Berlinale-Blogger 2017
„I Am Not Your Negro“ – Der Film zur aktuellen Weltlage

I Am Not Your Negro
© Dan Budnik

Von der Weltpremiere auf dem Toronto-Festival bis zur großen Begeisterung auf dem New York-Festival, dann die Oskar-Nominierung für den besten Dokumentarfilm und schließlich die Krönung mit dem Publikumspreis für den besten Dokumentarfilm im Panorama-Programm der Berlinale. Einen Erfolg nach dem anderen fährt „I Am Not Your Negro“ ein, der Film des amerikanischen Regisseurs Raoul Peck, der von einigen als der beste 2016 produzierte Dokumentarfilm angesehen wird.

Die Bedeutung des Filmes liegt nicht nur in seiner Thematik, die Geschichte des Kampfes um die Rechte der Farbigen in den 1960er und 1970er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Auch nicht in der poetischen Schönheit, mit der Peck seinen Film gestaltet hat, indem er Schriften des Autors James Baldwin über den Kampf der Schwarzen und besonders seiner drei Freunde Medgar Evers, Malcolm X und Martin Luther King, deren Leben alle mit Attentaten endeten, mit Szenen aus klassischen Hollywood-Filmen mischt, in denen es um den weißen Helden und den schwarzen Bediensteten geht. Die eigentliche Bedeutung liegt darin, dass der Film eine Realität behandelt, in der die Welt sich bis zum heutigen Tage befindet, deren Konfrontation sich sogar noch verschärft.

Die Welt der Gegenwart unterscheidet nach wie vor zwischen Menschen aufgrund von Hautfarbe und Rasse. Trotz der Bemühungen der Generationen wie die der Persönlichkeiten des Films, die ihr Leben diesem Kampf widmeten und von denen einige ihr Leben dafür gaben, im Streben nach Gleichberechtigung und Abschmelzen der Unterschiede zwischen den Menschen. Raoul Peck verbindet mit Erfolg Angriffsszenen auf Farbige in der Zeit der Segregation und Bilder von speziell für Weiße reservierten Sitzen in öffentlichen Verkehrsmitteln mit aktuellen Szenen über den Polizeigewalt gegen Schwarze. Viele Polizisten sehen in ihnen nach wie vor eine Gefahrenquelle allein aufgrund ihrer Hautfarbe.


Am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin beeilte sich eine Frau ihre Handtasche deutlich bemerkbar zu schließen, als automatische Reaktion darauf, dass ich mich mit meinen arabischen Gesichtszügen hinter sie in die Schlange gestellt hatte um eine U-Bahn-Fahrkarte zu kaufen. Ja selbst auf der ägyptischen Straße bemerkt der Beobachter einen latenten Rassismus, manchmal auch ganz offen, der bei einigen gegenüber Personen mit dunklerer Hautfarbe, Afrikanern und Nubiern, vorherrscht.

Ist die Welt eine Welt des Rassismus oder der Gleichberechtigung? Baldwin antwortet in einem Fernsehinterview innerhalb des Films, dass er immer vom Besten ausgehen möchte. Aber das, was in der Realität geschähe, mache es ihm unmöglich daran zu glauben, dass es in seiner gegenwärtigen Welt ein ausreichendes Maß an Gerechtigkeit gebe. Baldwin sprach dabei über Amerika in den 1970er Jahren. Aber in den arabischen Gesellschaften gibt es nach zwei Jahrzehnten im 21. Jahrhundert immer noch Liebesbeziehungen und Heiraten, die deswegen scheitern, weil die Familien es ablehnen, dass ihre Kinder jemanden mit einer anderen Hautfarbe oder Rasse heiraten. Wir lesen immer noch Berichte in den sozialen Netzwerken über mündliche Beleidigungen auf der Straße aufgrund der Hautfarbe und merkwürdigerweise sind es Beleidigungen, die von Personen kommen, die ebenfalls „farbig“ im Sinne des Rassismus sind, den der Film zeigt!

I Am Not Your Negro ist ein Film über Poesie und Härte des Kampfes, über seinen Ursprung im echten Schmerz, der nur schwer von Außenstehenden nachempfunden werden kann, die ihn nicht selbst erlebt haben, in Form der Beschneidung von Rechten aufgrund genetischer Gründe, von denen man nicht annimmt, dass sie dem Menschen einen Vorzug über andere geben. Er handelt von der Problematik, dass seine Kämpfer Träumer sind, die mit einem blinden Chauvinismus konfrontiert sind, der in der Lage ist, ihr Leben zu zerstören ohne dabei Schuld zu empfinden. Es ist ein Film der zu aufgeheizten Situation passt, die die Welt durchmacht. Alle müssen solidarisch danach streben, sie zu überwinden.

Top