Das Goethe-Institut Buenos Aires und das Programmkino Sala Leopoldo Lugones - CTBA präsentieren in einer Online-Filmreihe eine Auswahl von neueren Arbeiten unabhängiger Hamburger Filmemacher.
Programm I: 8. bis 15. April
Programm II: 15. bis 22. April
Die beiden Filmprogramme sind ab dem 8. bzw. dem 15. Abril jeweils sieben Tage lang auf der Online-Plattform Vivamos Cultura- Sala Leopoldo Lugones zu sehen.
Die Filmreihe wird mit einem Vortrag des Filmkritikers und Programmers Roger Koza eröffnet. Das virtuelle Treffen ist mit vorheriger Einschreibung offen und kostenlos zugänglich.
Die norddeutsche Hafenstadt ist seit vielen Jahren ein Ort fruchtbaren Filmschaffens. Hier befindet sich eine öffentliche Einrichtung, die für unterschiedliche Künstler ein Ort der Ausbildung, des Austauschs und der Gemeinschaft darstellt: die Hochschule für bildende Künste Hamburg - HFBK. Der unabhängige, experimentelle und kooperative Film ist in Hamburg zu Hause, hier gewinnt er Kraft und kann auf eine lange Tradition zurückblicken.
Die ausgewählten Filme unterscheiden sich in Inhalt und Form, haben aber einen gemeinsamen Nenner: die minutiöse Beobachtung des Fremden, die die Filmemacher*innen mit radikaler Motivation betreiben. Sie stellen das angeblich Selbstverständliche in Frage und finden, ohne auf Definitionen zu bestehen, ein Gleichgewicht zwischen künstlerischer Freiheit und ästhetischer Kontrolle.
Jenseits ihrer thematischen Vielfalt teilen die Filme des ersten Programms
Olanda (Bernd Schoch),
Ada Kaleh (Helena Wittmann),
First in, first out (Zacharias Zitouni) und
Nach zwei Stunden waren zehn Minuten vergangen (Steffen Goldkamp) ein tiefes Interesse für Fortbewegungen und zeichnen sich durch die aufmerksame Beobachtung der Intimität der Protagonisten aus.
Die Filme des zweiten Programms untersuchen mit großer Neugier das Irdische – oder das Menschliche – der Bindungen und ihre Beziehung zur Umgebung. In
Die Zeit vergeht wie en brüllender Löwe (Philipp Hartmann),
Casanovagen (Luise Donschen),
The owls have grown as big as the half moon (Maya Connor),
Flexible bodies (Louis Fried) und
Das satanische Dickicht III (Willy Hans) werden Themen wie Zeit, Liebe, Familie und Arbeit mit einer sehr persönlichen Sensibilität der Filmemacher*innen erörtert.
Im Abspann der Filme finden sich die Namen aller neun Filmemacher*innen in unterschiedlichen Sparten wieder: sie kennen und sie erkennen sich. Sie scheinen darauf abzuzielen, die audiovisuelle Produktion mit großem Einsatz lebendig zu halten und mit der Prämisse, dass Filme sich nur im Kollektiv verwirklichen lassen und aktuell bleiben.
Programm I
Ada Kaleh
Helena Wittmann, 2018, 14 Min.
©HelenaWittmann
Ein unbestimmter Ort, Sommer. Die Bewohner einer Wohngemeinschaft fragen sich, wo sie leben könnten. Sie stellen sich Länder, Gemeinschaften und Orte vor. Die Zeit vergeht und nichts kann daran etwas ändern, weder menschliches Handeln noch Gegenstände und deren Zustände. Irgendwann driften sie alle in einen tiefen Schlaf.
Olanda
Bernd Schoch, 2019, 154 Min.
©Fünferfilm
Kolonnen von Frauen und Männern streifen durchs Unterholz, den Blick immer zur Erde gerichtet: Pilzsammler*innen in Rumänien, saisonal Beschäftigte auf der Suche nach einem regionalen Wirtschaftsgut. Der Film begleitet sie im Wald, bei Autofahrten oder in den provisorischen Zeltlagern. In einer pilzähnlichen Struktur verzweigt sich die Erzählung immer weiter und öffnet den Blick auf eine informelle Ökonomie.(Auzug aus Filmfest Hamburg)
Nach zwei Stunden waren zehn Minuten vergangen
Steffen Goldkamp, 2020, 19.30 Min.
©SteffenGoldkamp
Ein immer gleicher Tagesablauf lässt in einer Jugendvollzugsanstalt die Zeit gerinnen. Körper werden zu Vehikeln, die träge von Werkstätten in Einzelzellen, über Flure in die Außenbereiche, vom Sessel aufs Sofa bewegt werden. Der Film erzählt von zurückgelassenen Körpern und einer unbestimmten Sehnsucht. Nach einem Anderen. Nach einem Draußen, von dem seine Träumer vielleicht selbst nicht mehr wissen, ob es das so je gegeben hat.
First in first out
Zacharias Zitouni, 2019, 26 Min.
©ZachariasZitouni
«Aber hast du das mit Absicht oder von allein vergessen?» Der Vater arbeitet in einer Flughafenhalle, dort bereitet er Essen vor – bei Ausschaffungsflügen nur mit Plastikbesteck. «Es ist ganz normal für mich», insistiert der Vater. 25 Jahre davor möchte er an einem Herbstnachmittag Sardinen kaufen, wird verhaftet, nach Tunesien abgeschoben. Seine Frau erinnert sich an Vorurteile und Gängelungen. «Willst du noch was erzählen?», fragt der Sohn. (Auszug aus Kino Xenix)
Programm II
Casanovagen
Luise Donschen, 2018, 67 Min.
©HelenaWittmann
Eine als Vogel verkleidete Person betritt das Bild. In einer Umkleidekabine legt John Malkovich das Kostüm von Casanova ab. Weiße Lilien stehen am Fuße einer Marienstatue, rote Rosen vor dem Fenster eines SM-Studios. Spielende Kinder in einem Wald im Herbst. Ein Wald im Sommer, umrahmt von Licht. Ein Orgasmus und ein Tanz. CASANOVGEN ist ein Film über das Begehren.
The Owls has grown as big as the half moon
Maya Connors, 2014, 16.10 Min.
©Maya Connors
Eine Reise nach Südkorea, auf der Suche nach Erinnerungen aus der frühen Kindheit, die man dort im Alter von 1-3 Jahren verbracht hat. Erinnerungen, die kaum existieren. Schichten der Fremdheit mischen sich: das Fremdsein im Land und die Fremdheit gegenüber der Vergangenheit und der eigenen Biografie. Das Wandern in den Lücken, zwischen dem Lärm und der Stille.
Das satanische Dickicht - DREI
Willy Hans, 2017, 22 Min.
© Willy Hans
Der erste Ferientag auf dem Campingplatz. Mimi sucht Kontakt zu anderen Altersgenossen, Karl möchte mit dem Krokodil schwimmen, Papa hat Hunger und Mama hat die geschmierten Brote zuhause vergessen. Plötzlich ist Fernando, der kleine Hase des Wärters verschwunden. Erst als die mittelalterlichen Touristen auftauchen kehrt die Ordnung zurück. Eines jedenfalls ist sicher: Das Wirrsal ist überall. DREI: Der letzte Akt einer Trilogie. (Lorcano Film Festival)
Flexible Bodies
Louis Fried, 2019, 18.53 Min.
© Michael Steinhauser
In FLEXIBLE BODIES ragt ein Hochhaus, wie ein merkwürdiges Objekt aus seiner Umgebung auf. Es ist die, etwas in die Jahre gekommene, materialisierte Utopie eines idealen Arbeitsplatzes. Träume von Karriere und Selbstoptimierung hallen durch die Gänge. Die Körper kommen zusammen: sie arbeiten, trainieren oder wachsen. In einer seltsam aufgeladenen Atmosphäre folgen wir einer Frau durch das Gebäude. Mit der Zeit stellt sich die Frage, welche Körper hier echt und welche vielleicht doch nur Teile einer größer angelegten Phantasie sind.
Die Zeit vergeht wie ein brüllender Löwe
Philipp Hartmann, 2013, 80 Min.
©Philipp Hartmann
Ein Filmemacher in der statistischen Mitte seines Lebens leidet an Chronophobie. Zur Heilung muss ein Weg gefunden werden, das Vergehen der Zeit zu bremsen. In seinem Dokumentarfilm-Essay führt uns Philipp Hartmann ein Kaleidoskop an Aspekten der Zeit vor. Nicht oberlehrerhaft, sondern mal nachdenklich, mal mit Humor und den Zuschauer stets zu eigenen Gedanken inspirierend. Ein origineller und persönlicher Zugang zu einem Thema, das uns alle beschäftigt.
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