonialgeschichte und Geopolitik. 

Das Spanische und sein Image in Deutschland

Die Deutschen lieben Spanisch. Es gibt wohl kaum eine Person die dem widersprechen würde. Wie oft hörte ich Menschen sagen: „oh, ich liebe diese Sprache, ich würde sie auch so gerne lernen. Spanisch hört sich so schön an.“ Es ist interessant, das spanische Image zu hinterfragen. (Vorsicht: Klischees.) Wir labeln und werden gelabelt, Stereotype sind in unserem Gehirn abgespeichert. Es braucht wohl noch etwas mehr Evolution, bevor wir diese ganz auflösen können?
 
Hierzu habe ich eine kleine Übung für dich. Sie heißt: Sprache malen. Gib Sprache eine Farbe – ohne Flagge ohne Worte. Male dazu ein imaginäres Bild, das den Titel „Spanisch“ trägt. Stell dir nun das Bild „spanisch“ vor. Schließe deine Augen und visualisiere dein Bild. Was kommt dir in den Sinn? Was ist auf dem Bild zu sehen? – Wenn du die Übung abgeschlossen hast, entscheide dich jeweils, welche der folgenden Eigenschaften eher zutrifft: War das Bild hell oder dunkel? War es Tag oder Nacht? Gab es Sonne oder Regen? War darauf Wasser oder eine Landschaft zu sehen, Stadt und Beton? 
 
Wenn du dich jeweils für die zweite Eigenschaft entschieden hast: Glückwunsch deine Fantasie hat dich anders geleitet als den Großteil der Bevölkerung. Sollte das erstere eher zutreffen, Felicidades, wahrscheinlich hast du eher farbenfroh visualisiert.

Warum funktioniert spanischsprachiger Rap kaum?

Auf dem deutschen Musikmarkt strugglet spanischer Rap, denn Reggaeton hat sich den urbanen Musikplatz gepackt und owned ihn, weil er alle Bereiche abdeckt, die spanisch und urban in sind. Der Rap-Musikmarkt in Deutschland ist gesättigt und überlässt die freien Slots den Sprachen, die häufiger in Hip-Hop Kreisen verkehren. Es wird nicht leicht, sich als spanischer Rapper durchzusetzen.
 
Reggaeton verbindet das lateinamerikanische Lebensgefühl mit Coolness Faktor, Style und Sex. Attribute die auch Rap perfektioniert hat, musikalisch gesehen jedoch eher auf weniger tanzbaren Rhythmen. Reggaeton ist überall da angekommen, wo spanischsprachiger Rap in Deutschland nicht ist. Er passt zum spanischen Image. 

Spanisch verkörpert Lebensfreude, Rap verkörpert Straße

In Deutschland haben es bis jetzt nur wenige spanischsprechende Artists geschafft. Was keinesfalls bedeutet, dass es keine spanischsprachigen Hits in der deutschen Musikgeschichte gab. Zu finden sind sie neben Reggaeton vor allem im Schlager und in der Pop-Musik. Beispiele für spanische Artists und Hits in den deutschen Charts gibt es viele: Aktuelles Beispiel: Pepas von Farruko; Los del Rio – Macarena, Orishas, Culcha Candela, Marc Anthony, Julio Iglesias, Ricky Martins Livin‘ La Vida Loca, Shakira, Loona, Álvaro Soler, Aventura, Vamos a la Playa von Righeira, …)
 
Und sie haben alle eines gemeinsam; sie sind tanzbar und mitsingbar. Diese Hits sind entweder Partymucke oder Schnulzen. Sie teilen einen positiven Vibe mit fröhlichem Rhythmus. Eine langsame Popnummer wie Hijo de la luna stellt eher eine Ausnahme dar. Über Sprache und Musik werden Gefühle transportiert. Und so wird spanische Musik meist zuerst mit Sonne, Meer, Palmen, Süden, Latin-Power, guter Laune, Herzblut und so weiter assoziiert – mit Urlaub, einem fröhlichem Gemüt und dem Gefühl der Sehnsucht.
 
Meine Erfahrung bei The Voice of Germany unterstützt diese These. Als geclaimte deutsch-spanische Rapperin, wäre es naheliegend gewesen, in der Show einen Rapsong zu performen. Es verwundert jetzt vielleicht nicht mehr, dass mir zwei spanische Nummern zugeteilt wurden die eben nicht Rap waren, sondern das spanisch-deutsche Bild vervollständigen. Happy vibes und gute Laune, profitabel für die Einschaltquoten. Tauglich für die breite Masse. 
 
Was spanischen Rap angeht, hat das multikulturelle und multilinguale Hip-Hop-Deutschland Nachholbedarf, weil aber Mehrsprachigkeit überall an Popularität gewinnt, ist noch spanische Luft nach oben. Bis dahin heißt es wohl noch: Vamos a la playa.
 

Sprechstunde – Die Sprachkolumne

In unserer Kolumne „Sprechstunde“ widmen wir uns alle zwei Wochen der Sprache – als kulturelles und gesellschaftliches Phänomen. Wie entwickelt sich Sprache, welche Haltung haben Autor*innen zu „ihrer“ Sprache, wie prägt Sprache eine Gesellschaft? – Wechselnde Kolumnist*innen, Menschen mit beruflichem oder anderweitigem Bezug zur Sprache, verfolgen jeweils für sechs aufeinanderfolgende Ausgaben ihr persönliches Thema.

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