Pracht und Glanz des Ramadan
Die 1000jährige Tradition von „Fanus“ und „Khaiameya“

Der Stoff für die Khaiameya besteht aus purer ägyptischer Baumwolle und besteht aus zwei Lagen, einer weichen und einer rauen. Die Produzenten der Khaiameya folgen beim Besticken der Stoffe den Wünschen ihrer Kunden: es gibt arabische und persische Ornamente aber auch vom altägyptischen Kulturerbe inspiriere Muster sowie moderne Varianten mit Bildern von Comichelden, diese sind bei den Kindern beliebt.
©Goethe-Institut Kairo/Nadia Mounir

Ramadan ist ein besonderer Monat, nicht allein auf Grund seiner religiösen Bedeutung als Monat des Fastens und Betens, sondern auch seiner gesellschaftlichen und kulturellen Relevanz wegen. Ägypten ist berühmt für seine besonderen Bräuche und traditionellen Handwerkskünste, die untrennbar mit dem Ramadan verbunden sind. Die zwei wohl bekanntesten sind die Ramadanlaterne, genannt Al-Fanus und der bunte Zeltstoff, genannt Al-Khaiameya, die mit einer tausendjährigen Geschichte aufwarten.

In Darb Al-Ahmar, einem der berühmtesten Viertel der Altstadt Kairos, florieren die Werkstätten für Fanus und Khaiameya, deren Nachfrage in den vergangenen drei Jahren enorm gestiegen ist. Damals erließ die ägyptische Regierung ein Gesetz, das zum Schutz der lokalen Produktion dieses ägyptischen Kulturguts, den Import der Ramadanlaternen verbietet. Und trotz des großen technologischen Fortschritts werden die Fanus in den Werkstätten auch heute noch auf traditionelle Art und Weise gefertigt.

Al-Fanus


Die Geschichte der Fanus in Ägypten geht bis auf das 10. Jahrhundert n. Chr. zurück, in die Zeit der Fatimiden, als die Laternen dazu genutzt wurden Häuser und Straßen zu beleuchten. Mit der Zeit wurden sie zu einem gesellschaftlichen Brauch und einem Symbol, das immer mehr mit dem Monat Ramadan in Verbindung gebracht wurde. Denn im Ramadan wurden sie von den Kindern gesammelt, die mit ihnen spielten, während Familien und Geschäftsinhaber sie als prachtvolle Dekoration für ihre Häuser und Läden entdeckten.

Die Fanus setzt sich aus mehreren Teilen und verschiedenen Materialien zusammen. Zu den bekanntesten zählen die Laternen aus Stoff, Eisen oder Kupfer und Glas sowie eine Variante aus Holz. Die äußere Form der Laterne hat sich im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder verändert bis sie die heute bekannte Gestalt fand.

Der Preis einer Fanus richtet sich nach deren Größe und bewegt sich zwischen 3 Dollar für eine kleine Laterne und 20 Dollar für eines der großen Modelle. Dina Mohammad, die in einer Laternenwerkstatt tätig ist, erzählt, dass auch der verwendete Stoff beim Preis eine Rolle spielt, denn es gibt teure aber auch günstige Stoffe. Und letztlich kommt es ebenfalls auf die Form an, denn einige Modelle sind schwieriger herzustellen und nehmen mehr Zeit in Anspruch, was in der Folge zu einem höheren Verkaufspreis führt.
Dina fügt hinzu: „Ich arbeite seit fünf Jahren in dieser Werkstatt, wir sind hier auf Stofflaternen spezialisiert, die in der Produktion drei Stufen durchlaufen: Erstens das Gerüst, es besteht aus Eisen oder Holz, zweitens die Verarbeitung des Stoffes und das Besticken, dies ist meine Aufgabe. Und im letzten Schritt wird der Stoff auf das Gerüst gezogen, dann ist die Laterne bereit für den Verkauf.“

 

Normalerweise arbeitet Dina von 11-19 Uhr, doch in den Wochen vor Ramadan arbeitet sie länger um die hohe Nachfrage nach Laternen und anderen Dekoartikeln zu bedienen. „Ich habe viele Ideen für neue Designs die ich gerne ausprobieren würde, doch mit dem hohen Arbeitsdruck ist es schwierig. Ich träume von einer eigenen Werkstatt in der ich Laternen in neuen, wunderbaren Formen herstellen kann.“


Al-Khaiameya


Umgeben von Dutzenden Stücken Stoff sitzt Ahmed Rabeea in einem kleinen Laden. Die Khaiameya, ein Zeltstoff, hat sich von einem unbedeutenden Handwerk in eine beliebte Kunst verwandelt. Aus bunten Fäden und Stoffen mit handgefertigten Stickereien entstehen erstaunliche Werke: So wirkt der kleine Laden eher wie ein offenes Museum mit seinen vielfältigen Kunstwerken, Portraits, Ornamenten und aufwendig gestalteten geometrischen Mustern.

Seit seinem zehnten Lebensjahr geht Ahmed Rabeea diesem Handwerk nach, heute ist er einer der Besten seines Faches. Um ein Stück Khaiameya  herzustellen sind mehrere Arbeitsschritte notwendig, erklärt er: „Zunächst muss das Motiv mit Bleistift auf Papier gebracht werden. Dieses wird im zweiten Schritt mit Kohle auf den Stoff übertragen und schließlich in Handarbeit aufgestickt.“

Der Stoff für die Khaiameya besteht aus purer ägyptischer Baumwolle und besteht aus zwei Lagen, einer weichen und einer rauen. Die Produzenten der Khaiameya folgen beim Besticken der Stoffe den Wünschen ihrer Kunden: es gibt arabische und persische Ornamente aber auch vom altägyptischen Kulturerbe inspiriere Muster sowie moderne Varianten mit Bildern von Comichelden, diese sind bei den Kindern beliebt.

Ahmed Rabeea erklärt weiter: „Es gibt so viele Muster und Motive die wir herstellen, zu den bekanntesten zählen die Lotusblume, der Baum des Lebens und die persischen Ornamente. Wir stellen viele Designvarianten dieser Motive her, die wir weiterentwickeln. Manchmal stellen wir ein Design explizit für ein paar Kunden her, dies sind seltene Einzelstücke und dementsprechend teuer. Im Ramadan konzentrieren wir uns auf solche Motive, die für die Laternen verwendet werden, allerdings werden diese Stoffe oft gar nicht von Hand, sondern maschinell bestickt. Handarbeit wäre viel teurer.“