15. Treffen mit Familie Hatvany in Budapest

Von Hegedüs Anna

Im Januar 1935 plante der bereits emigrierte Thomas Mann, der keinen Reisepass mehr besaß, auf Einladung des ungarischen Vereins der Opernfreunde einen weiteren Leseabend: „Doch nun muss ich wirklich hoffen, dass dieser erschöpfte Zustand baldestmöglich vorbeigeht, denn in etwa zwei Wochen muss ich mich auf die Reise machen, und die führt am 27. Januar auch nach Budapest. Dort muss ich am Nachmittag im Belvárosi Színház einen Vortrag über Richard Wagner halten. Ich hoffe daher, es wird sich die Gelegenheit ergeben, Ihnen persönlich die Hand zu drücken und mich für die viele Ermutigung sowie für Ihr Mitgefühl zu bedanken.” (Brief an Károly Kerényi, 6. Jan. 1935)

Vor seinem Besuch in Budapest gab Thomas Mann Lesungen in Prag, Brno und Wien. Da er jedoch über keinen gültigen Reisepass verfügte, gab es Unklarheiten bezüglich seiner Einreiseerlaubnis. Die liberale und linke Presse startete zur Beschaffung der Erlaubnis eine breit aufgestellte Kampagne: „… es ist frappierend, dass erst durch ein offizielles Verfahren und durch Beraten und Bedenken entschieden wird, ob der Goethe des deutschen Romans ungarischen Boden betreten darf!” (Pesti Napló, 21. Jan. 1935) „Der Innenminister (...) hat Thomas Mann eine Einreiseerlaubnis für drei Tage ausgestellt.” (Esti Kurír, 23. Jan. 1935) – „Wie wir erfahren haben, ist der Grund für die kurze Gültigkeit, politische Demonstrationen zu vermeiden, wie es sie bei seinem Aufenthalt in Wien gegeben hat.” (Magyarország, 23. Jan. 1935) – „Also … hat man den Verfasser des Zauberbergs die Macht der Verwaltung spüren lassen!” (Pesti Napló, 23. Jan. 1935)

Thomas Mann kam in Begleitung seiner Frau am 26. Januar um 22 Uhr am Budapester Ostbahnhof an. Empfangen wurden sie unter anderem von Dezső Kosztolányi und seiner Frau, Antal Radó (Präsident des ungarischen PEN-Verbands) und Lajos Hatvany. Am nächsten Tag um 11 Uhr las er im Belvárosi Színház aus seinem Essay Leiden und Größe Richard Wagners vor. Die Veranstaltung war ein riesiger Erfolg. „Es waren zwanzig Polizisten und Detektive im Theater und hörten sich die Lesung an, die vollkommen ordentlich ablief.” (A. Janovics, Pesti Napló, 29. Jan. 1935) 

Nach der Lesung fuhren Thomas Mann und seine Begleitung mit dem Auto nach Hatvan, in das Schloss von Irén Hatvany, wo sie in größerer Gesellschaft zu Mittag aßen und anschließend den Schlosspark besichtigten. Nach dem Nachmittagstee fuhren sie zurück nach Budapest. Im Hause Hatvany fand nach dem Abendessen ein Empfang zu Ehren von Thomas Mann statt. Dort traf er Károly Kerényi zum ersten Mal persönlich; anwesend waren außerdem Frigyes Karinthy, György Bálint, László Cs. Szabó, Sándor Márai, Pál Ignotus, Attila József und viele andere – insgesamt etwa 80 Gäste.

Am Vormittag des 28. Januar unternahm Thomas Mann in Begleitung der Hatvanys und Sándor Márais einen Spaziergang auf der Burg. Danach fuhren sie zum Hármashatár-Berg und anschließend in die Innenstadt, wo Mann in einer Buchhandlung die ungarischen Übersetzungen seiner Werke erwarb. Um 13.40 Uhr reisten sie vom Bahnhof Kelenföld aus aus Budapest ab.

Quelle:

Mádl, Antal / Győri, Judit: Thomas Mann és Magyarország. Gondolat Könyvkiadó, Budapest, 1980

Fotos: 

  • Hatvany Lajosné, Kosztolányi Dezső, Katja Mann, Thomas Mann, Kosztolányi Dezsőné az estélyen), 1935. Fotó: Székely Aladár PIM/Europeana
  • Hatvany Lajos és Thomas Mann, 1935. Forrás: PIM/Europeana
  • Thomas Mann (1875-1955) német író és Márai Sándor (1900-1989) magyar író találkozása Budapesten, 1935). Fotó: PIM/Europeana

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