Hausaufgaben
Wieso redet eigentlich niemand über … Hausaufgaben?

Hausaufgaben gehören zum Unterricht dazu.
Hausaufgaben gehören zum Unterricht dazu. | Foto (Ausschnitt): asife © fotolia

Hausaufgaben erscheinen weiter ein Stiefkind des Fremdsprachenunterrichts zu sein: Alle kennen und nutzen sie, aber niemand will ernsthaft darüber nachdenken. Dabei bieten, vor allem digital unterstützte, Hausaufgaben Freiräume, die motivierend und gewinnbringend für den Fremdsprachenerwerb eingesetzt werden können.
 

In vielen Kontexten, in denen das Lernen von Deutsch als Fremdsprache institutionell gesteuert wird, sind Hausaufgaben ein fester Bestandteil des Unterrichts: Lernende führen außerhalb der eigentlichen Unterrichtszeit als Fortsetzung des Unterrichts aufgabengesteuerte Lerntätigkeiten aus, wobei die Aufgaben meist von Lehrenden gestellt und die Ergebnisse durch sie kontrolliert werden.

Funktionen: Wieso vor allem Einüben?

Die Hausaufgabenpraxis im DaF-Unterricht scheint sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert zu haben: Hausaufgaben werden zwar regelmäßig und viel aufgegeben, ihnen fehlt es aber häufig an einem „konkreten, bedeutungsvollen, nachvollziehbaren und planvollen Stellenwert in der gesamten Unterrichtsvorbereitung, -durchführung und auch -nachbereitung“ (Standop 2013: 17). In der Regel setzen Lehrende Hausaufgaben nachbereitend ein. Dabei werden Hausaufgaben genutzt, um neuen Lernstoff zu üben und zu überprüfen, einen Transfer zu vollziehen oder etwas produktiv anzuwenden.

Nur gelegentlich geben Lehrende Hausaufgaben auf, um den Unterricht zu erweitern oder zu ergänzen, Gelerntes zu vervollständigen oder zu vertiefen (Standop 2013: 50). Damit verschenkt die Lehrkraft aber ein wertvolles Potenzial. Denn Hausaufgaben können auch unterrichtsvorbereitend eingesetzt werden, um zum Beispiel bekanntes Wissen zu aktivieren. Das kann Lernenden das Hören und Lesen von Texten im nachfolgenden Unterricht erleichtern. Außerdem können Lernende eine Erwartungshaltung entwickeln, sodass sie neuen Inhalten motivierter gegenüberstehen, oder selbstgesteuert vorab neue Erkenntnisse und Einsichten gewinnen.

Eng damit verbunden ist die Möglichkeit, Hausaufgaben für die (Weiter-)Entwicklung der Selbstständigkeit zu nutzen (Pauels 2003): Hausaufgeben sind nämlich das Element des Unterrichts, in dem die Selbststeuerungskompetenzen der Lernenden allein durch die äußeren Rahmenbedingungen stärker gefordert sind als in vielen Phasen des Präsenzunterrichts. Häufig werden Lernende mit dieser Anforderung (und dem Potenzial) allein gelassen. Über eine sinnvolle Nutzung und Gestaltung der Hausaufgabenzeit sollte deshalb dringend mehr nachgedacht und gesprochen werden.

Verzahnung von Unterricht und Hausaufgaben

Methodische Vorschläge zur effektiven und motivierenden Gestaltung von Hausaufgaben beziehen sich in erster Linie auf unterrichtsorganisatorische Aspekte. Dabei stellen neben der Verzahnung von Unterricht und Hausaufgaben auch die Rückmeldungen einen kritischen Punkt dar.

Wenn Lehrende eine Hausaufgabe nur nachbereitend aufgeben und sie die Bearbeitung weder kontrollieren noch in den nachfolgenden Unterricht einbeziehen, erhalten die Hausaufgaben für die Lernenden und für das Unterrichtsgeschehen häufig keine wirkliche Bedeutung. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie gar nicht oder nur halbherzig gemacht werden, steigt. Werden Hausaufgaben dagegen in vorbereitender Funktion eingesetzt, erfolgt automatisch eine Verzahnung. Damit kann Lernenden auch mehr Verantwortung für den Unterricht und sein Gelingen übertragen werden, indem sie beispielsweise nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Lernende Unterrichtsinhalte vorbereiten. Um die Qualität des Unterrichts nicht zu gefährden, müssen Lernende auf dieses selbstständige Arbeiten vorbereitet werden. Dafür sollte die Lehrkraft im Unterricht hilfreiche Strategien einführen und diese mit den Lernenden üben (Aßbeck 1998: 374).

Lehrkräfte sollten ein sachbezogenes Feedback zu den Hausaufgaben geben. Lehrkräfte sollten ein sachbezogenes Feedback zu den Hausaufgaben geben. | Foto (Ausschnitt): © Bernhard Ludewig/Goethe-Institut

Rückmeldungen zu Hausaufgaben

Hinsichtlich der Rückmeldungen zeigen empirische Studien unter anderem, dass ein erwartetes sachbezogenes Feedback die Bereitschaft zur Bearbeitung erhöht. Das liegt nicht nur daran, dass sich die Lernenden auf eine Kontrolle ihrer Hausaufgaben einstellen. Sondern für sie stellt ein sachbezogenes Feedback häufig auch eine Anerkennung ihrer Arbeit dar und zeigt das Interesse des Lehrenden an ihren Ergebnissen (Standop 2013: 275). Gleichzeitig sollten Lernende im Sinne des lebenslangen Lernens auch dazu motiviert werden, Feedback einzufordern oder sich selbst Rückmeldungen zu organisieren.

Motivierende Hausaufgaben

Nicht nur unterrichtsorganisatorische, sondern auch sozial-emotionale Aspekte spielen bei Hausaufgaben eine wichtige Rolle. Dazu gehört auch die Motivation der Lernenden: Motivierende Hausaufgaben setzen prinzipiell einen motivierenden Unterricht voraus. Die Motivation der Lernenden kann aber auch durch die besondere Gestaltung der Hausaufgaben erhöht werden. Dazu gehört, dass das Gestalten der Hausaufgaben denselben Prinzipien folgt wie der Unterricht. Wenn Lehrende diesen handlungsorientiert gestalten, sollten auch die Hausaufgaben Anreize bieten, mit der Sprache handelnd umzugehen. Positive Auswirkungen können auch Wahlmöglichkeiten und das gemeinsame Nachdenken über sinnvolle Hausaufgaben haben (Pauels 2003).

Interessensgeleitete Internetrecherchen können die Motivation der Lernenden für Hausaufgaben steigern – wenn deren Ergebnisse eine Rolle im nachfolgenden Unterricht spielen. Interessensgeleitete Internetrecherchen können die Motivation der Lernenden für Hausaufgaben steigern – wenn deren Ergebnisse eine Rolle im nachfolgenden Unterricht spielen. | Foto (Ausschnitt): xalanx © fotolia

Buntere Hausaufgaben durch digitale Medien

Der Ansatz des Blended Learning (also der Mischung aus Präsenz- und Onlineunterricht) lässt sich gut nutzen, um über Hausaufgaben neu nachzudenken. Dabei geht es nicht nur darum, digitale Medien für die Hausaufgaben zu nutzen, sondern auch darum, die Stellschrauben auszumachen, an denen man drehen kann, um die Mischung aus Hausaufgaben und Präsenzzeit insgesamt bunter (und effektiver) zu gestalten. Drei Beispiele machen das deutlich:

Lernort
Hausaufgaben können dafür genutzt werden, authentische Kommunikation und situiertes Lernen zu ermöglichen, indem man zum Beispiel mit Zielsprachensprechenden in Kontakt kommt. Dafür können sowohl virtuelle Orte wie ein fremdsprachiges Forum als auch reale Orte wie der Bahnhof in der eigenen Stadt genutzt werden. Das gemeinsame Arbeiten auf einer Lernplattform und die Nutzung mobiler Geräte erlauben, dass die Lernenden an diesen Orten mit Aufgaben versorgt werden und möglicherweise sogar direkte Hilfestellungen bekommen können.

Interaktions- und Arbeitsformen
Lernende bearbeiten ihre Hausaufgaben zwar weiterhin physisch allein. Virtuell aber eröffnen sich ganz neue Konstellationen. So können soziale Medien dazu genutzt werden, vermehrt kooperative Arbeitsformen bei den Hausaufgaben (ohne großen Organisationsaufwand) einzusetzen. Audio- und Videochats, kooperative Texteditoren wie Wikis oder Google Docs machen es möglich, fast in Echtzeit miteinander an Texten zu arbeiten oder Inhalte zu diskutieren. Lehrende wiederum können auch in der Hausaufgabenzeit als Lernhelferin oder -helfer agieren: Sie sind vielleicht synchron zu bestimmten Zeiten ansprechbar oder geben asynchron, also zeitversetzt, individuelle Rückmeldungen.

Individuelles Lernen
Hausaufgaben eignen sich sehr gut zur Differenzierung. So könnte man es Lernenden je nach Lernstand und Lernvorlieben freistellen, in welchem Medienformat sie eine Projektaufgabe realisieren. Auch hier wird eine Lernplattform eingesetzt, um die Ergebnisse für alle zugänglich zu machen und ein Peer-Feedback zu ermöglichen.

Nimmt man sich die Zeit, den Bereich der Hausaufgaben im Fremdsprachenunterricht genauer zu betrachten, wird schnell deutlich, welche Schätze hier noch zu holen sind. Dafür braucht es aber in vielen Fällen ein Umdenken sowohl bei Lehrenden als auch bei Lernenden. Lehrende sollten Hausaufgaben (auch) anders gestalten, mehr Freiräume geben und digitale Medien mit einbeziehen. Dadurch können Lernende dazu angeregt werden, mehr Verantwortung für den Lernfreiraum zu übernehmen, den Hausaufgaben bieten, und diesen auch selbstständig mitzugestalten. Dann werden sie Hausaufgaben auch nicht mehr nur als notwendiges Übel betrachten.
 

Literatur

Aßbeck, Johann (1998): Über die Funktion von Hausaufgaben. In: Jung, Udo O. H. (Hg.): Praktische Handreichungen für den Fremdsprachenlehrer. 2., verb. und erw. Aufl. (= Bayreuther Beiträge zur Glottodidaktik; 2). Frankfurt am Main: Peter Lang, S. 371-376.
                      
Pauels, Wolfgang (2003): Hausaufgaben. In: Bausch, Karl-Richard/Christ, Herbert/Krumm, Hans-Jürgen (Hg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. 4. Aufl.. Tübingen und Basel: Utb Francke, S. 317-320.
 
Standop, Jutta (2013): Hausaufgaben in der Schule. Theorie, Forschung, didaktische Konsequenzen. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Würffel, Nicola (2018): Hausaufgaben im DaF/DaZ-Unterricht. Ein altes Thema (digital) neu denken. In: Info DaF 45. Jg., H. 1.