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Rückblick auf Jubiläumsfeier
30 Jahre Europanetzwerk Deutsch

30 Jahre Europanetzwerk Deutsch - Jubiläumsfeier 2024
30 Jahre Europanetzwerk Deutsch - Jubiläumsfeier 2024 | © Cédric Puisney

„Sprachenvielfalt als Chance für Europa“ – unter diesem Motto fand die Jubiläumsfeier des Programms Europanetzwerk Deutsch mit einem hochrangig besetzen Podium am 14. November in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der EU statt. Mit zahlreichen Kursen und Veranstaltungen, die im Zeichen der „Zukunft Europas“ standen, beging das Europanetzwerk Deutsch 2024 sein 30-jähriges Bestehen, das seinen krönenden Abschluss in der Jubiläumsfeier in Brüssel fand.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Dr. Elke Kaschl Mohni, Leiterin und Europa-Beauftragte des Goethe-Institut Brüssel. In ihrer Begrüßung stellte sie zunächst den Europa-Auftrag des Goethe-Instituts in der europäischen Hauptstadt in den Vordergrund, der auch ihr ein persönliches Anliegen, ja eine Herzensangelegenheit sei. Dabei trete das Goethe-Institut als größte Mittlerorganisation der deutschen auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in der Welt für das geeinte, aber gleichzeitig auch vielseitige Europa ein. Das Goethe-Institut in Brüssel fördert neue Kooperationen, stärkt die deutsche Sprache in Belgien und in der EU und erschließt europaweit Handlungsperspektiven in einem länderübergreifenden Netzwerk. Dabei gelingt eine erfolgreiche Mitgestaltung einer erweiterten europäischen Öffentlichkeit und eine Stärkung des Zusammenhalts in Europa.

Ein solches Engagement sprach Dr. Elke Kaschl Mohni auch dem Stipendienprogramm Europanetzwerk Deutsch zu, das in den letzten 30 Jahren über 3000 Stipendiat*innen aus 39 Ländern in Deutschland zu Gast hatte, die das lebendige europäische Netzwerk bis heute bereichern. Neben der gezielten Stärkung der Deutschkenntnisse im berufsrelevanten Kontext lernen die Programmteilnehmenden Deutschland aus unterschiedlichsten Perspektiven kennen und erweitern ihre Arbeitskontakte auf EU-Ebene. Als Goethe-Institut leisten wir damit nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Mehrsprachigkeit in Europa, sondern schaffen vor allem auch einen Ort für europäischen Austausch, für kritische Fragen und lebendige Diskussionen über Europa sowie für Perspektivwechsel innerhalb der Europäischen Union. Ihr besonderer Dank galt neben den Kolleg*innen, die das Programm Europanetzwerk Deutsch maßgeblich umsetzen, hier am Brüsseler Institut aber auch aus der Zentrale des Goethe-Instituts in München, vor allem der Gesamtheit der Alumni und Alumnae für ihr anhaltendes Interesse an der deutschen Sprache und dem Programm.

Botschafter Martin Kotthaus, der dem Goethe-Institut und vor allem dem Europanetzwerk Deutsch bereits seit langer Zeit verbunden ist, erinnerte an die Anfangszeit des Programms, das durch eine gemeinsame Initiative des damaligen Außenministers Dr. Klaus Kinkel und des Kommissionspräsidenten Jacques Delors zurückging. Damals zählte die EU nur 12 Mitgliedstaaten – viele glaubten an das „Ende der Geschichte“, heute sind wir uns im Klaren darüber, welch großer Irrtum das gewesen sei. Gerade in der heutigen Zeit, die von multiplen Krisen und Kriegen gezeichnet ist, müsse sich Europa auf seine Stärken besinnen: „Wir sind die weltweit am besten vernetzte Region, diese Beziehung müssen wir bündeln“, so Kotthaus. Das Verständnis füreinander sei fundamental, dafür spiele die Sprache eine entscheidende Rolle. Das Europanetzwerk Deutsch habe – so Botschafter Kotthaus einen Beitrag dazu geleistet, dass in den EU-Institutionen mehr Deutsch gesprochen werde – von noch zentraler Bedeutung sei aber, dass die Programmteilnehmer*innen über ein Verständnis für Deutschland und seine Anliegen in der EU verfügen würden.

Das Herz seines Gegenübers erreichen

Die Bedeutung der Sprache für das gegenseitige Verständnis wurde auf dem von Alain Kniebs, Direktor des Belgischen Rundfunks, moderierten Podium weiter thematisiert. Englisch als Lingua Franca sei zwar nicht mehr wegzudenken – diese Meinung teilten Sprachwissenschaftler Dr. Heiko F. Marten vom Leibniz-Institut für deutsche Sprache und Botschafter a.D. und Diplomatieprofessor Dr. Heinrich Kreft, doch könne Englisch – genauso wenig wie die Kommunikation per Künstlicher Intelligenz – den Austausch in der Muttersprache nicht ersetzen. Nach Marten bekomme man nur über die Sprache den Zugang zur Kultur und erreiche das Herz seines Gegenübers. Es gelte nun, die deutsche Sprache als „Ergänzungssprache“ neben der eigenen Muttersprache und Englisch zu fördern. Die Sprachenpolitik in Deutschland habe laut Marten Luft nach oben, auch der Umgang mit dem Erlernen der Sprachen der Nachbarländer, insbesondere Niederländisch, Polnisch und Tschechisch sei zu überdenken. Laut Kreft verfügen zudem die wenigsten im diplomatischen Dienst über ausreichende Englischkenntnisse, um auch in der Fremdsprache z.B. über Rechtstexte zu verhandeln, weswegen in diesem Fall auf Dolmetscher*innen zurückgegriffen werden müsse – nicht zuletzt um den Gesprächspartner*innen etwas mehr Zeit zum Überlegen zu verschaffen.

Eintauchen in eine deutsche Welt

Unterstrichen wurde der hohe Stellenwert des Sprachenlernens – in diesem Fall der deutschen Sprache – durch die Erfahrungsberichte zweier langjähriger Alumni des Europanetzwerk Deutsch, die auch den Mehrwert des Programms für sie persönlich herausstellten. So berichtete Jorg Kristijan Petrovic (damals Vize-Präsident des slowenischen Rechnungshofes; heute slowenisches Mitglied des Europäischen Rechnungshofes), wie ein auf eine Stunde angesetzter Gesprächstermin mit einem deutschen Kollegen des Rechnungshofes aus Nordrhein-Westfalen – ein zentraler Bestandteil der Deutsch-Intensivkurse des Europanetzwerk Deutsch in Deutschland (EU-Kurse) – am Ende sechs Stunden dauerte – inklusive eines gemeinsamen Restaurantbesuchs. Das Ergebnis dieses Termins: Wenig später sollte die Schuldenbremse auch in die slowenische Verfassung aufgenommen werden.

Für Dr. Francesca Siniscalchi von der EU-Kommission sind vor allem die Kontakte zu anderen Mitgliedern des in den letzten 30 Jahren stetig gewachsenen Netzwerks wertvoll, das durch regelmäßige Alumnitreffen, verschiedene Kursformate und Veranstaltungen lebendig gehalten wird. Positiv bewertete sie, dass man durch dieses tatsächlich in eine deutschsprachige Welt eintauche, unterhalte sie sich doch mit anderen Teilnehmer*innen des Programms ausschließlich auf Deutsch.

Immer genau das richtige Wort parat

Krönender Abschluss war der aus gesundheitlichen Gründen per Video zugeschaltete Auftritt der Spoken-Word-Künstlerin Jessy James LaFleur, die wie Moderator Alain Kniebs, aus Ostbelgien stammt – ein Gebiet, dessen knapp 80 0000 Einwohner*innen – mit Deutsch als Muttersprache, Französisch und Niederländisch als Zweitsprache – Sprachenvielfalt ganz selbstverständlich täglich leben. In ihrem eigens für die Jubiläumsfeier verfassten Beitrag nahm die sich selbst als „Nomadin“ und „Grenzgängerin“ bezeichnende Künstlerin das Publikum mit auf eine Reise über Landes- und Sprachgrenzen hinweg, denn „Worte tragen uns, verbinden uns, selbst wenn die Distanzen riesig sind“, da sie Brücken und Heimat zugleich sind. Und so hat selbst eine manchmal eher als unsexy klassifizierte Sprache wie das Deutsche „immer genau das richtige Wort parat“ – eine Faszination, die auch viele Alumni und Alumnae des Europanetzwerk Deutsch teilen.
© Goethe-Institut Brussels
Nach dem inhaltlichen Programm konnten sich vor allem die Alumni, die zum Teil eigens aus den EU-Mitgliedstaaten für diesen Abend angereist waren, bei einem feierlichen Empfang über ein Wiedersehen mit anderen Kursteilnehmer*innen freuen.

Eine durch die Sprache verbundene Familie

Der in Belgien lebende Journalist Reinhard Boest fasste den Abend mit den folgenden Worten zusammen: „Das Europanetzwerk Deutsch erscheint wie eine Familie, die durch die Sprache verbunden ist. Ein schöner Erfolg, dem man eine lange Zukunft wünschen möchte. Gerade in einem Europa, wo politische Kräfte an Gewicht gewinnen, die Sprache und Kultur eher für Abgrenzung als für Zusammenhalt instrumentalisieren.“
 
 

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