Ausstellung Adler und Tauben

Adler und Tauben © Kunsthalle Bratislava

Do, 16.08.2018 –
So, 28.10.2018

Kunsthalle Bratislava

Ausstellung zeitgenössischer slowakischer und deutscher Künsterinnen und Künstler

Die Kunsthalle Bratislava (KHB) präsentiert im August 2018 eine umfangreiche internationale Ausstellung unter dem Titel Adler und Tauben mit Werken slowakischer und deutscher visueller Künstlerinnen und Künstler. Die Präsentation entstand in Kooperation mit dem Goethe-Institut in Bratislava anlässlich seines 25-jährigen Bestehens in der Slowakei. Kuratiert wurde das Projekt von Lenka Kukurová, die für die KHB bereits mehrere Ausstellungsprojekte wie Fem(inist) Fatale, Angst vor dem Unbekannten oder jüngst die eigenständige Präsentation von Tomáš Rafa vorbereitete, und von Omar Mirza.
„Mit Hilfe von Kommunikation können Konflikte gelöst werden, doch ihr Versagen verursacht die meisten Missverständnisse. Ausformungen nationaler oder lokaler Kulturen entstehen nicht durch Dominanz, sondern basieren auf gegenseitiger Beeinflussung, Aufnahme, Selektion und Ausstrahlung – also auf einer im Idealfall funktionierenden Kommunikation. Die Kommunikation zwischen verschiedenen Kulturen bildet die Hauptidee der Ausstellung Adler und Tauben, die Werke von zeitgenössischen slowakischen und deutschen Künstlerinnen und Künstlern präsentiert.“ So steht es im Begleittext zur Ausstellung von den Kuratoren Kukurová und Mirza.     
Im kulturellen Austausch sowohl innerhalb einer Gesellschaft wie zwischen verschiedenen Nationen prallen oft Vorstellungen von Reinheit und Homogenität nationaler Identität und die Diskussion über Pro und Contra eines multikulturellen Zusammenlebens aufeinander. Diese zugespitzte Debatte ist sowohl in Deutschland präsent, das jahrzehntelang Erfahrungen mit dem Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen gesammelt hat, als auch in der Slowakei, wo dieses Thema relativ neu ist. Der kulturelle Austausch bringt Fragen nach der Komplexität von nationaler Identität mit sich: Welche Formen nimmt sie heutzutage ein, von welchen Symbolen wird sie beeinflusst? Sind wir in der Lage, uns positiv mit dem Begriff „Nation“ zu identifizieren- auch ohne nationalistische und fremdenfeindliche Elemente ? Auch die zeitgenössische Kunst kann ein Mittel der interkulturellen Kommunikation sein – nicht des Zusammenstoßes, sondern des Zusammentreffens der Kulturen. Die Ausstellung reagiert auf diese Themen humorvoll, in spielerischer und offener Form. Die beiden Kuratoren bemühen sich, den Zuschauern eine facettenreiche Wahrnehmung dieser Problematik zu ermöglichen.
Jede nationale und staatliche Symbolik entsteht immer in einer konkreten Zeit und in einem fest umrissenen Raum, aber ihre Bedeutung ist nicht unabänderlich. Die gleichen Symbole können in verschiedenen Zusammenhängen und Zeiten unterschiedliche Konnotationen haben.
Die Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung haben sich mit diesen symbolischen Inhalten in ihren Werken auseinandergesetzt. Erik Sikora fasst das Thema spielerisch und kreativ auf und versucht mit Hilfe von Video-Installationen, das Image der Slowakei neu zu definieren. Mit absurdem Humor parodiert er Marketingstrategien, die sich bemühen, abstrakte Kulturwerte zu verkaufen – in Form von kitschigen Souvenirs oder künstlich konstruierten Volksmythen. Die Besucher können hier Souvenirs mit diesem Künstler-Image der Slowakei kaufen, die Sikora speziell für die Kunsthalle kreierte. Uli Westphal arbeitet mit dem historisch belasteten Symbol des Adlers. In seinem Video befreit er das Symbol des Adlers von der ideologischen Aufladung. Das Thema „Flagge“ als Staatssymbol wird in den Werken von Anna Witt und Nasan Tur bearbeitet. Die deutschen Künstlerinnen und Künstler gehen auf das Thema der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland ein, auf das Spiel mit nationalen Symbolen, dem Rechtsextremismus, der Ausrichtung der Europäischen Union etc..
Einige Künstler stellen neue Werke aus, die direkt aus Anlass des Projektes Adler und Tauben entstanden sind. Monika und Bohuš Kubinskí wählten das Motiv der Taube; doch diesmal wird sie nicht mit dem oft proklamierten friedfertigen slowakischen Wesen verbunden, sondern mit einem Taubenschlag als Symbol für Chaos. Ivana Šáteková entwickelte Zeichnungen, inspiriert von der Internetumfrage „Wie würde Europa aussehen, wenn Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätte?“.  An der Umfrage können während der Dauer der Ausstellung die Besucher direkt vor Ort teilnehmen.  
Auf die Zeit der gesellschaftlichen Transformation in den 1990-er Jahren, die weiterhin in hohem Maße das aktuelle Bild der politischen Realität in der Slowakei und auch in Deutschland bestimmt, reagieren die Werke von Stano Masár und Henrike Naumann. Masár installiert in den Galerieräumen einen Zeitungskiosk, so vertraut und bekannt aus dem slowakischen öffentlichen Raum, wo die Besucher Zeitschriften durchblättern können. Die Video-Installation von Naumann ist eine Rekonstruktion der Hausvideos aus den 1990-er Jahren, die die Besucher im entsprechenden „Wohn“-Interieur im Design vom Ende des letzten Jahrhunderts sehen können. 
Die Ausstellung Adler und Tauben verlässt auch die  Ausstellungsräume und wird um Werke im freien Raum bereichert. So fesseln an der Fassade der Kunsthalle großformatige Drucke des berühmten deutschen Künstlers Hans Haacke die Aufmerksamkeit der Passanten, die das Thema Nation und seine problematische Definition reflektieren. Dieses Werk wurde bereits auf der documenta 14 (Kassel, Athen) im Jahre 2017 gezeigt. Direkt vor dem Eingang in das Hauptgebäude der KHB ist zudem ein Wohnwagen installiert, der vom slowakischen bildenden Künstler Tomáš Džadoň in eine urige slowakische Holzhütte umgewandelt wurde – in die vollkommene Illusion eines Folklore-Zimmers, das von den Besuchern gerne betreten werden kann.
Kann Kultur als Vermittler von Solidarität und Toleranz wirken? Kann die zeitgenössische Kunst den sogenannten nationalistischen Kitsch durch eine positive Selbst-Identifizierung ersetzen? Kann die Kunst in polarisierten Gesellschaften Raum für Kommunikation bieten? Durch Dechiffrieren der Traditionen und Klischees wird die Ausstellung zu einem Raum für jeden, dem es nicht gleichgültig ist, in welcher Gesellschaft er oder sie leben möchte.  
  

Ausstellende Künstler und Künstlerinnen: Ulf Aminde (DE), Tomáš Džadoň (SK), Hans Haacke (DE), Monika & Bohuš Kubinskí (SK), Stano Masár (SK), Jarmila Mitríková & Dávid Demjanovič (SK), Henrike Naumann (DE), Erik Sikora (SK), Ivana Šáteková (SK), Anna Tretter (DE), Nasan Tur (DE), Uli Westphal (DE), Suse Weber (DE), Anna Witt (DE)
Kuratoren: Lenka Kukurová und Omar Mirza
Vernissage: Donnerstag, 16. Juli 2018, von 18:00 bis 20:00 Uhr, KHB, 1. Stock
Dauer: 17. August bis 28. Oktober 2018
 
 

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