2018 Sonne fürs Gymnasium und lebendiges Wasser
Wie man Kinder inspiriert, sich für die Umwelt einzusetzen

Team aus Kirgisien_Blog
© Goethe-Institut

In unseren Zeiten ist es gar nicht mehr möglich, eine Fremdsprache anhand vorab festgelegter Themen zu lernen. Eine Sprache zu erlernen oder zu unterrichten und dabei alles, was im Umfeld dieser Sprache vorgeht, auszublenden, ist auch ganz schön langweilig. Mülltrennung, globale Erwärmung und Luftverschmutzung sind Themen, die man im Deutschunterricht aufgreifen kann. So können die Lernenden nicht nur ihren Wortschatz bereichern, sondern sich gar von Ideen zum Umweltschutz anstecken lassen. Hier sind Beispiele von Lehrenden aus verschiedenen Ländern, die einen derart ungewöhnlichen Unterricht bereits in die Praxis umgesetzt haben.

Mairamkul Kasabolotowa, Projekt „Wasser – der Quell des Lebens“

Deutschlehrerin, Nationales Gymnasium für Informatik Nr. 5, Bischkek, Kirgisien
 

Mairamkul Kasabolotowa, Projekt „Wasser – der Quell des Lebens“ © © Goethe-Institut Mairamkul Kasabolotowa, Projekt „Wasser – der Quell des Lebens“ © Goethe-Institut
Wir leben in einer Bergregion, und um unsere Schüler/-innen für Umweltideen zu interessieren, haben wir für sie einen Ausflug in die Berge organisiert und ihnen die ganze Schönheit der Gletscher gezeigt. Danach haben wir ihnen berichtet, welche Auswirkungen die globale Erwärmung haben würde, wenn nämlich die Gletscher anfangen würden, zu schmelzen. Wir sind in Siedlungen gefahren, wo die Leute eine absolute Wasserverschwendung betreiben, und haben unseren Schülern und Schülerinnen auch das gezeigt.
Sie entwickelten ein großes Interesse und begannen, sich mit Ideen des Umweltschutzes und einer Einsparung des Wasserverbrauchs auseinanderzusetzen. Doch das war uns nicht genug, und so sind wir in die Agraruniversität gefahren, wo es ein „Wassermuseum“ gibt. Dort kann man sich zum Beispiel ansehen, wie sich die Struktur des Wassers in Abhängigkeit vom gesprochenen Wort verändert. Die Kinder waren von dem Ganzen sehr beeindruckt.
Ich habe dann begonnen, schrittweise Vokabular aus dem Bereich Umweltschutz in die Deutschstunden mit einzubauen und nach Texten gesucht, mit denen wir arbeiten könnten. So haben wir die Funktionsweisen von Kohle- und Solarkraftwerken durchgenommen und Lexik erlernt, die mit beiden Bereichen zusammenhängt. Das war gar nicht so einfach, aber es ist uns im Ergebnis doch gelungen, die SchülerInnen für Umweltthemen zu interessieren. Wir haben dann gemeinsam ein tolles Projekt zum sparsamen Wasserverbrauch umgesetzt.

Birgit Kische, Projekt „Elektromobilität – Gegenwart und Zukunft“

Deutschlehrerin, Oberschule Findorff, Bremen, Deutschland
 
Birgit Kische, Projekt aus Bremen © © Goethe-Institut Birgit Kische, Projekt aus Bremen © Goethe-Institut
In unserer Schule nimmt die Projektarbeit großen Raum ein: Alle Schüler/-innen der 10. bis 12. Klassen haben den Auftrag, Projekte durchzuführen. Diese werden von den Schülern und Schülerinnen selbst initiiert, das heißt, dass wir bei ihnen ein bestimmtes Niveau an Umweltbewusstsein bereits erreicht haben. Deshalb ist es bei uns auch viel einfacher, Umweltprojekte umzusetzen, als an anderen Schulen. Wir sprechen im Deutschunterricht über Umweltthemen, an unserer Schule wurde eine Solarzelle aufgestellt, und wir nehmen an einem Projekt zum Thema Windenergie teil, das von Siemens durchgeführt wird. 15 Minuten Fußweg von unserer Schule entfernt liegt ein Garten, in dem die Kinder selbst Pflanzen ziehen und Gemüse anbauen. Der Umweltgedanke wird im Deutschunterricht optimal umgesetzt.

Schorena Bakuradse, Projekt „Kampf dem Müll! Kompostieren“

Deutschlehrerin, Gemeinschaftsschule Kindsami, Chaschuri, Georgien
 
Schorena Bakuradse, Projekt „Kampf dem Müll! Kompostieren“ © © Goethe-Institut Schorena Bakuradse, Projekt „Kampf dem Müll! Kompostieren“ © Goethe-Institut
Das Thema Umweltschutz bedeutet für mich sehr viel, weswegen ich schon seit mehreren Jahren versuche, Umweltprojekte in Bezug zum Deutschlernen zu setzen – aber das klappt nicht immer. Ich arbeite an einer Dorfschule. Das Niveau des Umweltbewusstseins ist in Georgien insgesamt, und auch in unserem Dorf, oftmals sehr gering, weswegen wir uns im Rahmen von zwei Deutschstunden in der Woche darum bemühen, den Kindern nicht nur Sprachkenntnisse, sondern eben auch dieses Umweltbewusstsein zu vermitteln.
Wir versuchen, die Kinder für unsere Werte zu begeistern, damit sie sich Mühe geben, die Welt positiv zu verändern. Wir haben außerdem eine Absprache mit der Biologielehrerin, die in ihrem Unterricht unter anderem auch Umweltfragen behandelt. Und ich bemühe mich meinerseits, die Themen, die die Kinder auf Georgisch schon durchgenommen haben, auf den Deutschunterricht zu übertragen. Ich erstelle eine Vokabelsammlung zum jeweiligen Thema und bereite Texte dazu vor.

Olga Meschawkina und Nina Pawlowa, Projekt „Für ein sauberes Jekaterinburg!“

Deutschlehrerin und Erdkundelehrerin, Gymnasium Nr. 9, Jekaterinburg, Russland
 
Olga Meschawkina und Nina Pawlowa, Projekt „Für ein sauberes Jekaterinburg!“ © © Goethe-Institut Olga Meschawkina und Nina Pawlowa, Projekt „Für ein sauberes Jekaterinburg!“ © Goethe-Institut
Bei uns fing alles im Erdkundeunterricht an. Nina Pawlowa unterrichtet nämlich nicht nur Geografie, sondern behandelt auch Umweltthemen und ihren Einfluss auf die Gesundheit des Menschen. Wir haben die Schüler/-innen also gefragt: Wenn ihr zukünftig erfolgreich und konkurrenzfähig sein wollt, welche Rolle kann dann eure Gesundheit dabei spielen? Oder die Umwelt? So ist es uns gelungen, die Schüler/-innen der 8. Klassen für Umweltideen zu begeistern. Für die Kinder war es interessant, wie der Zustand der Umwelt um sie herum ihr eigenes Leben beeinflussen kann. Da sie in einer Großstadt leben, gibt es hier gar nicht so wenige ehrenamtliche Projekte. Und so haben die Kinder die Initiative ergriffen und aktiv an Projekten zur Begrünung der Stadt und zur Sauberhaltung von Kindergärten teilgenommen, für die sie Patenschaften übernommen haben. Sie haben auch selbst Pflanzen gezogen und insgesamt damit begonnen, sich aktiv für Umweltthemen zu interessieren.  
Dann beschloss die tolle Lehrerin – und nebenberufliche Deutschlehrerin – Olga Meschawkina, diesen Umstand zu nutzen. So haben wir in den vier Stunden Deutschunterricht pro Woche die Umweltideen weiterentwickelt und ein Umweltprojekt vorangetrieben, das sich um die Sauberkeit der Jekaterinburger Straßen dreht. Wir haben an den Bürgermeister geschrieben und bekamen gutes Feedback für unsere Ideen, das war natürlich super. Dann hat es sich noch so ergeben, dass die Initiative günstigerweise zeitlich mit der Durchführung der Fußball-Weltmeisterschaft zusammenfiel. Auch war es den Kindern gelungen, Mitschüler/-innen sowie Schüler/-innen der Parallelklassen mit ihren Ideen anzustecken.

Natalja Schelgunowa, Projekt „Sonne fürs Gymnasium“

Deutschlehrerin, Stadtgymnasium Mariupol, Ukraine
 
Natalja Schelgunowa, Projekt „Sonne fürs Gymnasium“_2 © © Goethe-Institut Natalja Schelgunowa, Projekt „Sonne fürs Gymnasium“_2 © Goethe-Institut
Ich habe 2011 damit begonnen, Projektarbeit zu machen. Und seit 2009 haben wir an unserer Schule einen Austausch mit der Alexander-von-Humboldt-Schule in Wittmund. Ich wollte immer schon Kinder über das Deutschlernen anstecken, damit sie selber Lust auf Projektarbeit bekommen. So kam es dann, dass eine solche Projektarbeit, die an deutschen Schulen so beliebt ist, auch bei uns Einzug gehalten hat.
Die Kinder wachsen an diesen Projekten. Wir haben uns die Aufgabe gestellt, ihnen die Möglichkeit zu geben, an konkreten Ergebnissen zu arbeiten und sich dadurch wie Champions zu fühlen. Mir gefällt, dass sich die Motivation der Kinder mit den Jahren ändert, und dass sie ein echtes Interesse entwickeln. Nun sind es schon längst nicht mehr wir, die sie ermuntern, sondern sie ergreifen selbst die Initiative.
Wenn wir uns für ein bestimmtes Thema entschieden haben (in diesem Jahr ist das Solarenergie), suche ich nach Texten für die Unterrichtsstunden und passe diese für die Kinder an. Es ist sehr wichtig, nicht zu schwierige Texte zu nehmen, denn schließlich wollen wir niemandem Angst machen, sondern Interesse generieren. Ich finde im Netz Texte für die Grundschule – in der Suchmaschine schreibe ich immer „Grundschule“ dazu – denn die Texte für deutsche Gymnasien sind für unsere Schüler/-innen zu schwierig. Danach schreibe ich diese Umwelt-Texte für unsere Kinder um. Damit arbeiten wir dann – und behandeln Umweltthemen im Deutschunterricht.

Übersetzung: Anna Brixa

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