لسة / not yet / still

Ein künstlerisches Bild mit dem arabischen Wort „لسّه“ (Still) vor einem orangefarbenen Sonnenuntergang mit Hochhäusern, einer Sonne und einem Planeten am Horizont sowie dem Logo des Goethe-Instituts oben.

Über Liminalität

Im Dazwischen zu sein bedeutet, noch nicht angekommen und doch immer noch woanders zu sein. Das Wort لسة („lissa“) im ägyptischen Arabisch umfasst beide Bedeutungen: Es beinhaltet die Idee der Liminalität, jenes Schwellenzustands, den die Instabilität des Wandels nährt und der gleichzeitig viele Richtungen eröffnet, in die Bewegung möglich ist.

Liminalräume sind Orte, die zwischen verschiedenen Zuständen und Realitäten existieren. Sie werden in der sich ständig verändernden urbanen Struktur heutiger Städte physisch sichtbar und sind sowohl für die künstlerische Produktion als auch für die künstlerische Forschung von entscheidender Bedeutung.

Die beschriebene Liminalität des Übergangs ist der Ausgangspunkt dieses Projekts: Die Goethe-Institute in Nordafrika und im Nahen Osten laden in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Kunst und Urbanistik in Berlin (ZK/U) sieben Künstler*innen zu einem Residenzprogramm ein, in dem sie sich mit der Frage auseinandersetzen, was es bedeutet, dazwischen zu sein – noch nicht oder noch immer.
 

Projektablauf

لسة / not yet / still“ ist ein Regionalprojekt im Bereich Visual Arts, das jeweils dreimonatige Residenzen am ZK/U in Berlin anbietet. Nach der Veröffentlichung des Open Calls im März und April 2025 und der darauffolgenden Auswahl der Teilnehmenden anhand eines Jury-Prozesses, verläuft das Projekt wie folgt:
  • Kick-Off: 02. September 2025. Alle Teilnehmenden und Kooperationspartner treffen sich online. Die einzelnen Projekte und erste Gedanken zum Thema Liminalität werden vorgestellt.
  • 1. Residenz: 10. September bis 03. Dezember 2025. Drei Künstler*innen ziehen in die Studios des ZK/U in Berlin und eine Künstlerin nimmt online teil.
  • Workshop zwischen den Residenzen: 04. und 05. Dezember 2025. Alle Projektteilnehmenden treffen sich in Berlin. Ein Workshop zum Residenzthema und den Arbeiten der teilnehmenden Künstler*innen wird organisiert.
  • 2. Residenz: 06. Dezember 2025 bis 28. Februar 2026. Drei weitere Künstler*innen ziehen in die Studios des ZK/U in Berlin.
  • Evaluation und Feedback: März 2026. In einem online Workshop werden die Ergebnisse und Erfahrungen der Residenzteilnehmenden erörtert.
Begleitet werden alle teilnehmenden Künstler*innen von Rula Ali, die als Mentorin die künstlerische Praxis und Vernetzung in Berlin unterstützt. Das ZK/U bietet außerdem ein Rahmenprogramm des Austausches und Diskurses unter den Künstler*innen und im Dialog mit der Öffentlichkeit in Berlin an.
 

Künstler*innen

  • Abeer Aref

    Abeer Arif ist eine im Jemen lebende Künstlerin und Architektin, die 2024 mit dem Prince Claus Seeds Award ausgezeichnet wurde. Abeer nutzt Fotografie, um die Schönheit alltäglicher Momente einzufangen, und lässt sich dabei von ihrer Umgebung und Kultur inspirieren. In ihrer künstlerischen Praxis setzt sie sich mit ihren persönlichen Erfahrungen auseinander und reflektiert gleichzeitig weiter gefasste Themen wie Kommunikation und Distanz. Abeer erforscht die Überschneidungen zwischen Kultur und Identität, die Beziehungen zwischen Menschen und ihrer Umgebung sowie die Gleichstellung der Geschlechter. Abeers  Fotografien wurden in Publikationen wie The New Arab, Middle East Eye, i-D und Zenith Photography veröffentlicht.
     

  • Aya Abdallah

    Aya Abdallah ist bildende Künstlerin und Architektin und lebt in Beirut. In ihrer Arbeit mit Text und Bild (bewegt und unbewegt) untersucht sie derzeit die Trauerarbeit, die mit der Rekonstruktion zerstörter Grabsteine auf den Friedhöfen der Grenzdörfer im Süden des Libanon verbunden ist, und betrachtet dabei, wie Trauerrituale zu Formen des Verweilens werden. Sie hat einen MFA in Digital+Media von der Rhode Island School of Design (2024) und war Stipendiatin des Home Workspace Program von Ashkal Alwan (2025).
     

  • Esraa Rahma

    Die sudanesische Künstlerin Esraa Rahma nutzt Malerei und Forschung, um Fragen der sozialen Gerechtigkeit, Erinnerung und Zugehörigkeit zu verhandeln. Ihre Arbeiten sind zugleich offene Fragen und Versuche, Antworten zu finden – insbesondere im Kontext von Postkolonialismus und Krisenerfahrungen. Sie interessiert sich für die Schnittstellen von Geisteswissenschaften und Erinnerungsstudien und fragt, wie äußere Veränderungen unsere Beziehung zu Orten und zum Leben beeinflussen. Esraas Werke befinden sich in Privatsammlungen in Ghana, Uganda und den Niederlanden.

  • Mohamed Ismail

    Mohamed Ismail Shawki (Ismail) ist ein in Kairo lebender bildender Künstler, der an der Schnittstelle zwischen Kunst, Aktivismus und öffentlichem Raum arbeitet. Der Absolvent des ägyptischen High Institute of Cinema und Mitbegründer des Straßenkunstkollektivs Mona Lisa Brigades setzt Skulpturen und Installationen ein, um das städtische Leben, Machtstrukturen und vernachlässigte Infrastrukturen zu hinterfragen. In seinen Arbeiten rekontextualisiert er alltägliche Objekte - wie z. B. Straßenabsperrungen - mit Humor und Kritik und deckt Themen wie autoritäre Stadtplanung, systemische Vernachlässigung und gesellschaftliche Scham auf.
     

  • Rawan Maraqa

    Rawan Maraqa ist eine jordanische Künstlerin und Absolventin der Deutsch-Jordanischen Universität, die sich auf Ölmalerei spezialisiert hat. Ihre Arbeiten erkunden die Landschaften der Sprache, der Erinnerung und Emotion und sind inspiriert von alltäglichen arabischen Redewendungen, die Trost, Humor oder stille Widerstandskraft vermitteln. Mit kräftigen Farben und feinen Details verwandelt Rawan bekannte Sprichwörter wie „ هانت ” (es wird vorübergehen) und „ حصل خير ” (es ist zum Besten gekommen) in visuelle Geschichten, die über Worte hinausgehen. Ihre Kunst lädt die Betrachtenden dazu ein, innezuhalten, nachzudenken und das Schöne im Alltäglichen zu entdecken.
     

  • Shadwa Ali

    Shadwa Ali ist eine unabhängige, multidisziplinäre Künstlerin mit Sitz in Alexandria. Die Absolventin der Fakultät der Künste der Universität Alexandria arbeitet in den Bereichen Druckgrafik, Installation, Video, Sound und Musik. Shadwa erforscht in ihrer Arbeit gesellschaftliche Themen und die menschliche Psychologie, wobei sie sich besonders auf die chaotischen Rhythmen von Städten wie Kairo und Alexandria und die Auswirkungen von Großereignissen auf das kollektive Gedächtnis und Verhalten konzentriert.

  • Ziad Naitaddi

    Ziad Naitaddi ist ein marokkanischer Künstler, der in Rabat lebt und arbeitet. Seine Praxis geht oft über den Akt des Fotografierens hinaus. Er durchforstet Archive, sammelt schriftliche und mündliche Zeugnisse und beschäftigt sich sogar Jahre nach ihrer Entwicklung erneut mit seinen eigenen Fotografien. Er bezeichnet diesen Ansatz als „fotografische Exhumierung“ – einen Prozess, der es ihm ermöglicht, narrative Möglichkeiten jenseits der Kamera zu erkunden. In seinen jüngsten Projekten untersucht er Migration und ihre emotionalen Komplexitäten – Distanz zur Heimat, Exil, Integration, Ausgrenzung – und betrachtet diese als Räume vielschichtiger Begegnungen.
     

Mentorin

Rula Ali

Rula Ali ist bildende Künstlerin, Textilkünstlerin und Kulturmanagerin. 2021 gründete sie zusammen mit ihren beiden Schwestern das Melon Seeds Collective, das sich mit den Themen Aktivismus, Nachhaltigkeit aus feministischer und antikolonialer Perspektive beschäftigt.

Rula nahm an Ausstellungen in Deutschland teil und erhielt Stipendien für mehrere Kunstresidenzen, in Deutschland und international. In ihrer Arbeit befasst sie sich mit gesellschaftspolitischen und diskursiven Themen wie interkultureller Kommunikation und politischer Grenzziehung. Gleichzeitig konzentriert sie sich auf den Raum, der von den Machtverhältnissen in der Politik hergestellt und kontrolliert wird.
 

„Eine Frau steht lächelnd an einer Steinwand, trägt einen hellen Strickpullover und eine graue Hose und wirkt entspannt im Freien.“ Rula Ali Rula Ali

Kooperationspartner

Das Zentrum für Kunst und Urbanistik – ZK/U ist eine von Künstler*innen geführte unabhängige Residenz und Projektstätte in Berlin. Es beherbergt ein multidisziplinäres Residenzprogramm und bietet Studios und Arbeitsräume für Praktizierende aller Genres (Künstler*innen, Forschende, Aktivist*innen, Fachleute aus verschiedenen Bereichen), deren Arbeit oder Ansatz sich mit der Dynamik und den Erfahrungen der Stadt auseinandersetzt. Das Residenzprogramm des ZK/U ermöglicht gegenseitiges Lernen, spontane Kooperationen, Diskussionen und Austausch, bereichert durch die Vielfalt der Disziplinen und Profile der Bewohnenden. Das ZK/U-Gebäude, ein ehemaliges Bahnhofsgebäude in einem dynamischen öffentlichen Park, ist ein Raum für urbane Experimente und interdisziplinäre Kooperationen.

„Logo des Zentrums für Kunst und Urbanistik (ZK/U) in Schwarz-Weiß mit der Aufschrift: ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik.“ ZK/U ZK/U

Kontakt

Für eventuelle Rückfragen wenden Sie sich bitte per E-Mail an: Meret.Arnold@goethe.de.