Barbara Yelin: Lebenswelten zeichnen
Ausstellung|Zwischen Erinnerung und Biographie
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KunstRaum Goethe, Rom
- Sprache Ausstellung von Tafeln in deutscher und italienischer Sprache
- Preis Eintritt frei
Zeitgenössischer Comic
Barbara Yelin, Gewinnerin des Preises Rom Villa Massimo, ist eine der wichtigsten Stimmen des zeitgenössischen deutschen Comics. Ihre Arbeiten sind Teil einer kulturellen Szene voller Experimentierfreude, die sich hin- und herbewegt zwischen der Suche nach einer klassischen Erzählweise und einem ständigen Spiel mit den Grenzen des Comics, der Illustration und der bildenden Kunst.Yelin untersucht mit dem Comic ein ganz besonderes Terrain: das der Erinnerung und der Möglichkeiten, die die Verbindung aus Zeichnung, Wort und sequenziellem Erzählen bietet, um Geschichte zu rekonstruieren – oder besser gesagt: die Fragmente einer persönlichen Geschichte, die zur kollektiven Geschichte wird.
Das Leben anderer rekonstruieren
Sie erzählt diese anhand des Lebens einiger Personen und Persönlichkeiten: Therese Giehse, eine revolutionäre Figur des deutschen Theaters, erste Hauptdarstellerin in Bertolt Brechts Mutter Courage und Mitbegründerin des politischen Kabaretts „Die Pfeffermühle“ zusammen mit Erika und Klaus Mann (Die Giehse – Ein Leben für das Theater 1898–1975, Reprodukt, 2025); Emmie Arbel, Überlebende der Vernichtungslager Ravensbrück und Bergen-Belsen und Protagonistin einer komplexen und schmerzhaften persönlichen Geschichte, die von Gewalt und Widerstand geprägt ist (Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung, Reprodukt, 2023); Irmina, eine von einer wahren Begebenheit inspirierte fiktive Figur, die im Nationalsozialismus vor schwierigen Entscheidungen steht – zwischen Gefühlen, persönlicher Freiheit und dem Streben nach sozialer Anerkennung (Irmina, Reprodukt, 2014); Kidane, ein eritreischer Immigrant im heutigen Bern (Unsichtbar, Selbstverlag, 2019; Invisibile; Internazionale 2021).Das Rekonstruieren der „Leben anderer“ ist ein Markenzeichen von Yelins Poetik, die sich auf eine umfangreiche Recherche- und Untersuchungsarbeit stützt und aus dem Bedürfnis nach Dokumentation und Vertiefung erwächst. Es handelt sich um eine möglichst nahe Begegnung mit den Quellen, seien es Studien- und Archivquellen (im Hinblick auf die Rekonstruktion der Ereignisse und der geschichtlichen Kontexte, mit großer Liebe zu jedem Detail) oder Zeitzeug*innen, wie die langen Gespräche mit Emmie Arbel zeigen, die das lebendige Material für die Spurensuche nach Erinnerung darstellen.
Der Comic als Erinnerungsmittel
Es gibt eine radikale und tiefgreifende Frage, mit der Yelin durch ihre bildliche Erzählung in den Austausch tritt: Wie begegnet man Geschichte? Wie kann man die zerbrechliche Verbindung zwischen der Vergangenheit und ihren Spuren in der Gegenwart erzählen? Yelin findet im Comic einen sehr wirkungsvollen Weg, das zerbrechliche und labile Gewebe der Erinnerung nicht zu verletzen: Er besteht aus Dichte, aber auch aus großer Leere, die oft unüberbrückbar und notwendig sind.Die Künstlerin nutzt die Möglichkeit des Comics, „zu sagen, ohne zu sagen“, „zu zeigen, ohne zu zeigen“, Emotionen, Empfindungen und sogar „Erleuchtungen“ durch Figuren zu verkörpern, die uns zu einer Lebenserfahrung zurückführen, in der sich Objektivität und Subjektivität miteinander vermischen.
Yelin zeichnet sich als Erzählerin in Wort und Bild genau dadurch aus, durch ihre Fähigkeit, diese komplexe Verknüpfung darzustellen: Es gelingt ihr, tiefe Wunden und Fragen zu berühren. Unterschiede zu machen, Verständnis aufzubringen und nicht an der Oberfläche zu bleiben, wird hier zu einem komplexen und notwendigen politischen Akt.
Die Ausstellung
Die Ausstellung kann bis zum 20. März 2026 besucht werden.Öffnungszeiten:
Montag, Dienstag und Donnerstag 9-19 Uhr
Mittwoch und Freitag 9-15 Uhr
Eine Initiative des Goethe-Instituts, kuratiert von Associazione Culturale Hamelin, in Zusammenarbeit mit Deutsche Akademie Rom Villa Massimo – NABA, Nuova Accademia di Belle Arti – ARF! Il Festival del Fumetto – Biblioteca Europea | Biblioteche di Roma, Reprodukt
Biographie
Barbara Yelin
Barbara Yelin (*1977) studierte von 2000–2004 Illustration der HAW Hamburg. Sie ist Comiczeichnerin und -autorin von Graphic Novels mit einem Fokus auf dokumentarische, historische und biografische Themen. Ihre Arbeiten wurden mit zahlreichen Preisen bedacht, zuletzt dem Spezialpreis der Jury des Comicsalon Erlangen (2024) und dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis. Werke (Auswahl): Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung (Reprodukt, 2023), Aber ich lebe – Vier Kinder überleben den Holocaust (mit Miriam Libicki und Gilad Seliktar. C.H.Beck, 2022), Irmina (Reprodukt 2015). 2024 erhielt sie für Emmie Arbel den Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher, und 2025 den Preis Gegen Vergessen – Für Demokratie.
Barbara Yelin lebt und arbeitet in München. Seit September 2025 ist sie Stipendiatin der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo.
Ort
Goethe-Institut
Via Savoia, 13
00198 Rom
Italien