Ein Skatepark für Kinder
LOBBYIST AUF VIER ROLLEN

Hier können alle voneinander lernen, seien es coole Tricks oder respektvollen Umgang miteinander. Der Freerunner ist jedenfalls eine Attraktion für sich.
Foto (CC BY-NC): Dana Ritzmann

Ein umtriebiger Skater setzt sich für die Entwicklung des öffentlichen Raumes in Amman ein. Die Geschichte des ersten Skateparks Jordaniens.

Der Bürojob als Programmierer war für Mohammed Zakaria die Höchststrafe. Drei Jahre Freiheitsentzug, sagt er. Immerhin so gut bezahlt, dass sich der 30-Jährige seitdem seinen Traum erfüllen kann. „Ich wollte immer etwas machen, woran mein Herz hängt“, sagt der schlaksige junge Mann und schwingt sich auf sein Skateboard. Zakaria hat mit zehn das Skaten angefangen. Seit einigen Jahren macht er es jedoch nur noch selten oder eben für ein Foto. Dass es diesen Skatepark in Downtown Amman gibt, ist ihm zu verdanken – und der Grund für seine knappe Zeit.

Endlich ein Ort für die Kids

Inmitten einer sonnenverbrannten Wiese erstreckt sich auf 650 Quadratmetern eine Betonlandschaft aus Rampen, Kanten, Halfpipes und weiteren Hindernissen: der wahr gewordene Traum der Skater und Biker Ammans. Wenn am späten Nachmittag die Sonne nicht mehr so brennt, dann füllt sich der Park mit Dutzenden Kids, die hier einfach chillen oder eben Sport machen – ohne Stress mit Passanten oder der Polizei zu bekommen.

„Wir waren einfach immer irgendwo im Weg“, erinnert sich Zakaria an seine eigene Jugend auf vier Rollen. „In Amman gibt es faktisch keine öffentlichen Orte, wo man seinen Sport ausüben kann, ohne jemanden zu stören, egal ob es Skateboardfahren ist oder Biken oder Hip-Hop.“ Der öffentliche Raum, das seien Brachen oder Müllhalden oder zu Müllhalden umfunktionierte Brachen. Doch Klagen, das ist nicht seins.

Im Rathaus stellte Zakaria seine Pläne für einen öffentlichen Skatepark vor und fand in der deutschen Non-Profit-Organisation Make Life Skate Life einen engagierten Partner für das Projekt. Die Stadt willigte ein unter der Bedingung, dass der Park nichts kosten durfte, aber trotzdem städtisch und für jeden zugänglich bleibt. Außerdem, so Zakaria, sollte er günstig gelegen und für möglichst viele Kids gut erreichbar sein. So wie die Ecke in der Balat-Nachbarschaft, genau da, wo das schicke West-Amman und das ärmliche Ost-Amman direkt aufeinander treffen.

Internationale Skatersolidarität

Von der Kreuzung vor dem Eingang führt die Straße hoch zum derzeit angesagten Künstler- und Ausgehviertel der jordanischen Hauptstadt. Da, wo Galerien und Cafés die schmalen Straßen säumen, wo man mehr Englisch als Arabisch auf dem Bürgersteig hört und wo bunte Blumentöpfe Fußwege und Laternenmasten zieren. Den Berg wieder runter wohnen schon seit Jahrzehnten palästinensische Flüchtlinge und seit einigen Jahren auch irakische Familien, syrische und somalische. Es ist eng in den Gassen, Bauschutt versperrt die Wege. An der Schule nebenan hängt ein riesiges Porträt von König Abdullah, über die Straße sitzen drei Männer auf Gummireifen und schrauben mit schmutzigen Händen an alten Autos. Auf den flachen Dächern hängen die Anwohner ihre Wäsche auf und schauen dabei hinunter auf die Skater, Sprayer, Breakdancer und Biker.

Der 7Hills-Skatepark, benannt nach den sieben Hügeln, auf denen Amman ursprünglich gebaut wurde, öffnete seine Tore am 27. Dezember 2014 – kaum drei Monate, nachdem der letzte Dollar, Dinar oder Euro der Crowdfunding-Kampagne verbucht war. 18.500 Dollar war das Ziel, 23.000 Dollar kamen schließlich zusammen (etwa 20.000 Euro). Skater aus der ganzen Welt hatten gespendet, um das Projekt wahr werden zu lassen. Die Bauphase selbst sei ein Fest gewesen, erinnert sich Zakaria. „Richtig cool war, dass so viele Menschen geholfen haben, den Skatepark aufzubauen und dabei zusammen eine Menge Spaß hatten.“ Aus Deutschland, England, Tschechien und Algerien seien Freiwillige zum Buddeln und Betonieren extra nach Amman gekommen, und auch die Menschen aus der direkten Umgebung hätten alle mit angepackt. Sogar der Imam aus der Moschee am gegenüberliegenden Hang sei mal vorbei gekommen und habe allen ein „High Five“ gegeben, freut sich der Initiator.

Mehr Sportparks für Amman

Schnell wurde der erste Skatepark Jordaniens zum Schmelztiegel der Jugendkultur, wie es Zakaria nennt. Auf Wettbewerben gab es Skateboards zu gewinnen – gerade für die Kids aus Ost-Amman ein Anreiz. Der Steinschuppen, den Graffitikünstler mit dem Schriftzug „7Hills“ kunstvoll verziert hatten, war die Ausleihstation für Skateboards. Als er immer wieder aufgebrochen wurde – „das passiert halt“, sagt Zakaria lakonisch – schenkte er jedem der Jungs, die regelmäßig kamen, ein Board. Viele waren sowieso gespendet worden. Damit hatte der Diebstahl ein Ende und Zakaria den Kopf frei für neue Projekte. Gemeinsam mit einer lokalen Flüchtlingsorganisation startete er ein Skatingprojekt für Mädchen aus Syrien und dem Irak, die eine Zeit lang auf den Halfpipes trainierten. Außerdem gab es ein Kulturfestival zwischen den Betonbögen. Der 30-jährige Zakaria, der mit seinem Nachnamen angeredet werden möchte, weil es einfach zu viele Mohammeds gäbe, ist für viele der Teenager trotz seines jugendlichen Auftretens eine Vaterfigur. Er plaudert mit den Kids, spornt sie an, kann sie aber auch mal zurechtweisen. Wie er ihnen allerdings beibringen soll, ihren Müll in die vorhandenen Eimer zu werfen, weiß er immer noch nicht. „Wenn ich vorbeikomme, dann drücke ich jedem erstmal einen Besen in die Hand und dann wird aufgeräumt – sogar ohne zu murren.“

Gerne wäre Zakaria öfter hier, aber mittlerweile hat er seine eigene Skateboard-Firma gegründet, die in Kanada Sportbretter produziert, nach Jordanien importiert und verkauft. Schon bald plant er die erste Produktion in Jordanien, sagt Zakaria. Und dann will er im 7Hills-Park eine Skateboardschule eröffnen und am liebsten hin und wieder selbst unterrichten. Ob er dafür überhaupt Zeit findet, ist mehr als fraglich. Denn Zakaria ist schon wieder auf dem Sprung ins Rathaus: Wenn alles gut geht, wird in Amman bald ein weiterer Sportpark entstehen.
 

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