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"Pig" ... Ungewöhnliches vom iranischen Kino

Khook | Pig | Schwein Competition 2018
© Mani Haghighi

Das iranische Kino produziert, so sind wir es gewöhnt, gesellschaftliche Dramen, die manchmal auch eine politische Dimension beinhalten. Dieses Genre hat großartige Filme hervorgebracht sowie einige der wichtigsten Regisseure der Welt. Von daher verdient ein neuer iranischer Film eines anderen Genres unsere Aufmerksamkeit.

von Ahmed Shawky

Gemeint ist der Film "Pig" des Regisseurs Mani Haghighi, welcher am internationalen Wettbewerb der 68. Berlinale teilgenommen hat. Mit seiner unkonventionellen Herangehensweise lenkt er den Blick auf zwei wichtige Themen: Die Eitelkeit des Künstlers und den Einfluss der sozialen Medien auf die Beziehung des Künstlers zu seinem Publikum.

Der Regisseur und der Mörder

Dem Regisseur Hasan Kasmai, großartig gespielt von Hasan Majuni, verbieten es die Behörden aus nicht weiter erläuterten Gründen neue Filme zu produzieren. Kasmais jugendlicher Kleidungsstil und jungenhaft eingerichtetes Zimmer deuten eine unreife Persönlichkeit an, und als sich sein Team, allen voran die Schauspielerin, welche er liebt, auf die Suche nach Arbeitsmöglichkeiten mit anderen Regisseuren begibt, schäumt er vor Wut. Während Kasmai mit seiner eigenen Lebenskrise beschäftigt ist, wird die Allgemeinheit von einem Serienkiller in Atem gehalten, der es insbesondere auf Filmschaffende abgesehen hat: Er bringt sie um und ritzt ihnen das Wort “Pig” in die Stirn. Sein drittes Opfer zu Beginn des Films ist Mani Haghighi, der Regisseur des Films selbst.

Als Kasmai von dem Mord erfährt, fragt er sich, weshalb der Mörder ihn ignoriert. Wie kann es sein, dass er gleich drei Regisseure findet und umbringt, die besser sind als er?

Dies ist der interessanteste Teil des Films, wenn die Psyche des Künstlers zu Tage tritt: die Eitelkeit der Regisseure, die miteinander wetteifern, ungeachtet der Natur des Wettstreits. Ein Wesenszug, den die Mehrheit der Regisseure dieser Welt teilt.

Der Angeklagte und die sozialen Medien

Am Ende einer Reihe von Ereignissen wird der unreife Held selbst zum Hauptverdächtigen. Und nicht nur die Polizei klagt ihn an, sondern, und das ist viel wichtiger, auch die Gesellschaft. Ein Video von Kasmai, in einem wütend aufbrausenden Augenblick aufgenommen, gelangt in die sozialen Medien und wird dort verbreitet (hauptsächlich auf Instagram und Telegramm, da Facebook und Twitter im Iran gesperrt sind). Die Angelegenheit entwickelt sich zu einer Medienkampagne, in deren Verlauf Kasmais Hinrichtung gefordert wird.

An dieser Stelle wechselt der Film den Fokus und beschäftigt sich mit dem Einfluss der genannten Medien auf die Beziehung des Künstlers zu seinem Publikum. Denn diese kann sich von einem Moment zum nächsten ändern, und ein Video, von dem keiner mehr so recht weiß, wie es entstanden ist, macht aus einem Angeklagten einen Helden – oder auch genau das Gegenteil. Dies ist eine schlaue Perspektive wenn sie auch dazu führt, dass der Film von seiner Hauptrichtung abkommt, und die Frage bezüglich Kasmais Schicksal nach dem blutigen Ende des Films offen gelassen wird.
“Pig” ist zeitgenössisch in der Wahl des Themas, welches mit Leichtigkeit auch auf andere Kulturen übertragen werden könnte, und bleibt doch in seiner Art irgendwie anders  –  ein typisches Charakteristikum herausragender Werke.