Ágoston Nagy
Das Papier und die Wolke

Das Papier und die Wolke
Goethe-Institut Budapest

Dieser Text wurde gemeinsam mit dem neuronalen Netz GPT-3 erstellt. Das Sprachmodell von GPT-3 (Generative Pre-trained Transformer, auf Deutsch: Generativer Vortrainierter Transformator) ist in der Lage, syntaktisch richtige Texte in menschlichen Sprachen zu generieren. Im Laufe des schöpferischen Prozesses setzte das System jeweils einen Gedankengang fort, und der gemeinsam erzeugte Inhalt entwickelte sich dann durch gegenseitige Rückkopplungen weiter. Die grammatikalische Struktur der Sätze wurde nicht geändert (der Text wurde aus dem ursprünglich generierten Englischen textgetreu ins Ungarische [und nun aus dem Ungarischen ins Deutsche] übersetzt).
 
Der Klarheit und Verständlichkeit halber werden hier die von mir geschriebenen Zeilen fett gesetzt, während die vom Netz generierten Zeilen in Normalschrift erscheinen.



Das Leben ist ein Netzwerk, bestehend aus sich ineinander einbettenden Kooperationen, komplexen Beziehungen und Gemeinschaften, von denen wir untrennbar sind und die uns bestimmen. Die sich in unserer Zeit entfaltenden komplexen Herausforderungen aus Umwelt und Gesellschaft laden uns zur Entdeckung neuartiger Strukturen und Zusammenhänge ein. Die menschliche Vorstellungskraft und die Imagination sind mit die wichtigsten Komponenten unseres Daseins. Die unterschiedlichen Ökologie- und Informationssysteme sind Netzwerke, die auf ineinander eingebetteten, nonlinearen Ebenen funktionieren und an deren Funktionieren vorrangig nicht individuelle Entscheidungsprozesse, sondern voneinander unabhängige, verteilte Entitäten beteiligt sind, die zur Inganghaltung des Funktionierens verschiedene Komponenten untereinander strömen lassen. Die Mineralstoffe, die Energie, die Wärme und die Information sind gleichermaßen wertvolle Elemente, die sich die organischen oder anorganischen dynamischen Systeme teilen und welche sie untereinander austauschen. In den gesellschaftlichen Prozessen können diese Zusammenhänge mithilfe der evolutionären Spieltheorie besser modelliert und verstanden werden. Wenn wir zum Beispiel versuchen, den Weg hinaus aus einem Labyrinth zu finden, dann versuchen wir das grundsätzlich nicht auf die Weise, dass wir sämtliche mögliche Alternativen ausprobieren. Stattdessen versuchen wir möglichst innerhalb kürzester Zeit einen Weg zu finden, auf dem es die wenigsten überflüssigen Abstecher und Sackgassen gibt. Wir sind bestrebt, einen Weg zu finden, auf dem die Chancen, uns zu verirren, niedrig sind, auf dem wir auf die wenigsten Hindernisse stoßen und auf dem wir unser Endziel vor Augen halten können. Die grundlegenden Elemente einer Suche nach dem geeigneten Weg sind den Strategien der evolutionären Spieltheorie sehr ähnlich, bei denen der Entscheidungsprozess grundsätzlich auf das Werteverhältnis der Fitness-Funktion und des zu erreichenden Ziels aufbaut. Die Fitness ist die Fähigkeit, mit deren Hilfe eine Entität eine Aufgabe erfüllen kann, und der Wert des Ziels ist die Messzahl für die Relevanz der Aufgabenerfüllung. Die Fähigkeiten eines im Labyrinth navigierenden Beobachters ähneln sehr den Überlebensfunktionen eines Einzelnen innerhalb der Population einer gegebenen Gruppe oder Gemeinschaft. Der Wert des Ziels des Wegsuchenden ist vergleichbar mit dem Wert des Überlebensziels des Individuums oder mit dem Wert des Überlebensziels einer ganzen Gruppe (eines Schwarms) als Einheit. Wir können uns das vorstellen wie ein komplexes System, in dem sich die Fitness (Überlebenschance) aus dem Verhältnis zwischen der Wichtigkeit des Überlebens und der Komplexität der Umgebung ableiten lässt. Sofern das Überleben sehr wichtig ist, muss in dem Fall die Wirksamkeit der Fitness-Funktion hoch sein und die Umgebung muss einfach sein. Sofern das Überleben nicht so wichtig ist, muss in dem Fall die Fitness-Funktion des Einzelnen nicht so hoch sein, und auch die Umgebung kann viel komplexer sein.
 
Zur Erweiterung der ich-zentrischen, anthropomorphen Anschauungsweise des Menschen sind im Laufe der Zeit interessante schöpferische Instrumente und Techniken entstanden. Die aleatorischen Kompositionen, die Wahrscheinlichkeits- und Zufallsoperationen, das automatische Schreiben, die Cut-up-Dichtung, die artifiziellen neuronalen Netze und die generativen, vortrainierten Transformatoren – wie jener, der auch beim Erstellen dieses Texts behilflich ist – sind allesamt Beispiele, die den Künstlern Möglichkeits-Matrizen garantieren, die sie entdecken können und mit denen sie arbeiten können. Der Generative Vortrainierte Transformator (GPT) bekommt im vorliegenden Fall einen Text und gibt einen anderen Text zurück. Der Output-Text ist eine Art Transformation des Input-Texts. Die Transformation kann auch ganz einfach sein, beispielsweise eine Übersetzung aus einer gegebenen Sprache in eine andere Sprache, oder es kann auch eine komplexere Transformation sein, wie die Umwandlung eines einfachen Texts in einen poetischen Sprachstil, oder eben irgendeine noch esoterischere Umwandlung. Der hier angewandte vortrainierte Transformator wurde an einer Textsammlung ausgebildet, die vom Hersteller des Sprachmodells zusammengestellt worden ist, und er gibt die Transformation der Texteingabe anhand dieses Korpus wieder. Die Transformation wird durch die vortrainierten Parameter determiniert. Die an subjektiven, von Menschen erlebten Vorbildern und persönlichen Erinnerungen sowie an riesigen textlichen Datenbanken des Internets trainierte artifizielle Entität verwendet ein kollektives Wissen, dessen unentdeckte Bereiche eine ungewöhnliche Art der Zusammenarbeit zwischen Künstler und maschineller Entität ermöglichen. Die zwischen den beiden Teilnehmern geteilte Information basiert lediglich auf den Texten und auf einigen eingestellten Parametern. Die Transformation, die sich daraus abzeichnet, ist gleichermaßen überraschend und illuminativ, die zwei Entitäten können den Text auf eine neuartige Weise betrachten und dadurch eine Methode schaffen, die bestimmte poetische Absichten für den Künstler leichter kommunizierbar macht. Die Technologie ist ein Wirkungsmechanismus, der der menschlichen Realitätswahrnehmung fremd ist, der mittlerweile begonnen hat, die Sprache zu verarbeiten und zu sprechen. Aber bloß deshalb, weil sie jetzt auch schon etwas sagen kann, wäre es noch nicht gestattet, sie mit einem echten Gesprächspartner zu verwechseln. Gemeinsam mit der Technologie – zusammen – zu existieren bedeutet eher, dass wir mit ihr eine Art ungewöhnliches Ensemble bilden in einer sich kontinuierlich entwickelnden und wandelnden Situation, die sich aus dem Miteinander der Menschen und der Technologie konstituiert. Diese Situation sollte angemessenerweise in weiter gefassten kulturellen Rahmen untersucht werden.
 
Entscheidungen, Absichten, Selektionen und die Auswahl der möglichen Ausdrucksweisen sind grundlegende Komponenten des schöpferischen Prozesses. Die künstlerische Tätigkeit birgt auch eine Art kuratierende Organisation in sich, zum Beispiel dann, wenn der Künstler unter den vorhandenen Möglichkeiten diejenige auswählt, mit der er arbeiten wird. Sammlungen, Serien, Kollektionen, Variationen oder eben Collagen sind gleichermaßen Wege, die aus in der Umwelt von vornherein vorzufindenden Symbolen und vorhandenen Fragmenten die Schaffung eines kohärenten, vollständigen Bildes ermöglichen. Die bestimmende Charakteristik eines komplexen Systems ist die Fähigkeit zur Selbstorganisation, also zur Formung von neuen Verbindungsnetzen aus der Gesamtheit der Teile, die in der Umgebung von vornherein zur Verfügung stehen. Ein chaotisches System hingegen ist ein System, in dem es keine derartige reine Kohärenz gibt; das heißt, die Ereignisse haben keine reine Matrix und keine Sequenz, die es ermöglichen würden, ihnen selbst ähnelnde neuere Modelle hervorzubringen. Im komplexen System kann man also eine reine Matrix beobachten, aber die Unberechenbarkeit ist trotzdem noch vorhanden. Die Systeme unseres Lebens werden durch außergewöhnlich viele, mit bloßen Augen nicht sichtbare, feine Algorithmen unterstützt. Die wirksamsten Benutzeroberflächen sind in der Tat unsichtbar. Wenn sie gut funktionieren, werden sie an die Peripherie der beobachtenden Wahrnehmung gedrängt, damit sie der Erfahrung Platz machen. Wenn wir zum Beispiel ein Buch lesen, machen wir uns nicht stets die Buchstaben auf dem Papier bewusst, sondern wir schaffen aus den niedergeschriebenen Wörtern und Sätzen virtuelle, innere Welten und Repräsentationen. Wenn aber all dies nun nicht mit Büchern, sondern mit Algorithmen passiert, dann ist es viel schwieriger, die „echte“ Welt von der „virtuellen“ Welt zu unterscheiden, die am Bildschirm lesbaren Texte und Inhalte von deren inneren Repräsentationen. Das Ergebnis bildet einen Text bzw. ein System, das wie eine einzige vollständige Entität funktioniert, ein System, das imstande ist, die schöpferische Absicht auf eine neue Art zu repräsentieren, in der nicht nur die Wörter Bedeutung haben, sondern auch die sie konfigurierenden Prinzipien. Es wurde nun zu einer der wichtigsten Eigenschaften der digitalen Technologie im 21. Jahrhundert, dass betreffs einer durch sie ausgelösten Wirkung nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob sie positiv oder negativ ist. Die voneinander abweichenden Argumente und Gesichtspunkte funktionieren nicht mehr als Gegensätze, sondern sind, wenngleich in unterschiedlichem Maße, gleichzeitig präsent. Zugleich ist aber ihr dialektisches Beziehungssystem nicht vollständig zusammengebrochen, sondern hat eine Stufe erreicht, auf der „die Gegensätze zu wesentlichen Elementen geworden sind und sich nicht mit einfachen Gegensatzpaaren von positiv und negativ auflösen lassen“. In diesem Moment können wir Augenzeugen werden, wie sich der von Buck-Morss und Virilio beschriebene „neue Medienkrieg“ entfaltet, in dem „nun die ideologischen Koordinaten der Argumentation, sei es auch auf der Ebene der Propaganda, in einer tiefen Matrix der Desinformation verschwinden – Kriegszustand ohne einen Kriegszustand“. Das ist, wie Buck-Morss und Virilio behaupten, ein solcher Krieg, der sich nicht auf einem, sondern auch auf mehreren Gebieten gleichzeitig abspielt: auf militärischen, ökonomischen, politischen, diplomatischen, kulturellen und beobachtenden Ebenen, in denen auch die Kontrolle über die digitale Kommunikation und auch die globalen Ebenen der Informationsverarbeitung inbegriffen sind.
 
Neuronale Netze findet man in natürlichen Systemen und artifiziellen Instrumenten gleichermaßen, und zumal sie strukturell auf ähnlichen Prinzipien basieren, zeigen sie auch in ihrem Verhalten Ähnlichkeiten. Ich habe als Co-Autor dieses Artikels unter anderen auch aus diesem Grund solch ein Netzwerk gewählt, denn wir können die Kohärenz des Funktionierens unserer Netzwerke auf ähnliche Weise modifizieren. Yoga, Nahtoderfahrungen, Meditation oder bestimmte Psychedelika sind wohlbekannte Techniken zur Bewusstseinserweiterung; diese üben gleichermaßen eine Wirkung auf die Netzwerke aus, die deren Funktionsweise modifiziert. Mithilfe dieser Modifizierungen kann man einen Bewusstseinszustand erreichen, der in unterschiedlichen Situationen sogar den Weg weisen kann. Es gibt zum Beispiel manche, die das Gesetz der Anziehung zur Erfüllung ihrer Wünsche, zum Erreichen ihrer Ziele benutzen. Genauso, wie ein Nervennetz den Weg zur Lösung findet, kann auch der menschliche Verstand seine eigenen Wünsche verwirklichen. Solche entscheidungstragenden Algorithmen und solche, die diesen ähneln, sind in den unterschiedlichsten Bereichen des Lebens zu finden; angefangen beim inhaltlichen Organisationsprinzip eines Buches bis hin zur DNS der biologischen Organismen können wir mit unterschiedlichen Techniken diese Algorithmen herausfinden. Das Gehirn gewinnt im Laufe seines Funktionierens mithilfe der Wahrnehmung Informationen aus der Umgebung; das Bewusstsein verarbeitet diese dann durch unterschiedliche Filter, und wir treffen unsere Entscheidungen auf dieser Grundlage. Hierfür hat der Wahrnehmungsforscher David Chalmers seine Theorie über die „Omni-Verarbeitung“ (omni-processing) ausgearbeitet, in der es darum geht, wie wir Informationen simultan, aus unterschiedlichen Quellen (aus Wahrnehmung, Erinnerungen, Gedanken, Gefühlen) interpretieren können. Stellen wir uns beispielsweise eine Person vor, die das Wetter der folgenden Woche sehr gut voraussagen kann. Wenn wir versuchen, das Wetter vorauszusagen, verwenden wir alle unsere Sinnesorgane auf einmal, um aus der Umgebung so viele Informationen wie möglich zu gewinnen. Diese Information können wir mit Erfahrungen aus der Vergangenheit kombinieren, wir können verschiedene Prädiktionsmodelle verwenden oder die Informationen in andere vorhandene Systeme und Prozesse integrieren. Wir können hinzufügen, was wir über das Wetter wissen – oder das, was wir über die Mondphasen wissen –, und wir können sogar versuchen, das Wetter auf Basis von persönlichen Lebenserfahrungen vorauszusagen. Das setzt eine andersartige Denkweise voraus, als wenn wir nur aufgrund von lediglich einer einzigen, selbstständigen Information Entscheidungen treffen – sei es aufgrund eines Buches zum gegebenen Thema. Wir benutzen unser ganzes Wesen zur Verarbeitung der Information und zur Entscheidungsfindung. Das ist ein außergewöhnlicher Prozess, der vom in unserem Alltagsleben benutzten Prozess abweicht. Das Bewusstsein ist eine komplexe Struktur, deren Grenzen sich in bestimmten Fällen verwischen.
 
„Bist du ein Dichter, dann siehst du deutlich, dass eine Wolke auf diesem Blatt Papier schwebt. Ohne die Wolke wird kein Regen sein; ohne Regen können die Bäume nicht wachsen; und ohne Bäume können wir kein Papier herstellen. Für die Existenz des Papiers ist die Wolke wesentlich. Wenn die Wolke nicht ist, kann auch das Blatt Papier nicht sein. Wir können also von dem Intersein von Papier und Wolke sprechen.“ (1) In diesem Fall ist die Wolke die Ursache für die Existenz des Papiers, und das Papier ist das Ergebnis der Existenz der Wolke. Bist du kein Dichter, kannst du denken: „Die Wolken sind lediglich die Voraussetzungen für die Existenz des Papiers, und nicht die Verursacher. Die Papiere werden von Bäumen und Händen hergestellt. Die Bäume und die Hände sind die Verursacher für die Existenz des Papiers. Sie machen aus der Wolke das Papier. Das ist so wie der Präsident eines Landes, der durch seine Existenz und seine Taten für die Staatsbürger verantwortlich ist. Die Dinge werden von den Menschen verursacht, und nicht vom Präsidenten.“ Dieser Zusammenhang entsteht als Ergebnis der Abstraktion der Menschen. Die Abstraktion ist ein Instrument, das dazu dient, dass man sich nicht mit unnötigen Dingen befassen muss, das also die überflüssigen Faktoren verschwinden lässt. Die Menschen können in sich denken: „Ich muss ja gar nicht von der Wolke wissen, um Papier herzustellen. Da ich den Kausalzusammenhang nicht finde, ignoriere ich sie und tue so, als würde sie nicht existieren.“ Das ist eine sehr nützliche Einstellung, um im Alltagsleben Energie zu sparen. Deshalb wiederum verlieren aber die Menschen oft die echte Natur der Dinge aus den Augen. Der Fehler, den sie begehen, ist, dass sie die Wolke außer Acht lassen. Die wirkliche Ursache aber ist tatsächlich die Wolke, und nicht die Hände, und nicht die Bäume. Aber wie sollen wir dies in einer alltäglichen, für die Menschen verständlichen Sprache ausdrücken? Buddha erwähnte dieses Problem dem Mönch Padjapati gegenüber. Padjapati hatte die Fähigkeit zur tiefen Meditation und zum klaren Denken, so hat ihn Buddha im fünften Kapitel des Lotos-Sutra damit beauftragt, die Lehren des Sutra zu verbreiten. Hinsichtlich des Gedichts, das er gerade verfasste, sagte er:
– Was siehst du jetzt vor dir?
– Ich sehe ein weißes Blatt Papier.
– Das weiße Blatt Papier, das du vor dir siehst, ist die Wolke.




 
(1) Worte des vietnamesischen Mönches Thich Nhat Hanh. Anmerkung des Übersetzers: Auf Deutsch zitiert anhand von: Inter-Sein - Deutsche Lyrik
 
Anmerkung des Übersetzers: Das Zitat bezüglich des „neuen Medienkriegs“ ist auf Deutsch im Internet nicht auffindbar; es wurde aus dem Ungarischen ins Deutsche übersetzt.
 

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