Kultur spielt ganz besonders im vollumfänglichen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine zentrale Rolle. Ukrainische kulturelle Identität und künstlerischer Ausdruck sind explizite Ziele der russischen Aggression. Viele Kulturschaffende sind im Fronteinsatz, es gibt kaum öffentliche Kulturförderung, die Strukturen bedürfen weiterhin der Reform, die Herausforderungen für den Sektor sind enorm. Und dabei sind es doch gerade künstlerische und kulturelle Praktiken, die aktuell notwendiger sind, denn je - um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, um alte koloniale Strukturen zu entflechten, um Geflüchtete in die Gesellschaft zu integrieren, um ukrainische Positionen im Ausland sichtbar zu machen oder die ukrainische Sprache zu stärken. Für all dies braucht es eine starke kulturelle Infrastruktur.
Am 10.-11. April 2025 kamen 80 Expert*innen aus den ukrainischen Kulturszenen zusammen, um die aktuelle Lage des Sektors und seine Bedarfe zu sammeln. Die Tagung war eine offizielle Vorkonferenz zur Ukraine Recovery Conference in Rom und wurde gemeinsam vom Goethe-Institut Ukraine, dem Ukraine Art Aid Center und ALIPH organisiert, mit Unterstützung durch das ukrainische Ministerium für Kultur und Strategische Kommunikation, das deutsche Auswärtige Amt, die EU-Delegation Kyjiw über das EU-Projekt House of Europe, sowie die Robert Bosch Stiftung und die Ernst-von Siemens-Stiftung. Die Ergebnisse aus den Workshops von „The Ukrainian Cultural Sector in Wartimes – Emergencies, Needs, Measures“ wurden auf der Ukraine Recovery Conference präsentiert und sind nun auch online.
Der Kultursektor der Ukraine befindet sich aufgrund des umfassenden Krieges in einer vielschichtigen Krise. Sein Kampf ums Überleben wird durch systemische strukturelle Einschränkungen zusätzlich erschwert, die die Notwendigkeit einer Transformation unterstreichen. In den letzten drei Jahren ist jedoch auch deutlich geworden, dass der Kultursektor nicht nur ein dekoratives oder unterhaltsames Element der ukrainischen Gesellschaft ist. Vielmehr ist er ein Schlüsselelement der nationalen Sicherheit, eine Quelle der Stabilität, der Heilung und der kollektiven Stärke.