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Gaming
Machiavellis Erben

Versunken im Strategiespiel.
Versunken im Strategiespiel. | Foto (Zuschnitt): © Adobe

Nur wenige Computerspiele beschäftigen sich mit aktueller Politik. Unpolitisch ist die Spielewelt deswegen aber nicht. 

Von Johannes Zeller

Ob Monopoly oder Risiko: Klassische Brettspiele vermitteln häufig die Grundsätze von Kapitalismus und Machiavellismus. Das liegt vielleicht in der Natur der Sache: Schließlich erwartet man, dass es am Ende der geselligen Runde Gewinner und Verlierer gibt. Doch wie sieht es bei Computerspielen aus –vermitteln auch sie politische Grundüberzeugungen oder gar Haltungen?

Spiele die Politik vermitteln, ohne Stellung zu beziehen

Tatsächlich weisen die wenigsten Computerspiele einen aktuellen politischen Bezug auf. Und selbst Spiele, bei denen politische Prozesse eine Rolle spielen, haben zumeist einen historischen Zugang. 

Die Echtzeit-Strategie-Größe Crusader Kings 2 (CK2) beispielsweise vermittelt die komplexen Hierarchien des mittelalterlichen Feudalsystems, indem es den Spieler als Herrscher einer Grafschaft, eines Herzogtums oder eines Königreichs in der Geschichte Eurasiens und Afrikas mitmischen lässt. Auf einer gigantisch großen Karte kämpfen hunderte Kulturen, Religionen und Ethnien, sowie zig-tausende Herrscherhäuser um ihren Platz in der Geschichte. CK2 legt dabei großen Wert auf historische Korrektheit. Interessant ist vor allem die Tatsache, dass die Figuren – anders als bei den meisten Strategiespielen – einen Grund benötigen, um einen Krieg auszurufen. Hat der gewünschte Gegner einen anderen Glauben, ist das einfach – die religiöse Konvertierung eines Gebiets kann immer als Kriegsgrund herangezogen werden. Bei Opponenten desselben Glaubens ist der Spieler hingegen mit Diplomatie, Intrige und geschickter Heiratspolitik oft besser bedient als mit einer Invasion.

Politische Szenarien der Gegenwart behandeln nur wenige Spiele, doch zwei Entwicklungsteams haben den Schritt gewagt. Positech Games arbeitet derzeit am vierten Teil der Democracy-Reihe, bei der Spieler über das Staatsbudget und die Gesetzgebung einer modernen Demokratie entscheiden. Dabei müssen sie häufig abwägen, welcher Interessengruppe sie lieber auf den Schlips treten. Ständig gilt es Entscheidungen zu treffen zwischen dem, was notwendig, und dem, was populär ist. Denn um im Spiel zu bleiben, müssen Spieler nicht nur den Staatshaushalt im Reinen halten, sondern auch ihre Wiederwahl sichern. Democracy vermittelt spielerisch, wie politische Prozesse ablaufen, und fördert demokratisches Verständnis, ohne dabei politisch Stellung zu beziehen.

Mit Realpolitiks hat Jujubee ein komplexes, machiavellisches Wirtschafts-Kriegsspiel entwickelt, welches das Konzept von Crusader Kings 2 in die Gegenwart trägt. Im Gegensatz zu Democracy dreht sich dabei alles um politische Prozesse auf internationaler Ebene, was mit mehr Brutalität einhergeht. Denn dem Spiel liegt ein Expansionsprinzip zugrunde: Das ultimative Ziel ist die Weltherrschaft. Mit sechs von zehn Sternen auf der Gaming-Plattform Steam und einem Rating von 52 Prozent beim Bewertungsportal Metacritic ist Realpolitiks allerdings nicht unbedingt ein Favorit der Spielekritiker.

Wenn es dann doch politisch wird

Doch auch wenn die wenigsten Spiele aktuelle Entwicklungen reflektieren – unpolitisch ist die Gaming-Szene deswegen nicht. Immer wieder lösen Spiele politische Debatten aus. 

Ein Beispiel ist das Computerspiel Far Cry 5 des Entwicklers Ubisoft, das 2017 in Onlineforen heftig diskutiert wurde. Bei Far Cry 5 schlüpfen die Spieler in die Rolle von Polizisten und müssen eine rassistische Weltuntergangssekte in den ländlichen USA stoppen, eine bewaffnete Gruppe fanatisch-christlicher Patrioten. Die Gaming-Presse hieß das Spielkonzept als satirische Anspielung auf die politischen Entwicklungen in Amerika in Zeiten von Präsident Trump willkommen. Einige Ultra-Rechte in den USA hingegen riefen zum Boykott auf, da in dem Spiel weiße Amerikaner bekämpft würden.

Messestand von Ubisoft auf der Spielemesse Gamescom in Köln. Messestand von Ubisoft auf der Spielemesse Gamescom in Köln. | Foto: © picture alliance/imageBROKER Der Entwickler Ubisoft streitet ab, mit dem Spiel politisch Stellung beziehen zu wollen, schließlich sei die Idee für den Plot schon im Jahr 2014 entwickelt worden – einige reale Inspirationsquellen könnten bei der Entstehung aber durchaus noch eingeflossen sein. Auch für The Division 2, das im Frühjahr 2019 erscheint und bei dem die Spieler im Washington, D.C. der nahen Zukunft gegen eine korrupte, autoritäre Regierung kämpfen, argumentiert Ubisoft ähnlich: Jeglicher Realitätsbezug sei unbeabsichtigt. 

Doch ganz ungeachtet dessen, ob es von Ubisoft beabsichtigt war, oder nicht: Eine Diskussion um politische Haltungen in den USA und die Botschaft von Far Cry 5 ist längst in vollem Gange. 

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