Fotografie Fotoausstellung UN 242 Katharina Gaenssler

UN 242 Katharina Gaenssler Foto: Katharina Gaenssler

04.08. bis 11.09.2016

MARQ (Museo de Arquitectura y Diseño)

Im Rahmen der 19. Encuentros abiertos – Festival de la Luz.

Ein Projekt des Goethe-Institut Buenos Aires. Im Rahmen der 19. Encuentros abiertos – Festival de la Luz. Mit der freundlichen Unterstützung der Deutschen Botschaft in Buenos Aires.
Kuratorin: Julie August


Eröffnung: 04. August, 19 Uhr
Gespräch mit der Kuratorin und Führung: 13 August, 17 Uhr
Video: Fabian Hentzen / Nikolaus Steglich

UN 242

Katharina Gaenssler arbeitet mit dem Medium Fotografie und das für gewöhnlich mit Tausenden, oft Zigtausenden von Bildern. Beim Projekt UN 242 sind es »nur« 242 Bilder. Diese zeigen immer dasselbe Motiv, immer ist dasselbe Objekt Gegenstand der Fotos. Zu sehen ist die Ost-Fassade des von Oscar Niemeyer und Le Corbusier um 1952 erbauten United Nations Secretariat Building in New York. Das vom Aufnahmestandort aus auf exakt derselben Sichtachse stehende Chrysler Building wird vom UN Gebäude fast vollständig verdeckt, lediglich seine Spitze ragt darüber hinaus, so dass sich in der Überlagerung der beiden Gebäude eine kathedralenartige Kubatur ergibt.

Die Künstlerin hat die Aufnahmen während eines dreimonatigen Aufenthaltes im Winter 2010/2011 vom Küchenfenster ihres Studios aus, auf der anderen Seite des East Rivers, in Long Island City, auf Höhe der 42sten Straße gemacht. Der Standort ist nicht immer exakt derselbe, auch wurden die Fotos zu verschiedenen Tageszeiten aufgenommen, an manchen Tagen entstanden mehrere Bilder, an anderen keines. Katharina Gaenssler reagierte, wie sie selbst formuliert, »impulshaft auf Farbeffekte, Lichtreflexe und Wetterverhältnisse«, sie fotografierte spontan und frei aus der Hand. Die Glasfassade des UN Gebäudes wurde zu dieser Zeit im Zuge umfangreicher Sanierungen teilweise ausgewechselt, so dass der Fortschritt der Renovierungsarbeiten dokumentiert ist und sich als ablesbare zeitliche Dimension in die Serie einschreibt.

Die 242 Bilder sind also trotz des gleichen Inhalts keineswegs gleich. Das genaue Hinsehen, die Faszination der Künstlerin für die subtilen Unterschiede, für die Magie des Motivs in unterschiedlichsten Lichtverhältnissen, ihr Interesse am Medium der Photographie, die Reaktion des Apparates auf das Licht im Vergleich zur Wahrnehmung durch das menschliche Auge, sind für den Betrachter gewissermaßen in 242 Kapiteln nachzuempfinden.

Die Künstlerin hatte sehr bewusst entschieden, aus diesem Bildmaterial ein Künstlerbuch zu machen. Das riesenhafte Format von 68 × 51 cm entstand, um eine Intensivierung der monochromen verschiedenfarbigen Himmelflächen zu erreichen und um gleichzeitig Details wie Bauarbeiter, Möwen, Flugzeuge oder etwa die Veränderung an Baustellenvorhängen überhaupt erst wahrnehmbar zu machen. Das Umlegen jeder Buchseite fordert weit ausholende Armbewegungen und gibt dem Betrachter damit auch eine physische Erfahrung der Größe, die wiederum auf die Architektur des Motivs reflektiert.

Das Medium Buch ist für Katharina Gaensslers Werk generell von zentraler Wichtigkeit. Grundlage ihrer raumgreifenden Installationen sind immer umfangreiche Buchwerke, die in ihrer Form und Erscheinung jeweils sehr genau auf den jeweiligen inhaltlichen Zusammenhang konzipiert werden. Buchspezifische Eigenschaften – das Objekthafte, die Oberfläche des Materials, Haptik, Tempo und Erzählrichtung, Intimität und der sinnlichkörperliche Umgang des Betrachters mit dem Buch sind wichtige Mittel für ihr Werk.

In Buenos Aires werden die 242 Bilder des UN Gebäudes als Projektion gezeigt. Im MARQ, Museum für Architektur, im Rahmen des Festival de la Luz (Festival des Lichts) und mit Unterstützung des Goethe-Instituts, werden sie immateriell, gewissermaßen ein »Lichtspiel«. Um die Materialität und Haptik zu betonen, die von so großer Wichtigkeit für Katharina Gaenssler ist, wird die Projektion der 242 Aufnahmen durch ein Video begleitet, in dem das Buch von der Künstlerin Seite für Seite geblättert wird. Das MARQ, das Ausstellungen nicht etwa nur über Architekten oder Architekturen, sondern häufig auch Arbeiten bildender Künstler mit Bezug auf Architektur zeigt, ist ein wunderbarer Ort für diese südamerikanische Premiere.
 
Julie August
Kuratorin


Die deutsche Künstlerin Katharina Gaenssler hat nach einer Ausbildung zur Silberschmiedin an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert. Sie hat zahlreiche Projektstipendien für Auslandsaufenthalte erhalten, unter anderem in Italien, USA und Israel. Parallel zu ihren großformatigen, meist aus Tausenden von Bilden bestehenden  Fotoinstallationen entstehen immer Künstlerbuch-Editionen. Katharina Gaenssler hat in zahlreichen wichtigen Museen in Deutschland (Lenbachhaus München, Kunstmuseum Stuttgart, Folkwangmuseum Essen), aber auch international (zuletzt: MOMA, New York) ausgestellt.
 
Die deutsche Kuratorin Julie August hat von 2004 bis 2015 einen Projektraum in Berlin betrieben, bei dem einer der Schwerpunkte auf Fotografie lag, unter anderem fanden mit Beatrice Minda, Julia Kissina, Hannes Wanderer und Katharina Gaenssler Einzelausstellungen statt. Sie arbeitet darüberhinaus als freie Kuratorin (neben zahlreichen Ausstellungen in Berlin organisierte sie auch zwei große Schauen in Tirana, Albanien) und ist seit 2010 Vorstandsmitglied des Frauenmuseums Berlin. Seit 2 Jahren lebt sie überwiegend in Buenos Aires, wo sie bereits mehrere Ausstellungen kuratierte.

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