Vortrag PRECHT: Arbeit, Bildung und Identität in der digitalen Zukunft

Precht Foto: Amanda Berens

11.09.2017

Universidad Nacional de San Martín

Richard David Precht ist wohl im Moment der gefragteste und medienwirksamste Intellektuelle und Redner in Deutschland. Zu den Themen, die ihn am meisten beschäftigen, gehören die Entwicklung der Zivilgesellschaft, die Auswirkungen von Migration und Digitalisierung, die Zukunft der Arbeitsgesellschaft sowie die Rolle der Kultur und die Entwicklung eines gerechteren und effizienteren Bildungssystems.

Im September besucht Precht auf Einladung des Goethe-Institut Buenos Aires und der Universidad Nacional de San Martín zum ersten Mal Argentinien. In der UNSAM diskutiert er mit Ana María Vara über das Thema „Arbeit, Bildung und Identität in der digitalen Zukunft“. Der Verlag Paidós wird anlässlich des Besuchs seinen Bestseller  „Wer bin ich … und wenn ja wie viele? – Eine philosophische Reise“ in Argentinien  herausbringen.    

Montag, 11. September 2017, 17.00 Uhr: Vortrag von Richard David Precht und Gespräch mit Ana María Vara, auf Einladung  des Goethe-Instituts Buenos Aires und der Universidad Nacional de San Martín. Auditorio IIB UNSAM, Campus Miguelete, 25 de Mayo y Francia.
Freier Eintritt (bis die Kapazitätsgrenze im Auditorium erreicht ist).


Richard David Precht ist Philosoph, Autor und Journalist. Neben regelmäßigen Auftritten bei Buchmessen, in Radiosendungen und Talkshows, hat er seit  2012 im ZDF —einem der beiden großen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Deutschland — eine eigene philosophische Talk-Show: PRECHT. So erklärt sich, dass Precht mit den Worten der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG— der „einzige zeitgenössische Philosoph ist, dessen Name zum Phänomen geworden ist“. Precht,  der sich selber gerne als „öffentlicher Intellektueller“ bezeichnet, ist zu einer unverwechselbaren „Marke“ geworden und ist der kommunikativste und medienwirksamste unter den deutschsprachigen  Philosophen. In seiner Philosophiesendung debattiert er mit den wichtigsten Vertretern der Politik, Wirtschaft und Kultur, wie zum Beispiel dem Filmemacher Alexander Kluge, dem deutsch-türkischen Schriftsteller Feridun Zaimoglu, dem Soziologen  Hartmut Rosa und dem sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten und ehemaligen Präsidenten des Europaparlaments Martin Schulz über bedeutende Themen aus allen Bereichen der Gesellschaft.

Richard David Precht (geboren 1964) ist ein unermüdlicher Redner und Vortragender und mit über 70 Auftritten pro Jahr bei den wichtigsten Konferenzen und Treffen der bedeutendsten Verbände, Organisationen und Firmen präsent. Seine aktuellen Themen, die er bei seinem Besuch anlässlich der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum des Goethe-Instituts Argentinien und des 25-jährigen Jubiläums der Universidad Nacional de San Martín behandeln wird, reichen von der Zivilgesellschaft,  über Migration und Digitalisierung bis zur Zukunft von Arbeitsgesellschaft, Bildung und Kultur.

In Anlehnung an die Tradition der nordamerikanischen Kommunitaristen ist es Precht ein besonderes Anliegen, das soziale und persönliche Wohlbefinden zu verbessern und er plädiert deshalb für eine Erneuerung der Bürgergesellschaft angesichts der von Politik und Wirtschaft zu blind und einseitig verfolgten Idee von ständig mehr Wachstum und Leistung.  Er untersucht unter Anderem auch, wie eine größere soziale Gerechtigkeit erreicht und die Kluft zwischen Armen und Reichen verringert werden könne (aus diesem Grund plädiert er für das bedingungslose Grundeinkommen). Außerdem interessieren ihn Veränderungen bei den moralischen Einstellungen der Menschen und die Frage, wie dem verbreiteten Egoismus in allen Bevölkerungsgruppen entgegen gewirkt werden könnte. Auf dem Gebiet der Migration ist er davon überzeugt, dass die Flüchtlingswelle gerade erst begonnen habe und fordert Politik, Wirtschaft und Bürgergesellschaft dringend dazu auf, nachhaltige Lösungen zu finden, da dieses Thema in den nächsten Jahrzehnten weiter zentrale Bedeutung haben  und  die gesamte  Geographie  des 21 Jahrhunderts  verändern werde.

Precht ist auch ein scharfer Kritiker des aktuellen deutschen Bildungssystems, das er weder als effektiv noch als gerecht ansieht. Er spricht  vom “Verrat des Bildungssystems an den Kindern” und  fordert weitreichende Reformen, die auch die neuen digitalen Möglichkeiten nutzen und insgesamt die Kinder besser auf die Zukunft vorbereiten sollen. Seine zahlreichen Vorschläge lösten eine große kontroverse Diskussion über das Bildungssystem in Deutschland aus. In einem kürzlich geführten Interview mit dem öffentlichen Radiosender  DEUTSCHLANDFUNK kritisiert er, dass Politiker reflexartig und vereinfacht  den digitalen Fortschritt immer nur als rein technologisches Problem sähen, bei dem es nur darum gehe, die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu garantieren.  Precht hingegen fordert  einen  bewussten und gut durchdachten Umgang mit dem Phänomen der Digitalisierung, damit alle Aspekte und Folgen bedacht und antizipiert werden könnten. Trotz der auch erwarteten negativen  Folgen der Digitalisierung (z. B. Massenarbeitslosigkeit ), die abgefedert und kompensiert werden müssten, sieht er die digitale Zukunft insgesamt positiv, da sie neue Möglichkeiten der Lebensführung in der Gesellschaft eröffnen (mehr Freizeit und ein erfüllteres, selbstbestimmteres Leben). Das Grundproblem bei dieser Entwicklung sind laut Precht  nicht die technischen Neuerungen -  wie das selbstfahrende Auto -, dessen  Einführung für ihn außer Frage steht, sondern die Tatsache, dass der technologische Fortschritt nicht in einem demokratischen Prozess erfolgt, sondern von einigen wenigen Monopolen gesteuert  wird.  “So entstehen digitale Supermächte, für die es gar nicht mehr wichtig ist, wer als demokratisch gewählter Bundeskanzler in Deutschland oder als Präsident in den USA regiert. Solche Machtkonzentrationen bei wenigen Konzernen, die nicht demokratisch legitimiert oder kontrolliert werden können, werden in einer Art von technokratischer Diktatur enden“.   

Doch auch wenn er betont, dass schwierige Jahre mit vielen neuen Problemen vor uns liegen und die ersten Jahre der Digitalisierung unvermeidlich negativ sein werden, könnte die Digitalisierung die Verwirklichung der alten Utopie von der Befreiung des Menschen von entfremdeter Arbeit ermöglichen. Precht versichert, dass wir uns am Ende des Zeitalters der  Leistungsgesellschaft, so wie wir sie kennen, befinden und dass in der Zukunft, in der immer mehr Roboter und Computer die Arbeiten, die vorher von Personen verrichtet wurden, übernehmen,  nur noch die Arbeitsplätze bestehen bleiben werden, in denen Menschen direkt mit anderen Menschen arbeiten, so wie in den Kindergärten oder in der Schule. „Nicht einmal in der digitalen Gesellschaft der Zukunft werden wir die Erziehung unserer Kinder Robotern überlassen wollen.“  

Precht ist Autor verschiedener Bücher, von denen die folgenden bereits in spanischer Übersetzung erhältlich sind: Liebe – ein unordentliches Gefühl (Amor. Un sentimiento desordenado, Siruela, 2012); Warum gibt es alles und nicht Nichts? (¿Por qué hay todo y no nada? Siruela, 2013); Die Kunst, kein Egoist zu sein (El arte de no ser egoísta, Siruela, 2014) und Wer bin ich, und wenn ja wie viele – eine philosophische Reise (¿Quién soy… y cuántos? Un viaje filosófico, erste Ausgabe in Argentinien, Paidós 2017), ein Bestseller, der bereits in 40 Sprachen übersetzt wurde. Im Februar 2008 kam das Buch auf den ersten Platz der Bestsellerliste des Wochenmagazins SPIEGEL und blieb dort bis Oktober 2012. Mit dieser Veröffentlichung, die ihn in ganz Deutschland bekannt machte, hält Precht den Langzeitrekord auf der Liste der meist verkauften Bücher. Die Idee des Buches war es, eine Einführung in die Philosophie zu schreiben, die ein breites Publikum erreicht und auch solche Gruppen für philosophische Fragestellungen begeistern kann, die sich normalerweise nicht für derartige Themen interessieren. So behandelt er darin alle großen Fragen der Philosophie, um Anregungen zur Bewältigung der Probleme der heutigen Zeit zu geben, wobei auch die neuesten Erkenntnisse der Naturwissenschaften eingearbeitet wurden.  Precht verfügt über eine Fähigkeit, die man nur selten im deutschen akademischen-intellektuellen Milieu vorfindet und die man normalerweise der angloamerikanischen Welt zuschreibt. Er versteht es, sehr komplexe, auch wissenschaftliche Sachverhalte so anschaulich und mit so klaren Beschreibungen auszudrücken, dass sie für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich und verständlich werden. So „demokratisiert“ er das Wissen (philosophisches, aber auch naturwissenschaftliches, politisches Wissen) und erlaubt es breiteren Bevölkerungsgruppen, an den Entwicklungen der modernen Welt teilzuhaben und sich eine Meinung dazu zu bilden. Er füllt so eine Lücke, die vorher niemand gefüllt hatte. Als „Bürgerphilosoph“ erklärt er uns die Welt – so wie es ursprünglich einmal die Rolle der Philosophen war, aber mit unseren Worten, eloquent und brillant, aber immer verständlich, frei redend, improvisierend und mit anschaulichen Beispielen aus dem Leben und in Foren, die einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind.
 
 

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